Video_Solitary Man
I'll be what I am ...
Selten wurde der berufliche und private Untergang eines Mannes so leichtfüßig zelebriert wie in diesem Film: Ein Lichtblick im zuletzt etwas trüben Œuvre von Superstar Michael Douglas.
28.09.2010
Einst lag New York dem einflußreichen Autohändler Ben Kalmen (Michael Douglas) zu Füßen. Bis ihm Betrügereien im großen Stil beruflich fast das Kreuz brachen. Zahllose beziehungsstörende Eskapaden hinterließen zudem unschöne Spuren in seinem Privatleben. Mit einer neuen, einflußreichen Frau (Mary-Louise Parker) an seiner Seite nimmt er nun Anlauf für ein geschäftliches Comeback - doch die alten Gewohnheiten des in die Jahre gekommenen Womanizers gefährden das vermeintliche private Glück und seine beruflichen Ambitionen.
Den Typus des machthungrigen Superkapitalisten ("Wall Street", "The Game") und Erfolgsmenschen im allgemeinen ("Traffic") hat Michael Douglas in seiner Karriere ein ums andere Mal eindrucksvoll ausgereizt. Auch mit denkwürdigen Geschlechterkriegen - von "Eine verhängnisvolle Affäre" über "Der Rosenkrieg" und "Basic Instinct" bis "Enthüllung" - wird er gerne in Verbindung gebracht.
In "Solitary Man" verschmelzen nun zentrale Elemente aus dem douglesschen Rollenfundus: Ben Kalmen, nach einem Betrugsskandal diskreditiert und nur bedingt gesellschaftstauglich, strotzt auch im Alter von 60 Jahren noch vor Tatendrang und (sexueller) Energie. Daran ändert selbst die Tatsache nichts, daß ihm seine zügellose Lebenslust eine persönliche Niederlage nach der anderen beschert. Denn Ben ist einem eigentümlich-radikalen Überlebensprinzip - und seiner triebhaften Natur - unterworfen. Mit unerschütterlichen Selbstvertrauen ausgestattet, sammelt der Schürzenjäger vornehmlich jugendliche Trophäen und lebt dabei so ziemlich jeden Tabubruch aus.
Nach dem Superjahr 2000 ("Traffic", "Wonder Boys") gelang Michael Douglas - zumindest auf beruflicher Ebene - nicht mehr allzuviel; lediglich die warmherzige Schatzsucherkomödie "King Of California" (2007) konnte Kirks Ältester auf der Habenseite verbuchen. Vor diesem Hintergrund mutet Michaels Tour de force als risikoliebender Weiberheld, der seinem drohenden beruflichen Absturz mit mehr Respektlosigkeit und Offensive begegnet, als gut für ihn sein kann, wie ein Befreiungsschlag an.
Brian Koppelman und David Levien teilen sich den Regie-Credit. Beschwingt, jedoch ohne die Humorschraube zu überdrehen, erzählen die Autoren die Geschichte ihres gebeutelten Protagonisten. Ihr "Solitary Man" wirkt dabei stets elegant und wie aus einem Guß.
Eine grandiose musikalische Eröffnung - Neil Diamonds Titelsong, im düsteren Gewande des unvergessenen Johnny Cash - unterlegt den Einzug des stets schwarz gekleideten Ben Kalmen. Und in den folgenden eineinhalb Stunden darf man schmunzelnd einen scheinbar nie versiegenden Strom von Anekdoten genießen: Oft rücksichtslos, aber stets herrlich offen formulierte Lebensweisheiten eines gefallenen, doch nie besiegten Ex-Tycoons.
Um Douglas schart sich eine gut aufgelegte Darstellerriege: In der Rolle von Bens Ex-Frau ist Susan Sarandon zu sehen; dazu Danny DeVito, der als gutmütiger Barbesitzer den moralischen Gegenentwurf zu Kalmen gibt, sowie Jesse Eisenberg ("Zombieland"; demnächst in "The Social Network").
Sie alle garnieren eine Tragikomödie mit Herz und Hirn, der hierzulande ein Kinostart leider verwehrt geblieben ist.
Dietmar Wohlfart
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