Video_The Pacific

Inselhüpfen in der Hölle

Von 1941 an schickten die USA Zigtausende Soldaten an Plätze wie Guadalcanal, Palau, Peleliu, Pavavu, Iwo Jima oder Okinawa. "The Pacific" ist allerdings keine Geographiestunde, sondern betrachtet einen Krieg, der die größte Zäsur in der Geschichte der Neuzeit darstellt.    22.09.2010

"There are things that men can do to each other that are sobering to the soul."

(Robert Leckie)

 

Die offizielle Erklärung des Pentagons zur Zensurierung des Bild- und Filmmaterials vom Zweiten Golfkrieg lautete angeblich: "If we let people see this kind of thing, there would never again be any war."

Für die genannten Herrschaften wäre das natürlich tragisch. Vielleicht bräuchten wir dann, in einer utopischen Zukunft, auch keine Produktionen wie "The Pacific" mehr - obwohl es vermutlich niemals schaden kann, Menschen daran zu erinnern, wozu sie im schlimmsten Falle fähig sind.

Der Vorläufer von "The Pacific" trägt den Titel "Band of Brothers" (USA 2001); er handelt vom amerikanischen Militäreinsatz in Europa im Zuge des Zweiten Weltkriegs und wurde ebenfalls vom Pay-TV Sender HBO produziert. Beide sind sogenannte Miniserien - zehn Folgen à 60 Minuten -, die bei den Emmys ordentlich abräumten.

In beiden Fällen mischten bei der Regie zwei einschlägig Bekannte mit: Steven Spielberg und Tom Hanks. Vermutlich sind sie anläßlich ihrer Zusammenarbeit bei "Saving Private Ryan" (US 1998) auf den Geschmack gekommen. Wer den Film gesehen hat, kennt natürlich die berühmteste Szene: die Landung in der Normandie am D-Day, dem 6. Juni 1944. Was einmal gut war, bleibt gut, haben sie sich wohl gedacht, denn das Motiv wiederholt sich bei "The Pacific" in immer anderen Einstellungen; nur daß sich Flora, Fauna und Feind unterscheiden.

 

Immerhin hat man sich bei dieser Produktion an Augenzeugenberichte gehalten. Die Rahmenhandlung ist um drei junge Männer aufgebaut: Eugene Sledge (Joseph Mazzello), Robert Leckie (James Badge Dale) und John Basilone (Jon Seda). Zwei davon inspirierte der Krieg im Pazifik zum Schreiben: Sledge verdaute seine Erlebnisse in "With the Old Breed: In Peleliu and Okinawa" (1981), und Leckie verfaßte "Helmet For My Pillow" (1957). Basilone - der für seine Verdienste auf Guadalcanal mit der Medal of Honor und nach seinem Tod mit dem Navy Cross ausgezeichnet wurde - ist der Dritte im Bunde.

Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor 1941 fühlen sie sich dazu berufen, dem Marine Corps beizutreten. Sie landen im Pazifik, wo die Vereinigten Staaten der Expansion Japans Einhalt gebieten wollen. Auf winzigen Inseln werden zermürbende Kleingefechte um jede einzelne Stellung geführt. Die Versorgung der Truppen gestaltet sich schwierig. Viele der Eilande haben kein Trinkwasser, und die Natur ist für die Fremden mehr als gewöhnungsbedürftig: entweder es regnet wochenlang, oder es ist extrem heiß. Dazu kommt, daß die aus "God’s Own Country" eintreffenden Soldaten zunächst über den Strand müssen; ihre Schiffe werden jedoch - solange die Japaner die Flughäfen kontrollieren - konstant unter Beschuß gehalten. Engpässe bei Nahrung, Wasser und Munition sind die Folge.

 

Man könnte es auch salopp "Hölle" nennen - das tun zumindest die älteren Herren: Augenzeugen, die am Beginn jeder Episode erzählen, wie sie die Situation damals erlebten. Und die meinen das mit der Hölle ernst.

Ein kleiner Teil der Geschichten dreht sich um das Privatleben der drei Marines; kurz angeschnitten wird auch der schwierige Weg zurück in die Normalität des (amerikanischen) Alltags. Für den Zuseher sind eigentlich schon die zehn Stunden zusammengeschusterter Hollywood-Aufbereitung schwer zu verarbeiten. Die Mischung aus psychischer Zermürbung und bestialischer Grausamkeit führt immer wieder zu der Frage nach dem Warum, die aber dankens- und konsequenterweise auch in "The Pacific" nicht beantwortet wird.

Vermutlich ist es den Drehbuchautoren - an der Spitze Bruce McKenna - zu verdanken, daß die Serie nicht in eine 08/15-Wir-waren-Helden-Story ausartete, sondern zu einer eher nüchternen Angelegenheit wurde (soweit das in der amerikanischen Filmindustrie eben möglich ist). Andererseits: Wann läßt der Krieg schon Zeit für Gefühlsduseleien? Der Spagat muß schwierig gewesen sein; immerhin werden auch zwei Schriftsteller durch den Krieg begleitet, die beide eher sensiblere Naturen gewesen sein dürften.

 

Ein wesentlicher Kritikpunkt an "The Pacific" sind die Längen: Die Gefechtsszenen arten nämlich stellenweise aus, sodaß man irgendwann das Interesse an den reißerischen Gemetzeln verliert. Ansonsten besticht die Serie aber mit realistischen Darstellungen und vor allem durch die schauspielerische Leistung, speziell der Hauptcharaktere.

Magda Woitzuck

The Pacific

ØØØ

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Warner Home Video (USA 2010)

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Willy Vlautin

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Drei Romane in vier Jahren: Ganz beachtlich, was der Künstler aus Reno/Nevada in letzter Zeit vorgelegt hat. Als hilfreich beim Lesen erweisen sich eine Badewanne und Dosenbier. Geht aber auch ohne.  

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Von 1941 an schickten die USA Zigtausende Soldaten an Plätze wie Guadalcanal, Palau, Peleliu, Pavavu, Iwo Jima oder Okinawa. "The Pacific" ist allerdings keine Geographiestunde, sondern betrachtet einen Krieg, der die größte Zäsur in der Geschichte der Neuzeit darstellt.