Video_Der Biber
Leave it to Beaver
Ein suizidgefährdeter Spielzeugfabrikant therapiert sich mit Hilfe einer Handpuppe selbst. Der schräge Plot läßt den skandalgebeutelten Mel Gibson mit wildem Overacting davonkommen.
06.10.2011
Walter Black (Mel Gibson), der Geschäftsführer einer chronisch erfolglosen Spielzeugmanufaktur, steht mit sich selbst auf Kriegsfuß: Schwer depressiv streift er wie ein lebender Toter durch seine abbruchreife Ehe.
Ehefrau Meredtih (Jodie Foster), die irgendwann nicht mehr in der Lage ist, ihrem schwermütigen Gatten beizustehen, verläßt Walter schließlich zusammen mit den beiden gemeinsamen Kindern Porter (Anton Yelchin) und Henry (Riley Thomas Stewart).
Kurz bevor der Melancholiker seinem Leben ein Ende setzen kann, stößt er auf eine derangierte Handpuppe in Biberform. Einem grotesken Impuls folgend, verschmilzt Walter - grimassenschneidend und mit verstellter "Biberstimme" - mit dem Stoffnager, der fortan das Kommando in seinem Leben übernimmt. Mit neuem Elan revitalisiert Walter sein brachliegendes Familienleben und rettet nebenher die konkursreife Firma. Doch der Pakt mit dem Biber ist nicht ohne Tücke ...
Im nachhinein wurde Jodie Fosters lange zurückgehaltene dritte Regiearbeit als Befreiungsschlag für den medial bereits mehrfach verurteilten Mel Gibson beworben. Jedenfalls verschafft der Film dem mutmaßlichen Frauenschläger und Antisemiten ein Forum zur Entfaltung - und einen Freibrief für ungeniertes Overacting ohne Rücksicht auf Verluste.
So schleicht Walter Black in seiner Pre-Biberphase grenzkomatös umher, während die überdrehte Biberversion praktisch in einen Konkurrenzkampf zu den Keystone-Komikern aus Chaplins frühen Tagen tritt. Bei näherer Betrachtung hat der Wahnsinn aber dann doch Methode, kann die Frage nach einer adäquaten Darstellung eines schizophrenen Spielzeugfabrikanten, der sich seiner Umwelt ausschließlich über ein Stofftier mitteilt, durchaus mit "Mad Mels" Biber-Performance beantwortet werden.
Daß der "Biber" auch subtilere Facetten der Schauspielerei zutage fördert, ist vor allem Jungstar Jennifer Lawrence zu verdanken, die innerhalb eines Jahres Beachtliches geleistet hat und Talentproben in höchst unterschiedlichen Erfolgsproduktionen ("Winter's Bone", "X-Men: Erste Entscheidung") abgeben durfte.
Hier füllt sie zusammen mit Gibsons Filmsohn einen bedeutenden Nebenstrang der Handlung aus und entflieht dabei den engen Grenzen des standardisierten Hollywood-"Love Interest"-Parts. Mit Wahrhaftigkeit und herben Charme spielt sie sich unprätentiös in den Vordergrund und drückt der Nebenhandlung ihren Stempel auf.
Ihren Filmpartner Anton Yelchin spielt sie recht mühelos an die Wand: Der ältere Black-Sprößling Porter, ein Vorzeigeschüler, der sich mit seiner eigenen Last vermeintlich vererbter Neurosen seines absonderlichen Vaters abmüht, bemüht sich um eine Beziehung mit der feschen und begabten Norah (Lawrence) und steht sich dabei oft selbst im Weg.
Die Montage des Films wirkt nicht so recht aus einem Guß - ein echter Handlungsfluß will sich nicht einstellen. Eher werden obskure Momente einer absurden Persönlichkeitsentwicklung lose aneinandergereiht. Ein wenig kohärenter wird hingegen das Teenagergefühlsleben am Coming-of-Age-Nebenschauplatz abgehandelt.
In dieser skurrilen Kleinproduktion gibt es also einen risikobereiten Mel Gibson in einer Rolle zu sehen, die seiner Karriere nicht schaden wird; dazu Jodie Foster, die auch als Regisseurin nach wie vor punkten kann - und einen Jungstar, dem die Zukunft gehört.
Dietmar Wohlfart
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