Video_Am Ende des Weges
Friede unter der Erde
Im Tennessee der 30er Jahre plant ein exzentrischer Eremit seine eigene Begräbnisfeier, um ihr selbst beizuwohnen. Ein groß aufspielender Robert Duvall prägt diesen Film, eine wundervolle Tragikomödie über Verlust und Erlösung.
22.06.2011
Dunkle Geschichten ranken sich um den seit Jahrzehnten abgeschieden in einem Waldhaus lebenden Felix Bush (Robert Duvall). Blut soll an den Händen dieses bärtigen alten Einsiedlers kleben, erzählt man sich. Er gilt als Kinderschreck und persona non grata im allgemeinen.
Die Rückkehr in seinen Heimatort nach 40 Jahren sorgt folglich für Unbehagen bei den Einwohnern, die sich fragen, was dieser potentiell gefährliche Einzelgänger im Schilde führen mag. Und in der Tat hat der Alte ein spektakuläres Vorhaben: Er will ein Begräbnis organisieren, genauer gesagt eine Begräbnisfeier inklusive Tombola.
Der Haken? Er will selbst daran teilnehmen - und zwar lebend. Was den Pfarrer des Ortes (Gerald McRaney) irritiert, stößt bei dem findigen Bestattungsunternehmer Frank Quinn (Bill Murray) auf reges Interesse. Quinn ist aalglatt, einfallsreich und frei von Skrupeln. Zusammen mit seinem jungen Adjutanten Buddy Robinson (Lucas Black) macht er sich an die Organisation des bizarren Events.
Das uralte Schuld und Sühne-Thema wird von Drehbuchautor C. Gaby Mitchell, der selbst aus einem winzigen Kleinstadtnest Alabamas stammt, tief in dieser eigenwilligen Südstaatenfabel verwurzelt. Was treibt Bush in Wahrheit um? Welche Dämonen der Vergangenheit plagen den alten Eremiten?
Mitchells behutsam aufgebaute Story wird von sorgfältig ausgearbeiteten Figuren getragen - insbesondere natürlich dem faszinierenden Hauptcharakter.
Robert Duvall liefert als geheimnisvoller Kauz Felix Bush eine wahrlich meisterhafte Performance ab. Im einen Moment einsilbig und undurchschaubar, im nächsten nachdrücklich und eloquent, vermag der mittlerweile 80jährige jede Szene zu dominieren.
Porträts unergründlicher Südstaatler liegen dem Kalifornier ohnehin: Unvergessen ist seine furiose One-Man-Show in "Apostel!" (1997), im Zuge derer er als texanischer Prediger alle Darstellerkollegen an die Wand spielte. Weitaus zurückhaltender, doch gleichermaßen intensiv gestaltete er seinen Auftritt als dementer Sklavenhalter, der sich selbst während seines Abgleitens in die geistige Umnachtung noch einen Rest an Autorität bewahrt, in "Verdammte des Südens" (1991).
Bill Murray als Leichenbestatter mit der Mentalität eines Gebrauchtwagenverkäufers, Sissy Spacek in der Rolle der warmherzigen Ex-Geliebten und Bill Cobbs als Reverend, der über die tiefe Seelenpein seines alten Freundes Felix Bescheid weiß, komplettieren ein Ensemble allererster Güte.
Kameramann Aaron Schneider nahm für "Get Low" - so der Originaltitel - auf dem Regiestuhl Platz. Unter seiner Regie entstand eine in satten Farben gehaltene, wunderschöne Beschwörung des alten Südens.
Ausgewogenes Erzähltempo und visuelle Eleganz liefern einen würdigen Rahmen für das herausragende Spiel der Akteure. In diesem Sinne: Mögest Du in Frieden ruhen, Felix Bush.
Dietmar Wohlfart
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