Video_Possession
Feuchtgebiete
Andrzej Zulawskis grenzgängerischer Kultstreifen hat es auch nach mehr als 20 Jahren in sich. Sam Neill spielte nie besser, Isabelle Adjani schrie nie besser - und Heinz Bennent kokettierte nie besser. Tauchen Sie mit Guido Rohm in die Welt der etwas anderen Weichtiere ab.
07.12.2009
Nichts ist für die Ewigkeit - Städte nicht und Paare nicht. Städte werden getrennt, Paare trennen sich. Und das kann schneller gehen, als man denkt. Man hat sich einfach auseinandergelebt. Das kann die verschiedensten Gründe haben. Er arbeitet vielleicht zuviel, und sie fickt mit einem Oktopus. Das soll es ja öfter geben. Gehört hat man das schon. So gesehen also nichts Neues unter der Sonne und im Westen. Denn darum geht es in "Possession" von Andrzej Zulawski. Zumindest unter anderem und irgendwie. Ganz gerecht wird man dem Film damit natürlich nicht.
Aber zuerst die Handlung: Mark (Sam Neill) kommt von einer Geschäftsreise zurück. Sein Job bleibt wie der Rest des Films im Dunkel einer Stadt, die es zu Zeiten des Kalten Krieges gewohnt war, sich mit Geheimnissen einzudecken. Seine Ehe ist gescheitert. Seine Frau Anna (Isabelle Adjani) hat einen Geliebten. Mark kommt dem Nebenbuhler auf die Spur. Aber nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Bei Zulawski eh nicht. Da muß also noch ein anderer sein. Mark engagiert einen Detektiv, der einen seiner liebsten Angestellten auf den Fall ansetzt. Mit fatalen Folgen ...
Die Farben sind Mauergrau und Grenzerhemdenblau. Alles steht im Zeichen der geteilten Stadt Berlin. Die Grenzsoldaten observieren Mark. Der observiert sich selbst. Der Detektiv observiert Anna, und die serviert schließlich ein paar Neugierige ab. Es geht um Trennung und um den Schmerz der Trennung. Und schließlich und endlich geht es auch um die Paranoia, die immer an einer Trennung hängt, um die verzweifelten Gedankenexperimente eines oder einer Verlassenen, die zu den absurdesten Unterstellungen und schließlich Scheinrealitäten führen.
"Possession" ist Grenzkino - ein Kino, das an den Grenzen und Mauern der vermeintlichen Realität nicht stehenbleibt, sondern sie gewagt und großartig überspringt. Zulawski ist ein großer Filmemacher und Künstler, und wer seine „Nachtblende" noch nicht gesehen hat, der sollte das schnellstens nachholen. Große Filme berühren, verführen, zerstören, desorientieren, faszinieren, destabilisieren. "Possession" tut dies alles und noch viel mehr.
Man muß Zulawski einfach mögen, weil in seiner Brust zwei Herzen schlagen, die sich für Filmkunst und Filmschund begeistern können. Und weil er alle Facetten beherrscht, ist er auch in der Lage, einmaliges und originäres Kino abzuliefern. Dieser Film bedient nahezu alle Genres und begründet dabei nebenher gleich noch ein neues: den grenzüberschreitenden Monster-Liebes-noir-Grenzerfilm.
Dieser Film ist alles. Und das ist doch schon mal einiges.
Guido Rohm
Kommentare_