Video_Zimmer 1408
Pummelchen im Geisterland
Im Fernen Osten produziert die Horrorindustrie am laufenden Band Gruselschocker allererster Güteklasse. Das läßt sich der Westen nicht länger gefallen und schickt die gesammelten Kurzgeschichten Stephen Kings an den Kinostart. Die hier ist erst der Anfang ...
24.01.2008
Es gießt in Strömen, als sich Mike Anslin den Weg zur kleinen Pension im amerikanischen Outback bahnt. Das nette ältere Paar am Schalter erzählt ihm freimütig von blutrünstigen Geistern, die angeblich das Dachgeschoß heimsuchen, aber Mike ist zu müde, um zuzuhören. Der okkulte Schriftsteller ist ohnehin schon in zu vielen Zimmern abgestiegen, hat zu viele Spukschlösser besucht. Doch obwohl er gut gerüstet ist, hat er noch nie einen echten Geist gesehen, noch nie eine übersinnliche Erfahrung gemacht. Das ändert sich, als er das Zimmer 1408 des Dolphin Hotels in New York betritt. 56 Tote soll es hier schon gegeben haben - die Neugier des arroganten Agnostikers ist dementsprechend geweckt. Er schlägt die Warnungen des Hotel-Managers Samuel L. Jackson in den Wind und checkt in einen Alptraum ein, der sein Leben verändern soll.
"I was blind, but now I see ghosts", könnte das Motto des netten Schauermärchens lauten, in dem ein Zyniker vor dem Herrn wieder einmal eines Besseren belehrt wird. Man braucht kein Ektoplasmagerät bei sich zu haben, um zu wissen, daß die Überheblichkeit des Mr. Anslin nicht gut enden kann. Dennoch sieht man voll Schadenfreude zu, wie ein betrunkener Saulus zum zündelnden Paulus wird.
Bereits nach einer halben Stunde geht es da ganz schön zu: Eisstürme fegen durchs Hotelzimmer, Geister stürzen sich aus dem Fenster, Radios spielen verrückt. Mike Anslin muß sich nicht nur gegen die Gespenster des Hotels zur Wehr setzen, sondern auch gegen seine eigene, traurige Familiengeschichte.
Die süffisanten Monologe von Mike (John Cusack, wieder einmal großartig) sind geschliffen, pointiert und machen Lust auf mehr. Schade, daß genau dieser Sarkasmus schon nach wenigen Minuten im heimgesuchten Zimmer wegen einer Lappalie der Panik weicht und schließlich zugunsten des Krachs aus den Tiefen der Trickkiste völlig verlorengeht. Im Fünfminutentakt dreht Regisseur Mikael Hafström ("Entgleist", "Evil") den Horrorregler bis zum Anschlag hoch und offeriert dabei einen guten Querschnitt der düsteren Geschichte, ohne jedoch etwas völlig Neues zu schaffen. Ob das gekonnt in Szene gesetzte, monarchistisch anmutende Hotel wirklich gewollt dem Overlook in "Shining" nachempfunden wurde, wird echte Fans noch jahrelang beschäftigen. Tatsache ist: Hafström ist vielleicht kein Meisterwerk à la Kubrick gelungen, aber dennoch eine effektvolle und kurzweilige, klassische Geistergeschichte.
"Das geheime Fenster", "Riding the Bullet", "Zimmer 1408" waren zwei gelungene short stories und eine Novelle von Stephen King, die nur mit der reinen Willenskraft geschäftstüchtiger Produzenten zum Langfilm mutierten. Gerade "Zimmer 1408" galt als schwierig ins Filmische zu übersetzen, aber hier haben die Autoren ganze Arbeit geleistet: Der Horrorschocker ist nicht annähernd so langweilig, wie man als Stephen-King-Fan vermuten könnte. Ganz im Gegenteil - die bis jetzt kommerziell zweiterfolgreichste King-Verfilmung überrascht mit einem leisen Anfang, einer pompösen Mitte und einem sehr unamerikanischen Schluß (zumindest im Director´s Cut).
Mike Anslin würde dem Film wohl sechs von zehn Totenköpfen verleihen. Wir schließen uns seinem Urteil an - und freuen uns schon auf Frank Darabonts "The Mist".
Nina Munk
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