Video_The Hunter
Das Letzte seiner Art
Ein Söldner wird nach Tasmanien entsandt, um dort das vermeintlich letzte Exemplar des als ausgestorben geltenden Beutelwolfs zu erlegen. Im australischen Mystery-Drama "The Hunter" besticht Willem Dafoe als unterkühlter Einzelgänger vor exotischer Kulisse.
09.08.2012
Martin David (Willem Dafoe) versteht sein Geschäft. Mit penibel vorbereiteten, straff organisierten Einmannaufträgen verdient der Jäger, der für spezielle Undercover-Missionen engagiert wird, seinen Lebensunterhalt. Im Auftrag des Biotech-Konzerns Red Leaf bricht er nach Australien auf, um dort die Fährte eines Geschöpfs aufzunehmen, das offiziell vor mehr als 80 Jahren ausgerottet wurde. In seinen letzten Jahrzehnten lebte der Beutelwolf ("Tasmanischer Tiger") vorwiegend im südlichsten Bundesstaat des Kontinents, wo sich ein letzter Vertreter bis heute gehalten haben soll. Martin soll das Tier erlegen und dem Kadaver Organproben entnehmen. Als Universitätsprofessor getarnt, reist er in die tasmanische Wildnis, um bei der Familie Armstrong Quartier zu beziehen. Aber weder entspricht der technische Standard im Hause Armstrong den Erwartungen des unnahbaren Profis, noch lassen die dort herrschenden zerrütteten Familienverhältnisse ihn kalt. Seit Familienvater und Umweltaktivist Jarrah Armstrong sich vor Monaten in die nahegelegenen Wälder begeben hat, fehlt nämlich jede Spur von ihm; möglicherweise ist er einem Konflikt zwischen Holzfällern und Umweltschützern zum Opfer gefallen. Seine verzweifelte, mit Medikamenten vollgepumpte Frau Lucy (Frances O'Connor) verschläft ihr Leben, während die beiden Kinder Sass (Morgana Davis) und Bike (Finn Woodlock) mehr oder weniger auf sich allein gestellt sind.
Ein Mann auf der Suche: Martin ist nicht nur dem berüchtigten Tasmanischen Tiger auf der Spur, sondern begibt sich auch auf eine Selbstfindungsreise, an deren Ende nicht nur seine moralfreie und gefühllose Rolle als Tiermörder hinterfragt wird, sondern auch das ganze Konzept seiner einsiedlerischen Lebensführung. In dem einsamen Beutelwolf - einem gejagten, alten Eremiten, der nur noch auf den Tod wartet - erkennt der Protagonist sich selbst wieder. Willem Dafoe, zur Abwechslung einmal nicht als diabolischer Bösewicht besetzt, geht im zarten Verwandlungsprozeß seines nachdenklichen Charakters völlig auf. Das sich abzeichnende Schicksal des von allen Seiten eingekreisten Tigers hinterläßt ebensolche Löcher in seinem Gefühlspanzer wie die hilflosen Armstrongs.
Daniel Nettheims Adaption des gleichnamigen Julia-Leigh-Romans kann sich schon wegen der fremdartig-schönen Wildnis Tasmaniens, die an Originalschauplätzen eingefangen wurde, sehen lassen. Doch auch Martins Geschichte, die im Kern vom Ausbruch aus einem moralischen Niemandsland und der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit handelt, wird bis zum Ende ohne Bruchstellen, Ungereimtheiten oder Längen bedächtig und aufs Wesentliche beschränkt erzählt. Dabei entsteht eine melancholische Grundstimmung, in der ein konzentriert-minimalistisch aufspielender Willem Dafoe glänzt.
Dietmar Wohlfart
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