Video_The Cooler - Alles auf Liebe
Ana hot imma des Bummerl
Wayne Kramers angenehm melancholische Loser-Ballade bietet neben einem großartigen William H. Macy auch einen Blick auf Las Vegas im Wandel der Zeit.
10.12.2004
Der gutmütige Bernie Lootz (William H. Macy) zieht das Pech magisch an. Er ist ein beispielloser Verlierer, und sein Elend ist ansteckend. So verwandeln sich selbst erfolgsverwöhnte Siegertypen, die in Loser-Lootzens "Aktionsradius" geraten, automatisch in notorische Unglücksraben. Bisher schlug der skrupellose Casinobesitzer Shelly Kaplow (Alec Baldwin) aus der speziellen Gabe des ewigen Versagers Kapital. Der Eigentümer des altehrwürdigen Spielertempels Shangri-La zwangsverpflichtete den hochverschuldeten - da stets glücklosen - Spieler als professionellen Unglücksbringer. In der Funktion eines sogenannten Coolers zeichnet Bernie seither für das sagenhafte Pech so manch ambitionierten Gamblers verantwortlich, der in Shellys Casino eine Glückssträhne hat. Doch als sich der trübsinnige Allzeitverlierer in die attraktive Kellnerin Natalie (Maria Bello) verliebt und seine Schwermut zu überwinden droht, schwindet auch sein Ausnahmetalent dahin - sehr zum Mißfallen seines Chefs.
Niemand gibt den sympathischen Versager überzeugender als William H. Macy. Die tieftraurige Verlierervisage brillierte bereits in einer Palette feiner Qualitätsproduktionen von "Fargo" über "Pleasantville" bis "Panic". Wenn der vom Unglück verfolgte Bernie Lootz seine ungeliebte Arbeitsstätte resigniert abschreitet, kennt das Mitleid für den armen Teufel keine Grenzen. Und man gönnt ihm sein unverhofftes Liebesglück: Natalie reißt den bedauernswerten Cooler aus seiner Apathie und versorgt ihn buchstäblich mit frischer Lebenskraft. Die schöne Maria Bello adaptiert hier erfolgreich Elisabeth Shues "Leaving Las Vegas"-Part.
Mit der Erschaffung der nostalgischen Spielerstätte Shangri-La und deren schicksalhafter Verknüpfung mit den Leben der tragischen Protagonisten rekonstruiert Regisseur und Co-Autor Wayne Kramer die Ära des cineastischen Altgangstertums mit Italo-Einschlag ganz im Stile eines Martin Scorsese. Hier tummeln sich mafiose Unterweltgrößen wie Shelly Kaplow, der eiserne Regent des längst aus der Mode geratenen Spielcasinos Shangri-La. Der ebenso charismatische wie rücksichtslose Ganove alter Schule stemmt sich nicht nur gegen den drohenden Verlust seines Super-Coolers, sondern führt auch einen aussichtslosen Kampf gegen die unausweichliche Modernisierung und Disneyfizierung des in die Jahre gekommenen Unterhaltungsbetriebs. Es ist ein vergeblicher Fight gegen die Zeit selbst. Alec Baldwin spielt hier womöglich die Rolle seines Lebens. Als unbarmherziger Gangsterbaron übernimmt er in den erinnerungswürdigsten Szenen des Films souverän das Kommando und deklamiert die treffsichersten Dialogpassagen.
Daß der vorzüglich gespielte und schick photographierte "Cooler" schließlich einen guten Teil seines Kredits schlichtweg verspielt, hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. Die brutale erzählerische Zäsur, die Kramer dem Schlußabschnitt verpaßt, irritiert: Kurz vor dem Ziel injiziert er seinem Antihelden Bernie - frei nach Capra - eine Überdosis naiven Heroismus. Der Capra-Autopilot geleitet den "Cooler" in deutlich klischeebeladenere Gefilde und mindert die Wirkung des über weite Strecken gelungenen Werks dann doch ein wenig. Trotzdem: sehenswert!
Dietmar Wohlfart
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