Video_Super - Shut Up, Crime!
Heilige Rohrzange!
Ein Teilzeitkoch und Vollzeit-Loser fordert bunt maskiert seine verbrecherische Umwelt heraus. Die schwarzhumorige Comicfilm-Parodie mit Hang zur unvermittelten Drastik balanciert gar nicht ungeschickt am Rande der Geschmacklosigkeit.
26.12.2011
Nach Frank D'Arbos (Rainn Wilson) eigener Einschätzung sind für sein ganzes Leben nur zwei Fakten maßgeblich: Die unerschütterliche Liebe zu seiner Frau Sarah (Liv Tyler) und jener beiläufige Moment, in dem er einst mithalf, einen Kleinkriminellen dingfest zu machen.
Die heilige Sarah und ein bis zur Versponnenheit gesteigertes Gerechtigkeitsgefühl bilden folglich in summa die Basis, die Franks gesamtes Handeln bestimmt.
Als der naive Imbißkoch einen seiner beiden Stützpfeiler verliert - Sarah verläßt ihn und verkehrt fortan mit dem Drogendealer und Zuhälter Jacques (Kevin Bacon) -, bricht seine kleine, wirre Welt in sich zusammen. Aus den Ruinen entsteigt ein Frank D'Arbo, der sich als "Crimson Bolt" zum maskierten Rächer aufschwingt. Als karmesinroter Blitz will er Sarah zurückholen, Jacques bestrafen und dem Verbrechen in seiner Stadt ein Ende bereiten.
Schnell erkennt der gute Mann, daß ein "Superheld", der sich dem Bösen nicht nur gänzlich unathletisch, sondern vor allem ohne jegliche übernatürliche Kräfte entgegenstellt, zumindest eine Waffe haben sollte. Ausgerüstet mit einer Rohrzange (!), der zu seinem Markenzeichen wird, attackiert Crimson Bolt fortan seine Feinde gnadenlos.
Wie der Einfaltspinsel Frank Taschendiebe, Verkehrssünder und Kinderschänder mit seinem Schlagwerkzeug brutal aus dem Verkehr zieht, ist von radikaler Komik: Es sind grell überzeichnende Gewaltakte, die in ihrer Konsequenz durchaus verblüffen.
Die bluttriefenden Momente werden gar noch gesteigert, als sich Frank die junge Comicshop-Angestellte Libby (Ellen Page) in der Rolle des treuen Sidekicks "Boltie" anschließt. Denn Super-Nerd Libby ist vom Prinzip des Recht und Ordnung schaffenden Rächers im Comicgewand regelrecht besessen. Berauscht von der Möglichkeit, persönlich verbrechenstilgend in Aktion treten zu können, weicht sie ihm nicht mehr von der Seite.
John Ritter war es einst, der als "Hero At Large" ("Ein wahrer Held", 1980) eher zufällig zum (kräftelosen) Helden wurde. Die Feel-Good-Komödie bereicherte das alte Comic-Heldenthema um eine unverbrauchte, "nette" Variante. "Super" hingegen ist alles andere als nostalgisches Wohlfühlkino. Denn wo sich Ritter als schüchterner Jedermann Steven Nichols einst in moralischen Konflikten verlor, greift Frank D'Arbo stets zum todbringenden Schraubenschlüssel, um seinen Schlachtruf ("Shut up, Crime!") brachial zu unterstreichen. Die überambitionierte Libby überflügelt ihr argloses Idol in Sachen Brutalität sogar noch und verleiht dem missionarischen Feldzug des Crimson Bolt sadistische Züge.
Den schmierigen Übermacho Jacques dürfte Kevin Bacon richtig genossen haben; und Ellen "Juno" Page wird als völlig überdrehte "Boltie" sicher in Erinnerung bleiben. Hauptdarsteller Rainn Wilson hingegen sitzt mit seinem Frank D'Arbo, der vom Einfaltspinsel zur Karikatur eines entfesselten Verbrecherjägers wird, zwischen den Stühlen: Mitleid mit seiner Figur will kaum aufkommen, bewegt er sich doch außerhalb selbst parodistischer Normen.
"Super" ist ein einziger Drahtseilakt: Zwischen derber Anarcho-Komödie, Comicparodie und purer Groteske fließt das Blut in Strömen.
Ein von jeglicher Logik abgekoppelter Anti-Held vom Schlage eines Crimson Bolt mag nur in der Sprechblasen-Realität von "Super" einen Sinn ergeben. Auf der Suche nach alternativen Lösungsansätzen für enervierende Alltagsprobleme wird sich der eine oder andere nach einem Abstecher in Frank D'Arbos Welt womöglich dennoch fragen: "Warum eigentlich nicht mit einer Rohrzange?"
Dietmar Wohlfart
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