Split Second
ØØØØ 1/2
UK 1992/Starlight Film DVD
DVD Region 2
Darsteller: Rutger Hauer, Neil Duncan, Pete Postlethwaite, u. a.
Der großartige Rutger Hauer wurde schon in so manchem SF-B-Movie verheizt. No-Brainer wie "Split Second" werden aber erst durch ihn so richtig sehenswert. 15.03.2006
Treibhauseffekt und Luftverschmutzung tauchen die dystopische Welt des Jahres 2008 ins Dunkel. In London hat die globale Erwärmung längst die Themse über die Ufer treten lassen. Die ganze Stadt ist nur noch ein versifftes Urinal. Im endzeitlichen Schlamm haben Ratten und Pest das Regiment übernommen. Mit wasserfesten Jeeps und Luftkissenbooten kämpft die Polizei um die Restruinen der öffentlichen Ordnung. Und hier latscht auch schon der Held ins Bild, mit Sonnenbrille und speckigem Lederwams, dampfende Zigarre im Mundwinkel und dicke Wumme auf der Schulter. Kurzer Textvorspann zum Mitlesen, Nahaufnahme der Stiefel, die durch überschwemmten Müll stampfen, ein minderwertiger Score plus billige Titel-Einblendung - und jeder Zuschauer weiß, daß ihn ein B-Movie erwartet.
Aber was für eins!
Rutger Hauer mimt den verdammt knallharten, verdammt abgebrühten Ermittler Harley Stone. Seit der siebzehnschrötige Detektiv vor Jahren seinen Partner verlor, rast er wie ein Wahnsinniger durch die stinkende Londoner Kloake und ballert herum - auf Phantome, mutmaßen seine Kollegen, die ihn nicht ausstehen können. Schokolade und gezuckerter Kaffee sind Stones einzige Verbündete auf der Jagd nach einem geheimnisvollen Serienmörder, der vorzugsweise bei Vollmond zuschlägt und seinen Opfern das Herz aus dem Leib reißt. Wieder wird ein Mensch bestialisch hingeschlachtet, und schon bekommt Stone - nach der genreüblichen Suspendierung - einen neuen Kollegen auf den Schoß gesetzt: Dick Durkin, einen leicht vertrottelten Oxford-Abgänger, der sich natürlich trotz Schlips rasch zum streitbaren Sidekick entwickelt.
Der Serienmörder indes, dessen XXL-Gebißabdruck deutlich auf ein mysteriöses Monster verweist, pflegt Nachrichten aus Blut zu hinterlassen: geheimnisvolle Sternzeichen, okkulte Symbole, seltsame Jahreszahlen ... Irgendetwas scheint den coolen Cop und den Mörder zu verbinden - und an dieser Stelle kann man dann auch getrost seine höheren Hirnfunktionen herunterfahren. Seit der Rezensent den Streifen Anfang der Neunziger auf einem Fantasy-Filmfest im Kino sah, hat sich nämlich keine vernünftige Erklärung für den kruden Background eingefunden. In den Löchern der haarsträubenden Story könnte man problemlos die Queen Mary II versenken, aber das ist nun wirklich wurst. Denn dieses herzerwärmende Patchwork-Crossover aus harter Cop-Story und "Alien"/"Predator2"-Ripoff mit Buddy-Comedy-Elementen ist trotz sichtbarem Taschengeld-Budget, null Prozent eigenen Ideen und einem hundertprozentig vorhersagbaren Ende eine Perle britischer SF-Filmkunst. Die lang erwartete DVD bemüht sich um Extras, liefert aber nur laue Galerien, Trailer und Biographien. Dafür kriegen Sie auf Wunsch wahlweise die 4:3- oder 16:9-Version zu sehen und haben die Wahl zwischen englischem Originalton und gewöhnungsbedürftiger, weil humorreduzierter deutscher Synchronfassung.
Natürlich ist "Split Second" kein Meisterwerk, substantiell ausschließlich aus Klischees gefertigt und hier und da auch ein bisschen käsig. Aber eben auch ein sehenswertes Gegenteil klassischer Hollywood-Produktionen: Hier zeigen nämlich alle Beteiligten, wie man mit mageren Mitteln, allein durch Drehorte und engagierte B-Mimen, einen spaßig-düsteren Popcorn-Kracher hinkriegt, der so gar nichts mit den mäßig spannenden, gelackten SF-Streifen der jüngsten Zeit zu tun hat. Dieser Film könnte auch mit 200 Mio. Dollar nicht besser geremaked werden - darin liegt seine Qualität. Rutger Hauer gibt voller Genuß den übertriebenen Haudrauf und läuft zu einer Höchstform auf, neben der andere "Hardboiled"-Schnüffler der Filmgeschichte wie Handcreme-Vertreter aussehen. Der unbekannt gebliebene Regisseur wußte das zu nutzen, zeigt uns - wie von Jack Arnold gelehrt - das Monster-Gummikostüm bis zum Schluß so gut wie nie und hievt außerdem mit einigen fast poetischen Szenen seinen durch und durch nach End-80ern miefenden Film aus der B-Ecke ins Gerade-noch-Kult-Regal.
Also kein brillanter, aber ein verdammt liebenswerter Reißer, den man sich mehr als einmal ansieht.
Split Second
ØØØØ 1/2
UK 1992/Starlight Film DVD
DVD Region 2
Darsteller: Rutger Hauer, Neil Duncan, Pete Postlethwaite, u. a.
Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.
Einsames Aufräumen ist das gemeinschaftliche Feiern unserer Zeit. Entsprechend miste auch ich ununterbrochen aus - Medien zum Beispiel, weil die sowieso verzichtbar sind. Vor allem Bücher werden völlig überschätzt.
Einige wenige Wohlgesonnene, es werden wöchentlich weniger, warten seit gefühlten Äonen auf diese neue Kolumne - und dabei wird es auch bleiben, und ich rate sowieso ab.
Immer wieder ist von junger Literatur die Rede, und wenn davon die Rede ist, dann nicht von uns. Und das ist nur einer der vielen Vorteile des Alters, über die unser gealterter Star-Kolumnist Sie heute informieren wird.
Wenn Sie nicht wissen, was "Social Media" oder "K2-18b" sind, dann können Sie eigentlich gleich aufhören zu lesen. Aber auch sonst raten wir wie immer von der Lektüre dieser irrelevanten Kolumne ab, in der es zwar heute mal um was geht, aber um nichts Wichtiges.
Immer wieder fallen uns Sprachzombies mit halbverrotteten Phrasen an. Zumindest dieser einen sollten wir einen Headshot verpassen.
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