Video_Sonic Youth - Corporate Ghost
Urlaubsdias aus New York
Zum ersten Mal erscheinen alle Clips der Indie-Lieblinge auf einer DVD. Obwohl hier große Namen Regie führen, wird man das Gefühl nicht los, Home-Videos zu sehen.
01.09.2004
Die visuelle Ästhetik von Sonic Youth bewegte sich immer schon im Bereich des Trash: Ihre LP-Cover zierten oftmals fast zufällig zusammengewürfelte Photocollagen, umrandet mit Handschrift oder herausgerissenen Textpassagen. Ihre selten zu sehenden Videoclips schließen nahtlos daran an: 23 Kurzfilmchen sind auf "Corporate Ghost" zu sehen – elf davon vom Album "Goo", der Rest aus der Zeit danach.
Die Regisseure, die hinter dieser Arbeit stecken, lesen sich wie ein Who´s who der amerikanischen Independent-Szene: Spike Jonze, Richard Kern und Todd Haynes sind nur einige der vertretenen Filmemacher. Clips wie "100 %", in denen Sonic Youth auf einer Party junger Skater im Wohnzimmer spielen, gehören zu den herausragendsten Kunstwerken dieser DVD. Doch die meisten Videos sind selbstgedrehte Nonsensfilmchen, denen man zwar einen gewissen Charme nicht absprechen kann, die aber nach kurzer Zeit eher langweilen. Daß die Tonspur dann auch noch nicht zu den Mundbewegungen paßt, kann man mit gutem Willen als künstlerischen Ausdruck interpretieren, mit ein wenig Ehrlichkeit aber wohl eher als Schlampigkeit.
Ein paar witzige Augenblicke sollte man trotz aller Kritik aber nicht verheimlichen: Daß sich Thurston Moore beispielsweise in einem Video ein T-Shirt mit der Aufschrift "I am not Beck" anzieht, zeugt von großer Selbstironie, und die Textzeile "The president sucks, he´s a war pig fuck" aus "Youth Against Fascism" zeigt dazu ein Bild von George Bush senior, funktioniert aber heute immer noch genausogut wie damals (oder sogar noch besser).
Die Qualität des Filmmaterials paßt weiters gut zur Ästhetik der einzelnen Clips. Handkameras, wackelige Einstellungen und unscharfe Bilder komplettieren den wohl beabsichtigten Gesamteindruck der DVD. Als Bonusmaterial gibt es Audiokommentare, ein Fan-Filmchen und eine Doku von Spike Jonze. Alles in allem ganz nett, aber entbehrlich.
Walter Robotka
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