Something from Nothing: The Art of Rap
ØØØ
USA/GB 2012
WVG Medien
Blu-ray Region B/2
111 Min. + Zusatzmaterial, englische OF mit dt. UT
Features: Audiokommentare, Interviews, Making of u. a.
Regie: Ice-T, Andy Baybutt
Wer an Rap denkt, hat sicher ein bestimmtes Bild vor Augen: Männer mit Sonnenbrille, weiten Jeans und T-Shirts, viel Schmuck um den Hals und am Handgelenk, dicken Autos vor der Tür und reichlich Damengesellschaft im Pool. Rapper Ice-T geht es in seiner Dokumentation aber nicht um dieses Klischeebild seiner Zunft - ganz im Gegenteil. 17.12.2012
In seinem ersten Hit "In Da Club" singt 50 Cent, Protegé von Eminem und Dr. Dre, von seiner Show und dem daraus folgenden Geld. "That bought me all my fancy things / My crib, my cars, my pools, my jewels", rappt der durchtrainierte Amerikaner und befeuert den Lebenstraum seiner Landsleute. Von all diesen Dingen sieht man in der Dokumentation von Ice-T über seine Branche allerdings wenig.
"This film isn´t about the money, the cars, the jewelry, the girls", berichtet Ice-T zu Beginn aus dem Off. "This film is about the craft, what it takes to write a rap." Und weil Ice-T nicht irgendwer ist, sondern Ice-T, ist es für den Rap-Veteranen kein Problem, ein Who´s who der Szene zusammenzutrommeln, um ihm als Gesprächspartner zu dienen - von Melle Mel über Eminem bis hin zu Kanye West.
Der Aufbau des Films ist ziemlich simpel: Ice-T trifft sich abwechselnd mit den Pionieren und Größen seiner Zunft, um diese weniger zu interviewen als vielmehr in einen Dialog mit ihnen zu treten. Er befragt sie nach ihren Einflüßen wie Arbeitsweisen und läßt die meisten von ihnen zu Beginn oder zum Schluß einen Rap abliefern.
Als Interlude dienen dabei zumeist Hits der Interviewten, die über nächtliche Luftaufnahmen, primär von New York City, gelegt werden, ehe es zum nächsten Rap-Star geht. Ice-T erkundigt sich nach ihrem individuellem Stil und ihrer Vorgehensweise, will wissen, was Rapper und was MCs auszeichnet, wieso Rap weniger respektiert wird als Blues oder Jazz, und woher Rap eigentlich stammt.
Amüsanterweise wird der Staat für die Geburt des Rap verantwortlich gemacht. So erzählt Lord Jamar, daß die Schulen, als sie sparen mußten, die Instrumentenankäufe reduziert hätten. Afroamerikaner seien per se ausgesprochen musikalisch - aber nun hatten sie keine Musikinstrumente mehr. "They tried to take the music from us", sagt Jamar und sieht hier den Ursprung von Rap: in der puren Liebe zur Musik.
Geographisch liegt dieser in New York City, der Stadt, die Künstler wie LL Cool J, Run-D.M.C. oder A Tribe Called Quest hervorgebracht hat. Was für die einen nur ein Wortfeuerwerk sein mag, bedeutet für die Rapper selbst weitaus mehr. "We look for art", sagt Raekwon, "for dignity behind it." Und Common ist überzeugt, als HipHopper könne man wirklich ausdrücken, wer man sei: "You get to say what you think ... what you feel."
Was das Rezept für Rap ist, variiert unter den Befragten. Für den einen ist es zentral, geradlinig zu sein, der andere hebt die Bedeutung von Originalität hervor. Immortal Technique berichtet Ice-T derweil, daß er sich vor dem Schreiben eines Rap stets aushungert oder Fitneß betreibt. Derweil spricht Beatbox-Pionier Doug E. Fresh darüber, daß Beatboxing eine Begleitung seiner Reime darstellt.
Und während Kanye West - allerdings nur im Bonusmaterial - erzählt, er habe die Songs seiner ersten vier Alben nie aufgeschrieben, sondern direkt gespittet, schreibt Dana Dane sie immer erst nieder. Allerdings nicht in Reimform, sondern den Inhalt jedes Songs als Story, mit Einführung, Mittelteil und Schluß, verrät er. Wie in der Schule. Unterdessen erinnert sich KRS-One, wie er selbst zum Rap kam: weil er wegen seiner Jeans gedisst wurde.
Ihn zog also die Battle in die Szene, das Gegeneinander-Rappen von Künstlern. "Verbal warfare" nennt es KRS-One, und sowohl Eminem als auch Ice-T erinnern sich an einige ihrer frühen Battles. Allerdings reiht sich die Beschreibung der Battles direkt in den Rest der Dokumentation ein: sie ist ausgesprochen oberflächlich. Denn obschon Ice-T angekündigt hat, aufzuzeigen, was die Kunst des Rap ausmacht, ist der Film nicht tiefgründig genug. Und damit mehr Nothing als Something.
Wie spielt sich der Denkprozeß der Rapper ab? Warum wählen sie die Worte, die sie wählen, und was wollen sie damit aussagen? Geradeheraus zu rappen und dabei originell zu sein, ist ebensowenig eine Offenbarung, wie wenn Ice Cube sagt, er wolle "street knowledge" weitergeben. Daß sich eine Battle um Respekt dreht, ist dem Zuschauer klar, aber wie geht man so etwas an? Und wie gewinnt man es?
Wer verstehen will, was einen guten Rapper auszeichnet oder von einem schlechten unterscheidet, wird in "Something from Nothing: The Art of Rap" nur bedingt fündig werden. Und selbst als Einführung ist die Dokumentation nur schwerlich geeignet, weil dem Laien all die namhaften Gesprächspartner nichts sagen werden - und die netten Raps sowie die Bilderflut schon gar nicht.
In der Schule würde man dazu sagen: Thema verfehlt. Es wäre in der Tat interessant gewesen, zu erfahren, wie Q-Tip, Eminem, Grandmaster Caz und Co. das zu Papier bringen, was sie der Welt mitteilen wollen. Und vor allem, wie sie es zu Papier bringen. Angesichts all der Größen, die sich hier versammeln, ist das nicht mehr als verschenktes Potential. So ist der Film zwar ganz nett geworden, aber wenig gehaltvoll. Und damit eher "wack" als "fly".
Die Blu-ray von WVG kommt gut ausgestattet daher. Das Bild kann vor allem während der nächtlichen Luftaufnahmen der Städte überzeugen, wenn die grellen Straßenlichter als Kontrast zur schwarzen Nacht erscheinen. Auch der Ton ist klar verständlich, wobei die jeweiligen Rap-Passagen im Gegensatz zum Rest nicht untertitelt werden. In den Interviews findet sich Material, das es nicht in den Film geschafft hat, ohne daß man es vermissen würde. Und auch den Sinn eines Audiokommentars scheint Ice-T, der sich nur bisweilen darin zu Wort meldet, eher mißverstanden zu haben.
Something from Nothing: The Art of Rap
ØØØ
USA/GB 2012
WVG Medien
Blu-ray Region B/2
111 Min. + Zusatzmaterial, englische OF mit dt. UT
Features: Audiokommentare, Interviews, Making of u. a.
Regie: Ice-T, Andy Baybutt
Jim Jarmusch machte zuletzt Vampire zu Rockstars und Busfahrer zu Dichtern. In seinem jüngsten Film "The Dead Don´t Die" finden sich Kleinstadtpolizisten infolge einer Klimakatastrophe plötzlich in der Zombie-Apokalypse wieder. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß so skurril wie schrullig und verquickt dabei geschickt klassische Zombie-Tropen mit Meta-Momenten und bissiger Persiflage auf die amerikanische Rechte.
Willst du groß und stark werden, dann mußt du ordentlich Fleisch zu dir nehmen. Diesem Glauben hängen vor allem Männer gern nach - so auch der britische Mixed-Martial-Arts-Kämpfer James Wilks. Zumindest so lange, bis er sich nach einer Verletzung schlau machte und entdeckte, daß viele erfolgreiche Athleten vegane Ernährung bevorzugen, um mehr Leistung bringen zu können. Oscar-Gewinner Louie Psihoyos dokumentiert diese Erkenntnis in seinem Netflix-Film "The Game Changers".
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Der Tenor nach Terrence Malicks jüngstem Werk fiel aus wie immer: Der Auteur präsentiere stets dasselbe - ähnlich wie die Kritik an seinen Werken, die sich in Witzeleien über gehauchte Erzählstimmen, an Parfümwerbung erinnernde Kameraarbeit und das Frohlocken in den Feldern erschöpft. Sein neuer Film wird ihm kaum neue Anhänger bescheren, liefert Fans aber das, was sie an ihm schätzen.
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Vor 17 Jahren avancierte der sehr preisgünstige Found-Footage-Horror "Blair Witch Project" zum Kassenschlager im Kino. Dennoch folgte auf den Indie-Hit lediglich eine einzige Fortsetzung, die den Erfolg nicht wiederholen konnte. Nun bringt Regisseur Adam Wingard die Kameras und den Schrecken zurück in den Black Hills Forest - und das durchaus überzeugend.
Kommentare_
Alternativen?
Zu was? Dem Film als Chronik über die Kunst des Rap? Da bin ich nicht ausreichend im Subgenre verhaftet. Aber eine gute Dokumentation über A Tribe Called Quest hatte ich ebenfalls hier auf Evolver besprochen (s. Archiv).