Video_Shade

Abgekartetes Spiel

Damian Niemans konservatives Gaunerstück gewinnt zwar keinen Innovationspreis, funktioniert aber aufgrund solider Konzeption und fähiger Darstellerriege.    18.08.2004

Er ist eine Legende: "The Dean" Stevens (Sylvester Stallone) beherrscht die Kunst des Pokerspiels - und der Kartenzinkerei - wie kein zweiter. Schon seit Jahrzehnten nimmt der skrupellose Zockerkönig seine Mitspieler am Kartentisch regelrecht auseinander. Dennoch begibt sich ein verwegenes Betrügertrio in die Höhle des Löwen und fordert den als unbezwingbar geltenden Stevens heraus. Unter der Aufsicht des erfahrenen Berufsganoven Charlie Miller (Gabriel Byrne) tritt der junge Falschspieler Vernon (Stuart Townsend) dem Meister tollkühn gegenüber. Unterstützt werden die Beiden durch die lasterhafte Tiffany (Thandie Newton), das dunkle Gift an Charlies Seite. Mit vereinten Kräften will das zwielichtige Triumvirat den "Dean" endlich vom Thron stoßen.

Es ist wohl Sylvester Stallones verheerender Reputation zu verdanken, daß "Shade" seinen Einstand im DVD-Format feiert. Slys Wirkung auf die kommerziellen Erfolgsaussichten seiner Filmvehikel wird gemeinhin als toxisch eingestuft. Daß Damian Niemans relaxter Gaunerstreich dann unterhaltungstechnisch doch gelingt, liegt an der souveränen Inszenierung eines ordentlichen Drehbuchs und dem ansprechenden Casting.

"Shade" bewegt sich konsequent innerhalb der vertrauten Grenzen des Gambler-Films: Ein talentierter Grünschnabel fordert den Champion aller Klassen heraus und läuft dabei Gefahr, sich gründlich die Finger zu verbrennen. Hier betrügt jeder jeden - Vertrauen wird in der undurchsichtigen Welt der Pokerprofis und Trickbetrüger besonders klein geschrieben. Dieses Setup ist nicht gerade taufrisch. Regisseur und Drehbuchautor Nieman ging auf Nummer sicher und ließ sich von Altbewährtem inspirieren: Wenn sich die beiden verschlagenen Kartenhaie verschiedener Generationen vor dem finalen Showdown mit tödlicher Entschlossenheit gegenübersitzen, rechnet man förmlich damit, daß gleich "Cincinnati Kid" höchstpersönlich zur Tür hereinspaziert.

Auch die Rollenbesetzung stimmt: Gabriel Byrne geht in der Figur des halbseidenen "Managers" auf, und Sly feiert als verunsicherter "Dean" ein unerwartetes Mini-Comeback. Nur Thandie Newton stört die Eintracht ein wenig. Die kindergesichtige, in physischer wie mimischer Hinsicht leichtgewichtige Britin mit der Ausstrahlung eines Strohballens fällt in der Rolle des durchtriebenen Luders schlicht und ergreifend durch.

"Shade" läßt sich wohl am ehesten mit einem netten, nicht allzu raffinierten, dafür aber routiniert ausgeführten Kartentrick vergleichen.

Dietmar Wohlfart