Video_One Hour Photo
"Ich habe nur Photos gemacht."
In Mark Romaneks Stalker-Thriller wandelt die einstige Mrs. Doubtfire auf Francis Dolarhydes finsteren Spuren. Ein Verlierer bleibt er trotzdem...
09.06.2003
Sy Parrish (Robin Williams) arbeitet in der Photoabteilung einer Supermarktkette. Für den stillen Einzelgänger ist die Photoentwicklung Kunstform und Lebensaufgabe. Als sozial total isolierter Sonderling erschafft er sich mit Hilfe der Schnappschüsse seiner Klientel einen imaginären Ort der Zuflucht - ein perfektes Ersatzuniversum nur für ihn allein. Durch die Fixierung auf die Photoserien der vermeintlichen Bilderbuchfamilie Yorkin nehmen Sys Phantasien krankhafte Ausmaße an. Er träumt sich in die Momentaufnahmen seiner Stammkundschaft hinein und lebt in ihren Erinnerungen. Als die Stabilität dieser trauten Familieneintracht gefährdet ist, greift Sy zu radikalen Mitteln...
Der Stalker-Thriller "One Hour Photo" ist nicht nur subtiles Spannungskino inklusive Tragikkomponente, sondern auch ein audiovisuelles Kabinettstückchen: Es ist die Kombination aus steriler Düsteroptik und dem dunklen, zuweilen fiebrigen Soundtrack, die die unheilvolle Aura verstärkt.
Als tickende Zeitbombe Seymour Parrish ist ein grandioser Robin Williams Opfer und Schurke zugleich; ein verletzlicher, melancholischer Eigenbrötler und gleichzeitig ein zu allem fähiger Verrückter aus der Psycho-Oberliga. Es ist unvermeidlich, Sympathie für diesen armen Teufel zu empfinden - selbst als dessen dunkle Seite die harmlose Fassade gänzlich zu verzehren droht.
Dietmar Wohlfart
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