Video_Nacho Libre
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Wenn der kleine Dicke mit dem irren Blick in die tölpeligen Fußstapfen von Napoleon Dynamite tritt, kann eigentlich nicht viel schiefgehen. Im Falle dieses absonderlichen Wrestling-Klamauks entspricht das Ergebnis jedoch leider nicht ganz der Summe der einzelnen Teile.
27.03.2007
Mit der Papierform ist das so eine Sache. Im Falle von "Nacho Libre" besagt sie, daß das Zusammenwirken zweier an sich schon zwerchfellerschütternder Humorzugänge ein noch größeres Vergnügen bedeuten muß. Im vorliegenden Fall besteht das vermeintliche Comedy-Dream-Team zum einen aus Jared Hess, der es mit dem absurden Nicht-Humor der High-School-Komödie "Napoleon Dynamite" zumindest in den USA zu nachgerade kultischer Verehrung gebracht hat, und zum anderen aus Jack Black, dem begnadeten Grimassenschneider und im wahrsten Sinne des Wortes physischsten Klamaukbruder aus den Reihen des sogenannten "Frat Pack".
Das gemeinsame Baby der so unterschiedlichen Schmähfraktionen hört auf den Namen "Nacho Libre" und wurde in Personalunion von Hess (gemeinsam mit dessen Frau Jerusha) und Black-Freund Mike White (unter anderem verantwortlich für "School Of Rock") aus der Taufe gehoben. Und es sieht auf den ersten Blick ganz vielversprechend aus: Ein Klosterkoch namens Ignacio (Jack Black) mit großem Herz und noch größerem Bauch hat eine große Vorliebe. Er schwärmt für Lucha Libre, die obskure mexikanische Abart des Wrestling. Weil die hinter den Mauern seines Ordens aber als absolutes Teufelswerk angesehen wird, hält er seine Leidenschaft zunächst geheim. Als im Kloster allerdings das große Hungern losgeht, wagt Ignacio den entscheidenden Schritt: Er wird Luchador - und will als Nacho Libre mit den erprügelten Preisgeldern seinen Waisenkindern wieder Essen auf den Tisch zaubern.
Da trifft es sich gut, daß die Kämpfer ohnehin maskiert auftreten und Ignacios/Nacho Libres Doppelleben zunächst unbemerkt bleibt. Der einzige Eingeweihte ist der dürre, noch ungeschicktere Straßendieb Esqueleto (Hector Jimenez), mit dem er als Tag-Team auftritt. Doch es ist nicht nur die reine Nächstenliebe, die Ignacio antreibt, sondern auch die platonische echte - schließlich könnte das fromme Wirken ja auch die fesche Schwester Encarnacion (Ana de la Reguera) auf unchristliche Gedanken bringen ...
Hört sich abenteuerlich an? Ja - und der Film ist in Wahrheit noch viel absonderlicher und unbeschreiblicher. Aber man kann ja auch den Skurrilo-Humor von "Napoleon Dynamite" kaum jemandem näherbringen, der den Film nicht gesehen hat. Bei genauerem Hinschauen erweist sich "Nacho Libre" dann auch als der mexikanische Zwilling des Nerd-Kultstreifens. Bescheuert aussehender Typ, der sich in absolut unwürdigen Situationen erniedrigen läßt? Check. Noch viel bescheuerter aussehender Sidekick mit denkwürdigen Wortspenden? Check. Unerreichbare, dafür umso umschwärmtere Frauen? Check. Ein Umfeld, das so bizarr ist, daß man es schon mal selbst erlebt haben muß, um es zu verstehen? US-High-School, Kloster - noch Fragen?
Das Problem (sofern man von einem Problem sprechen kann), das "Nacho Libre" hat, ist aber nicht das des Drehbuch-Blueprints, sondern das der Umsetzung. Wo "Napoleon Dynamite" vor allem deswegen so gut funktioniert hat, weil die scharf gezeichneten Figuren im Vordergrund standen, dreht sich das "Nacho"-Universum zu sehr um die Person Jack Black. Und der ist eben immer zuerst er selbst: Mit teuflisch häßlichem Minipli und noch ekligerem Schnauzer ausgestattet, agiert Black zu oft und zu sehr over the top, um die Geschichte zu ihrer ganzen Entfaltung kommen zu lassen. Das ist zwar kein Kardinalfehler, offenbart aber doch sehr augenscheinlich, daß nicht alles, was sich auf Papier gut liest, tatsächlich auch hundertprozentig toll wird. Böse sein kann man dieser herzlich unernsten und schön gefilmten Angelegenheit aber dennoch nicht. Dafür ist sie trotz allem ganz einfach zu amüsant.
Christoph Prenner
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