Video_Mission: Impossible - Extreme Trilogy
Cruise Control
Taucht der Name Tom Cruise in den Medien auf, ist meist entweder von seiner Tätigkeit in der Sekte Scientology die Rede oder von seiner angeblichen Homosexualität. Zwar ist Cruise noch immer ein Big Name im Busineß, seine glorreichen Zeiten liegen jedoch schon einige Jahre zurück. Ende der 1990er war er der Star schlechthin - auch dank der "Mission: Impossible"-Filme.
24.12.2011
Eigentlich müßte man sich wundern, daß es bis 1996 gedauert hat, ehe ein "Mission: Impossible"-Film zustandekam. Schließlich ist die Prämisse schlicht genial: unmögliche Missionen, die natürlich möglich gemacht werden. Genau der richtige Stoff, um gerade Amerikaner in die Kinos zu locken. Und irgendwie verwundert es nicht, daß sich ausgerechnet Tom Cruise dessen annahm.
Von 1966 bis 1973 lief in den USA die Spionage-Serie "Mission: Impossible" (im deutschsprachigen Raum unter dem Titel "Kobra, übernehmen Sie" ausgestrahlt) über die Agenten der Impossible Mission Force (IMF). Ab der zweiten Staffel schlüpfte Peter Graves in die Hauptrolle des IMF-Agenten Jim Phelps, für den nichts unmöglich war.
Zum Zorn vieler Fans avancierte Phelps im Laufe der ersten Verfilmung von 1996 zum IMF-Verräter. Jon Voight spielte ihn in "Mission: Impossible" und liquidierte während einer Mission in Prag sein gesamtes Team - mit einer Ausnahme. Somit war Ethan Hunt (Tom Cruise), Protegé und Erbe von Phelps, dazu ausersehen, das neue Gesicht eines langlebigen Multimillionen-Dollar-Franchises zu werden.
Im etwas komplizierten Plot des ersten Teils ging es anschließend darum, den wahren IMF-Verräter ausfindig zu machen, nachdem Hunt zuerst für diesen gehalten wird, und im Zuge dessen eine Identifikationsliste aller Geheimagenten zu stehlen, um die Aufmerksamkeit aller nötigen Parteien zu gewinnen.
Das Ganze zelebrierte Regisseur Brian De Palma mit einem schicken Retro-Charme, wenn geheime Dateien auf Disketten - später auch Mini-Discs - gezogen werden und über allem ein Old-School-Spionage-Mantel hängt. Das fängt schon mit dem Vorspann an, der mit seinem Montagestil klar der TV-Serie Tribut zollt, und setzt sich in der stark auf die eigene Branche fokussierten Handlung fort. Jede Figur ist hier entweder Agent oder Ex-Agent, und die Bedrohung, die durch die Veröffentlichung der Identitäten ausgeht, wird somit greifbar und nachvollziehbar.
Daß dabei im Grunde jeder außer Cruise zu einem Nebendarsteller degradiert wird, läßt sich dadurch entschuldigen, daß sich das Publikum so mehr auf seine Seite schlägt.
Ohnehin sind die Charaktere nur Mittel zum Zweck, steht in "Mission: Impossible" doch die spektakuläre Action im Zentrum. Angefangen von dem natürlich hanebüchenen Einbruch ins CIA-Hauptquartier in Langley bis hin zum wahnwitzigen Zugdachkampf inklusive Helikopter im Schlepptau.
Wer hätte gedacht, daß der CIA-Einbruch zum ewig wiederkehrenden Motiv in der Serie werden würde? Stichwort: der abgeseilte Ethan Hunt. Die Set-Pieces sind natürlich faszinierend, ebenso die Tatsache, daß Cruise die Stunts im Film, auch die auf dem Zug, selbst mitkonzipiert und umgesetzt hat. Der Hollywood-Star lebt, wie es scheint, nach dem Motto "Nichts ist unmöglich."
Die Belohnung war der dritterfolgreichste Film des Jahres 1996, an den natürlich über kurz oder lang eine Fortsetzung anknüpfen mußte. So folgte 2000 "Mission: Impossible II", ein Film mit neuer Tonalität und Visualität - ebenfalls ein Merkmal der Reihe. Orientierte sich De Palma noch am Spionage-Flair der späten 80er und frühen 90er, so brachte Regisseur John Woo seinen eigenen Look mit.
Nun waren die Farben bunt und kräftig, herrschten lebendige Rot- und Brauntöne vor. Es gab mehr Explosionen und mehr Action-Szenen, was insofern verständlich war, als John Woo die Handlung um seine erdachte Action herum schreiben ließ. So kam es, daß sich Ethan Hunt nun in zahlreichen Slow-Motion-Einstellungen an aufsteigenden weißen Tauben vorbeischoß und -prügelte.
Nach einer hochstilisierten Freeclimbing-Szene zu Beginn des zweiten Films muß Ethan Hunt auch schon seinen Urlaub unterbrechen, um die Welt vor einem Virus zu retten, das sein Arbeitskollege und Ersatzmann Sean Ambrose (Dougray Scott) gestohlen hat. Durch das von einem gierigen Pharmaunternehmen entwickelte "Chymera" droht Infizierten nach nur 20 Stunden der Tod.
Die Handlung wirkt simpler, aber auch weniger bedrohlich. Erneut hat es der Zuschauer primär mit Agenten zu tun, die kaum eine greifbare Gefahr bedroht - sondern Personen, die im Film selbst gar keine Rolle spielen. Hinzu kommt dann noch Ambrose, der wie ein Antagonist aus dem Schlußverkauf wirkt.
Funktionierte der Vorgänger, weil Voight über weite Strecken als gesichtloses Phantom operierte, so scheitert "Mission: Impossible II" daran, daß Dougray Scotts Figur derart profillos ist, daß es einen schmerzt. Bemerkenswert ist hier jene Meta-Szene im Mittelteil, in der Ambrose den spektakulären Einbruch seines Ex-Kollegen punktgenau vorhersagt - aber dennoch nicht verhindert.
"Er wird zweifellos eine irre Luftakrobatiknummer durchziehen", behauptet Ambrose süffisant - und behält natürlich recht. Als Doppelung zum ersten Teil darf sich Hunt erneut waghalsig abseilen, wie er auch im Finale in bedrohlich nahen Kontakt mit einer scharfen Klinge kommt. "Brand Recognition" nennt man so einen Wiedererkennungswert.
Waren die Figuren im ersten Teil nur Mittel zum Zweck, da die Handlung im Vordergrund stand, interessiert sich Woos Film eher für seine spektakuläre Action und die Dynamik der Figuren. So benötigt Hunt die Hilfe der feschen Nyah (Thandie Newton), die wenige Monate zuvor das Betthäschen von Ambrose war und nun für Hunt nach der Anfangsviertelstunde bereits die Beine breitmacht.
Das soll wohl Liebe sein und Hunts spezielle Motivation im Filmverlauf erklären, nachdem sich Nyah mit dem Chymera-Virus angesteckt hat. Die Handlung überzeugt also mehr schlecht als recht, während die Action zwar imposant choreographiert wurde, jedoch auch durch die Slow-Motion-Inszenierung auf Dauer recht eintönig wirkt.
Dem Erfolg tat dies aber keinen Abbruch - im Gegenteil. Weltweit war "Mission: Impossible II" der ertragsreichste Film des Jahres geworden. Ein Kunststück, das Cruise zuvor nur mit seinen Filmen "Top Gun" (1986) und "Rain Man" (1988) geschafft hatte - und anschließend nie wieder. Und dennoch sollte es sechs Jahre dauern, ehe die Trilogie vollendet wurde.
Die Verhandlungen bereiteten Probleme. Zuerst war David Fincher als Regisseur vorgesehen, dann Joe Carnahan - beide verließen das Projekt jedoch. Mit dem Serien-Schöpfer J. J. Abrams ("Alias", "Lost") fand Cruise dann einen willigen Regisseur, der seine Wünsche umzusetzen versprach. "Mission: Impossible III" wurde möglich gemacht.
Darin hat sich Ethan Hunt aus dem Agentenleben verabschiedet. Stattdessen steht eine Hochzeit (mit Michelle Monaghan) auf dem Plan - zumindest, bis sich die IMF bei ihm meldet. Hunts Protegé habe den Waffenhändler Owen Davian (Philip Seymour Hoffman) nach Berlin verfolgt, dort ging dann der Kontakt zu ihr verloren. Also kehrt der Held für eine Rettungsmission zurück.
Die läuft aber schief, Hunt steht am Pranger und nimmt daraufhin mit seinem Team auf eigene Faust Davian gefangen. Der Verbrecher droht daraufhin mit Mord und Totschlag gegen Hunts Verlobte, und weil sich bei IMF wie immer ein Verräter eingeschlichen hat, ist Davian alsbald auf freiem Fuß, Hunt ein Gejagter seines Arbeitgebers und die Frau seines Herzens in Gefahr.
Ähnlich wie im zweiten Teil wird somit erneut Hunts Privatleben zu seiner Motivation: erst die Rettung seiner ehemaligen IMF-Auszubildenden, dann die der Lebenspartnerin. Wenn man so will, ist "Mission: Impossible III" der "Lizenz zum Töten" unter den IMF-Filmen, kommt Davians mysteriöser Waffendeal "Rabbit's Foot" doch nie über einen MacGuffin-Status hinaus.
Daher ist die Handlung auch wenig fesselnd geraten, da lediglich das Leben zweier Frauen auf dem Spiel steht, zu denen der Zuschauer - im Gegensatz zu Hunt - keine Beziehung aufbauen konnte. Anscheinend war die Liaison mit Nyah von kurzer Dauer, was wiederum angesichts der Ereignisse im Vorgängerfilm die Frage nach der Intensität der Beziehung aufwirft.
Wie die Regisseure der anderen Teile prägt auch J. J. Abrams seinen Film, hier mit unverkennbarem "Alias-"Flair und oftmals übersaturierten Bildern. Das erste Viertel gerät dabei inhaltlich durch eine wenig bedeutungsvolle Rettungsmission und unnötige Rückblenden zu einer langatmigen und mühsamen Exposition - einer Story, die stets steril, leblos und kalkuliert durchgeplant wirkt.
Natürlich darf Luther (Ving Rhames) dabei als Helfer nicht fehlen, ebensowenig eine Abseilszene, Explosionen und die von Cruise höchstpersönlich durchgeführten Stunts. Wie "Mission: Impossible" kommt einem dieser Teil jedoch in den seltensten Fällen vor. Passend ist dann auch das rasch und lieblos abgespulte Finale, das plötzlich alle Figuren vereint, selbst die, die gar nicht vor Ort gewesen waren.
Indem Brian De Palma seinen ersten Teil noch erkennbar an die Elemente der Serie und Agentenfilme der damaligen Zeit angepaßt hatte, gab er "Mission: Impossible" einen gewissen Charme mit. Dagegen wirkten die qualitativ schlechteren Nachfolger lieb- und lebloser, während insbesondere "Mission: Impossible III" den Eindruck erweckte, als habe Ethan Hunt seinen Zenit inzwischen überschritten.
(Wie er sich nun in Zeiten von jüngeren Kollegen à la Bourne und Bond als Mittvierziger schlägt, ist im eben gestarteten "Phantom Protokoll" zu sehen.)
Bildtechnisch überzeugen die Filme auf der Blu-ray in chronologischer Reihenfolge immer besser, tontechnisch verhält es sich ebenso - zum High-Definition-Referenzprodukt fehlt jedoch entsprechende Qualität. Sehr ausführlich ist dagegen das Bonusmaterial, mit zahlreichen Featurettes zu den ersten beiden Teilen - darunter auch zwei exklusiv zu Cruise selbst - und jeweils einem Audiokommentar von John Woo und J. J. Abrams zu ihren Werken.
Florian Lieb
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