Video_Miami Vice
Mann, oh Michael!
Ferrari, Schnurrbart, freche Sprüche: Nicht das ausgekochte Schlitzohr ist wieder auf Achse, sondern es sind Michael Manns Drogenfahnder, die da kräftig auf die Tube drücken.
15.01.2007
Miami weiß, was Frauen wünschen. Obwohl - vielleicht hat Miami das auch längst vergessen ...
Im Gegensatz zur TV-Vorlage aus den 80er Jahren sind die Miami-Bullen im Kinofilm nämlich recht zaghaft unterwegs. Serien-Junkies erinnern sich nach wie vor gern an die farbenfrohen Anzüge der Detektive, das Krokodil, die beschlagnahmten Autos und den eindeutig ungesunden Espandrillos-Kult.
Heute scheint im genau berechneten Budget von 125 Millionen Dollar für sowas kein Platz mehr zu sein; Selbstironie und Charme haben in Buchhaltungsabteilungen nichts verloren. Deswegen zeigen sich Ricardo Tubbs und Sonny Crockett im neuen Jahrtausend durchgestylt, hart und kompromißlos. Gerade bei Sonny ist der Kontrast zwischen Designerklamotten und Rotzbremse viel zu hoch geschraubt. Farell sieht aus wie ein Ex-Kieberer aus Favoriten, den seine Vorgesetzten unbedingt beim nächsten Deal auffliegen lassen wollen, weil sie wissen, daß der Ferrari-Mundl in der Unterwelt zwar keine Seltenheit darstellt, aber ob seiner minderen Schauspielkünste bald durchlöchert sein wird wie ein Schweizer Käse. Nach "Alexander" oder "SWAT" wissen Filmfreunde über Colins Untalent natürlich längst Bescheid, lassen ihn aber immer wieder damit durchkommen - wahrscheinlich wegen seines treuherzigen Dackelblicks.
Jamie Foxx stellt Colin Farell ungeniert in seinen durchtrainierten Schatten und macht sich mit ihm auf, undercover gegen einen kolumbianischen Drogenhändler zu ermitteln, der anscheinend Geschäfte mit der Arischen Bruderschaft am Laufen hat. Sonny "Testosteron" Crockett läßt sich auf eine Liebschaft mit der asiatischen Gespielin des Drogenbosses ein und ignoriert verwegen die Zeichen der Gefahr.
An dieser Stelle geht auch der Zuschauer ein ziemliches Risiko ein: das des vorzeitigen Einschlafens. Regisseur Michael Mann setzt auf Erotik und Gefühl, aber zu oft, am falschen Ort und leider immer wieder. Bei Ricardo Tubbs mit seiner durchaus ansehnlichen Polizeikollegin machen diese prickelnden Szenen vielleicht noch Spaß, bei Colin alias Sonny schon nicht mehr so sehr, und beim Start des Liebesspiels zwischen dem vollbärtigen Drogenboß und seiner Freundin Isabella schneidet der Cutter dann Gott sei Dank den Film ab.
Der teilweise - wie schon "Collateral" - digital gedrehte Streifen "Miami Vice" vermittelt dank Wackelkamera und linearem Schnitt den Eindruck eines sehr aufwendig produzierten Pilotfilms. Aber das täuscht. Mann verlieh der Filmumsetzung seiner Serie nur die Ästhetik eines Fernsehfilms, erzählt die Story aber durchaus klassisch - und hätte einen richtigen Kinofilm daraus machen können.
Wenigstens mußte sich der Regisseur diesmal über das Sponsoring keine Sorgen machen. War es für die Serie in den Achtzigern noch ein Problem, einen Ferrari zu bekommen (oft mußte man sich mit Testarossa-Karosserien auf anderen Fahrgestellten zufriedengeben), so ließ sich die Luxusautofirma diesmal nicht lumpen und stellte einige ihrer Schlitten zur Verfügung.
Und das mit Recht: Michael Mann ist und bleibt ja wirklich ein begnadeter Filmemacher, der sich bei "Miami Vice" nur etwas zu sehr auf seine Routine verlassen hat.
Vielleicht klappt´s ja nächstes Mal wieder ...
Nikolaus Triantafyllidis
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