Von den einstigen drei Grundsubstanzen des gepflegten Motorradfahrerlebens gibt es in Larry Bishops Biker-Streifen wirklich reichlich. Statt all der Gurgelschlitzereien und Nackedeis hätte er sich jedoch lieber mehr auf das Erzählen seiner ohnehin genretypischen Story konzentrieren sollen.
09.07.2009
Es hätte der ultimative Biker-Film werden sollen, eine Hommage an die guilty pleasures aus dem Hause A.I.P. Regisseur/Autor/Hauptdarsteller Larry Bishop hatte Großes vor, als er mit Unterstützung von Quentin Tarantino und den Weinsteins sein "Hell Ride"-Projekt aus der Taufe hob. Prädestiniert dafür war er auch; immerhin hatte der Sprößling von Rat-Packer Joey Bishop schon seinerzeit in "The Savage Seven" und Konsorten so manchen Chromgaul zu Tode geritten. Herausgekommen ist dabei aber leider nur viel heiße Luft (und ein gelungener Soundtrack).
Worum es geht? Der Biker Pistolero (Bishop), Anführer der Victors, versprach einst seiner Liebsten, im Fall des Falles auf ihren Sohn aufzupassen. Prompt schneidet ihr ein Bösewicht die Kehle durch, übergießt sie vor den Augen des Filius mit Benzin und flambiert sie. 32 Jahre später kommen alle Beteiligten wieder zusammen. Kugeln und Harpunengeschosse fliegen durch die Luft, während die dröhnenden Motoren der Maschinen die Kakteen entlang der Route 66 zu Spaghetti-Western-Sounds und alten Biker-Krachern zum Wackeln bringen. Gemeinsam mit seinen Kumpanen The Gent (Michael Madsen) und Comanche (Eric Balfour) tritt Pistolero gegen die "SixSixSixers"-Gang (!) unter der Führung von The Deuce (David Carradine) und dessen Henker Billy Wings (Vinnie Jones) an. The Deucezeichnete nämlich seinerzeit für den richtigen Schnitt bei Pistoleros Liebster und - genau - Comanches Mutter verantwortlich. Mit der Hilfe Dennis Hoppers sorgt das Trio schließlich für ausgleichende Gerechtigkeit.
Warum wir Ihnen das so genau erzählen? Weil von der netten Genre-Geschichte im Film nicht viel zu sehen ist. Da hagelt es stilisierte Freeze-Frame-Vorstellungen, ineinander verschachtelte Rückblenden, aufgesetzte Dialoge - und man fragt sich während der ersten zwei Drittel des Films, warum man sich das überhaupt anschaut. Zumal gerade Bishop wie eine frisch aus dem Beauty-Salon entlaufene Schaufensterpuppe mit stets frisch gestutztem Bärtchen herumstolziert ...
Von der rebellischen Geisteshaltung der seinerzeitigen Biker-Streifen ist in "Hell Ride" übrigens nichts zu finden, stattdessen gibt es ein paar Gangster auf Rädern. Und die waren in den Action-Baddies "Stone Cold" und seiner Variation "Beyond the Law" weitaus fieser.
Kurzum: Wenn Sie mit den erwähnten Schlagworten, den Schauspielern oder Tracks von Les Baxter oder Davie Allan and the Arrows nichts anfangen können, sparen Sie sich den Höllenritt. Ansonsten lehnen Sie sich zurück und schauen Sie zu, wenn Hopper dumme Sprüche klopft, Madsen mit breitem Grinser auf der Maschine sitzt (wahrscheinlich freut er sich, daß er nüchtern ist) oder den großartigsten Filmmoment liefert ("I´m an owl!"). Am besten, Sie leihen sich "Hell Ride" gleich gemeinsam mit "Zombie Strippers" und "Sukiyaki Western Django" aus und gönnen sich ein modernes Grindhouse-Triple-Feature.
Apropos Grindhouse: Die deutsche "Hell Ride"-DVD ist zwar in der Schlußkonfrontation um knapp 27 Sekunden gekürzt, die Ausstattung jedoch recht ordentlich. Neben diversen Featurettes (die uns mehr über die Geschichte und ihre Figuren verraten als der Film selbst) gibt es einen unterhaltsamen Audiokommentar von Larry Bishop nebst Kameramann Scott Kevan. Bishop sprüht vor Begeisterung für das Projekt und guten Absichten, palavert über den gemeinsamen Arbeitsprozeß, "the nothingness", Erotik - und offenbart dabei Gedankengänge wie "I don´t want to marginalize the casual pussy". Genau. Wir haben jetzt jedenfalls das dringende Bedürfnis, uns "Satan´s Sadists" oder "Devil´s Angels" anzusehen ...
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