Video_Junebug
Culture Clash
Eine ambitionierte Kunsthändlerin trifft auf die bodenständige Familie ihres Ehemanns. Regisseur Phil Morrison reichert die Kollision zweier Welten mit viel erdigem Charme an.
26.09.2008
Die frisch verheiratete Kunstagentin Madeleine (Embeth Davidtz) versucht den einsiedlerischen Maler David Wark (Frank Hoyt Taylor) unter Vertrag zu nehmen. Sie will dem kauzigen Eremiten persönlich einen Besuch abstatten, um den erhofften Deal vor Ort unter Dach und Fach zu bringen. Da Wark nur einen Steinwurf entfernt von der Familie ihres Gatten George (Alessandro Nivola) residiert, bietet sich auch gleich der Antrittsbesuch bei den Schwiegereltern an. Der Erstkontakt wird zur Prüfung für die kultivierte Madeleine, die sich tapfer Georges konservativ-skeptischer Sippschaft im ländlichen North Carolina stellt. Von der resoluten Mutter Peg (Celia Weston) wird sie argwöhnisch begutachtet und schließlich als Fremdkörper identifiziert, während der passive Schwiegervater Eugene (Scott Wilson) undurchschaubar im Hintergrund verbleibt und ihr die Ablehnung durch Georges jüngeren Bruder Johnny (Benjamin McKenzie), der frustriert mit seiner hochschwangeren Frau Ashley (Amy Adams) unter dem Dach der Eltern wohnt, unverhohlen entgegenschlägt. Unterstützung erfährt Madeleine durch die lebensfrohe Ashley, deren kindliche Neugier und überschwengliche Herzlichkeit keine Grenzen kennen.
In "Junebug" trifft eine weltoffene Kunstliebhaberin mit einer Schwäche für bizarre "Outsider"-Malerei auf die kleinbürgerliche Familie ihres beliebten Mannes, der die provinziellen Eigentümlichkeiten seines Clans einst hinter sich gelassen hat. Die Heimkehr in die vertraute Umgebung hat eine neutralisierende Wirkung auf George, der seiner Gattin bei ihren Bemühungen, sich in dieser für sie fremden Welt zu integrieren, nicht mehr beistehen kann.
Ganz unaufdringlich beschreibt Phil Morrison, der den Film nach einem Skript von Angus McLachlan inszeniert hat, die Entdeckungsreise der Außenseiter-Protagonistin und vermeidet es dabei, die stark voneinander divergierenden Wertvorstellungen der handelnden Personen eindeutig zu beurteilen. So mögen Madeleines Bewunderung der vermeintlich abstrusen Kunst David Warks schlichtweg absurd und Ashleys unkritischer Gefühlsüberschwang anfänglich penetrant und kindisch anmuten - eine klare Bevorzugung oder Herabsetzung der unterschiedlichen Weltanschauungen unterläßt Morrison jedoch, auch wenn sich die sprühende Natürlichkeit Ashleys letztlich als geradezu unwiderstehlich erweist und den Zuseher eher auf ihre Seite zieht.
Überhaupt ist Amy Adams´ Performance eine nähere Betrachtung wert: Reizend vor sich hin schnatternd, gibt sie hier die Unbedarftheit in Person ab. Der unerschütterliche Optimismus der jungen Südstaatenschönheit Ashley, deren unfertiger Gatte kaum in der Lage scheint, der künftigen Verantwortung für das erste gemeinsame Kind gewachsen zu sein, hat etwas Rührendes und Wahrhaftiges. Der deutlich reservierter agierende Rest der Familie tritt angesichts dieser unverblümten Charme-Attacke ein wenig in den Hintergrund, nicht aber ohne dabei selbst feine Akzente zu setzen: Embeth Davidtz spielt den mißtrauisch taxierten Neuankömmling selbstbewußt und gewinnend. Benjamin McKenzie als rebellierender, beinahe funktionsloser Ehemann Ashleys nimmt seine Position als unberechenbarer Loser ein, derweil das ungleiche Elternpaar - die prüfende Mutter und der sanftmütige Vater - das Ensemble kontrastreich abrunden.
Mit einfachen Mitteln in Szene gesetzt, gelingt "Junebug" vor allem durch seine ehrlich wirkende Ungezwungenheit. Voll ausgeschöpft wird das dramatische und humoristische Potential zwar nicht, dafür fährt der Film mit Amy Adams eine bezaubernde Darstellerin und zugleich ein Versprechen für die Zukunft auf.
Dietmar Wohlfart
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