Video_Infernal Affairs I & II
Maulwürfe unter sich
Wie ist das, wenn man niemandem mehr trauen kann? Vielleicht nicht mal sich selbst? Andy Lau und Tony Leung begeben sich in dieser vielprämierten Filmreihe ins Herz der Dunkelheit.
17.05.2005
Der Cop ist ein Gangster und der Gangster ein Cop. Der Gute ist böse und der Böse gut. Oder? So einfach und doch so komplex und undurchschaubar nimmt sich die Ausgangssituation von "Wu jian dao" ("Infernal Affairs") aus: Der Gangster Ming (Andy Lau) wird in jungen Jahren von Triadenboss (Eric Tsang) bei der Hongkonger Polizei als Maulwurf infiltriert. Zur gleichen Zeit wird Yan (Tony Leung) vermeintlich unehrenhaft aus der Polizeischule ausgeschlossen, allerdings mit dem Ziel ihn aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten gleichfalls als Undercover-Spitzel bei den Triaden einzuschleusen.
Über die Jahre wird Ming zum respektierten Polizisten während Yan sich langsam und erfolgreich zur rechten Hand seines Paten hocharbeitet. Keiner der beiden weiß von der Existenz des anderen. Als jedoch eine Razzia anläßlich eines großen Drogendeals gründlich schiefläuft, läßt das die Bosse beider Seiten, sowohl den Paten als auch den Polizeiinspektor (Anthony Wong) vermuten, daß daran ein gut versteckter Verräter in den eigenen Reihen Schuld tragen muß. Ausgerechnet Ming bzw. Yan werden daraufhin beauftragt, den Maulwurf - der sie ja jeweils selber sind - aufzuspüren. Ein infernalisches Katz-und-Maus-Spiel beginnt: Wer aber nur ist der so spiegelgleiche Gegenspieler? Wie weit kann man sich bei seiner Suche nach ihm aus dem Fenster lehnen, ohne dabei selbst entdeckt zu werden? Wem kann man überhaupt vertrauen? Was ist Realität, was Täuschung der Gegenseite?
Das Filmemachergespann Andrew Lau und Alan Mak destilliert aus dieser an sich schon packenden, regelrecht klassischen Film-Noir-Ausgangslage einen hocheffektiven Paranoia-Thriller, der einem schlichtweg den Boden der Realität unter den Füßen wegzieht. Vermeintlich feste Koordinaten wie Lüge/Wahrheit oder Gut/Böse lösen sich unwiederbringlich auf in einer (ewigen) Hölle aus Verrat, falscher Loyalität und verlorener Ehre. Einer Hölle, die sich in ihren slicken Glas-, Stahl- und Chromoberflächen - selten wirkte Hongkong so durchstilisiert - all zu verführerisch und täuschend vermittelt und dadurch die Abgründe der Protagonisten nur noch eklatanter offenlegt.
Gerade diese tiefwurzelnden Abgründe, die sich in einer allumfassenden Paranoia entladen, machen den fatalen Reiz von "Infernal Affairs" aus. Keiner kommt aus der Geschichte unbeschadet raus - und jeder weiß das. Zwangsweise fühlt man sich an die Glanzzeiten des Frühneunziger-Hongkong-Actionkinos erinnert, an Meisterwerke von John Woo oder Ringo Lam. Nicht zuletzt deshalb läutete Laus und Maks Streifen eine kleine Renaissance des zuletzt schon etwas angestaubten Genres ein und räumte 2002 bei den "Hongkong Oscars" den Hauptpreis in so gut wie jeder wesentlichen Kategorie ab. Zum veritablen Blockbuster wurde er dabei nicht nur in seiner Heimat. Logisch also, daß Lau und Mak noch zwei weitere Teile drehen konnten: die die näheren Umstände erörternde Vorgeschichte aus Sicht von Triaden- und Polizeiboß ("Infernal Affairs II") sowie ein Sequel, das die dünne Linie zwischen Wahn und Wirklichkeit auch für den Zuseher ins Unkenntliche verwischen läßt.
Zumindest die ersten beiden Teile gibt es nun via MC One auch als üppig mit Features ausgestattete Doppel-DVD-Editionen zu erwerben. Klare Empfehlung an dieser Stelle.
Christoph Prenner
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