Video_Im Schatten des Mondes
Denkmäler des Alls
Die vorliegende Raumfahrer-Doku setzt den ewigen NASA-Heroen einen weiteren Gedenkstein und wandelt mit Erfolg auf dem schmalen Grat zwischen Information und Emotion.
16.07.2009
Staunen, Anspannung und ein kurz vor dem Ausbruch stehender Euphoriestau zeichnen sich auf den Gesichtern jener Frauen und Männern unterschiedlichen Alters, verschiedener Hautfarbe und idealerweise gar sozialer Herkunft ab. Das archivierte Mienenspiel wurde digital aufgefrischt und mit Orchester-Score samt Chorbegleitung unterlegt. Vor den Augen der hier abgefilmten Menschen, auf dem Gelände des Kennedy Space Center in Florida, steigt eine Saturn-Rakete majestätisch empor und schlägt schließlich eine historische Bahn ein: Am 16. Juli 1969 befördert das überdimensionale NASA-Projektil die eingekapselte, dreiköpfige Crew - Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins - in die Weiten des Alls, Richtung Mond.
Um das Interesse an einem mehr als vier Jahrzehnte hinweg exzessiv dokumentierten Ereignis dieser Größenordnung aufs neue zu entfachen, machte sich das Team hinter "Im Schatten des Mondes" an eine hochprofessionelle Wiederaufbereitung mit hohem Nostalgiefaktor und engagierte die viel besungenen Helden von einst als interstellare Lagerfeuergeschichtenerzähler. So fabulieren Aldrin und seine Weggefährten, exklusive Neil Armstrong - der ist nur auf Archivmaterial zu finden - über die historischen Apollo-Missionen, liefern Hintergrundinformationen und versuchen einstmals durchlebte Gefühlswelten zu rekonstruieren. Dabei nimmt "Zweitbesteiger" Buzz Aldrin, der nach wie vor medienpräsenteste der Apollo-11-Musketiere, den Platz als eigentlicher Orchestrator der Mission ein, während Mike Collins seine Hintergrundrolle als stationärer Kapselkommandeur während der Mondspaziergänge seiner Kameraden wohl bis heute nicht verkraftet hat.
Nichtsdestotrotz sind Collins´ Ausführungen, ebenso wie die seiner einstigen Berufskollegen, stets informativ und weitgehend unterhaltsam - und gewinnen zudem durch die edle audiovisuelle Unterstützung. Das präsentierte Bildmaterial ist nämlich von erlesenster Güte: Die spektakulären Raketenstartaufnahmen und Weltraum-Montagen in Superzeitlupe - allesamt bestmöglich digital poliert - werden von mythischen Archivschnipseln aus den stürmischen 60er Jahren ergänzt und durch einen orchestralen Soundtrack eingerahmt. Ein Fest für Augen und Ohren also, das die nostalgischen Anekdoten-Keulenhiebe der erlesenen Altherrenrunde wunderbar unterstützt.
Natürlich ist das alles schamlos manipulativ - und wird auch von den Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit überschattet: Nach dem massiven Renommeeverlust, den Amerika während der Bush-Jahre erlitten hat, scheinen die glanzvollen Wundertaten dieser alten Knaben noch weiter entrückt, als das nur vier Jahrzehnte später notwendig wäre.
Letztlich ergänzt das englische Doku-Werk aber die gediegenen Leinwand- und Fernsehproduktionen der jüngeren Vergangenheit - Ron Howards im Kino erfolgreichen und seit Jahren in TV-Dauerrotation gefangenen Kino-Beitrag "Apollo 13" oder den preisgekrönten TV-Hochglanz-Mehrteiler "From The Earth To The Moon". Im Zuge der bevorstehenden Festivitäten zum 40-Jahre-Jubiläum des NASA-Magnum-Triumphs - der geheiligten Apollo-11-Odyssee - lohnt ein Blick auf den "Schatten des Mondes" jedenfalls, und wenn auch nur als seriöse Alternative zu der dann wahrscheinlich aus aktuellem Anlaß ebenfalls wieder ausgestrahlten "Simpsons"-Klassikerepisode "Deep Space Homer", in der Buzz Aldrin seinen selbstironischen Gastauftritt absolviert.
Dietmar Wohlfart
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