Video_The Illusionist
Die große Eisenheim-Show
Die besten Zaubertricks sind meist die einfachsten. Das muß sich auch Neil Burger bei seiner zweiten Regiearbeit gedacht haben. Ganz ohne Zaubersalz, dafür mit Ed Norton und Jessica Biel in den Hauptrollen, liefert er einen Hauch von Magie.
04.02.2009
Im Wien des frühen 20. Jahrhunderts erstaunt der junge Magier Eisenheim (Edward Norton) die Massen. Seine Tricks erscheinen gewagter und effektvoller als die der Konkurrenz und stellen die Zuseherschaft vor eine besondere Herausforderung. Der einsiedlerische Eisenheim scheint nämlich mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet, wenn nicht gar mit dem Teufel im Bunde. Schließlich weckt der populäre Illusionist auch das Interesse des herrschsüchtigen Thronfolgers Prinz Leopold (Rufus Sewell), der Eisenheims Geheimnis auszuforschen versucht - und daran spektakulär scheitert.
Der unberechenbare Tyrann schmiedet Umsturzpläne gegen den Kaiser und strebt nach der Macht über das Großreich Ungarn; den Weg zum Thron soll ihm seine zukünftige Braut ebnen. Dummerweise besteht zwischen der Herzogin Sophie von Teschen (Jessica Biel) und Eisenheim eine Verbindung. Die beiden waren in Jugendtagen ein - durch unterschiedliche soziale Herkunftsschichten verunmöglichtes - geheimes Liebespaar. Angesichts des unverhofften Wiedersehens beginnen ihre Gefühle wieder zu brodeln ...
2006 konsolidierte Christopher Nolan seinen beeindruckenden Lauf mit dem eiskalten Magier-Rachedrama "The Prestige". Während der spätere "Dark Knight"-Erfolgsregisseur zumindest kurzfristig ins Rampenlicht tauchte, blieb Neil Burgers Debütwerk "The Illusionist" der breiten Öffentlichkeit nahezu völlig verborgen. Dabei bietet letzterer doch bekömmliche Unterhaltung in klassisch-romantischer Hollywood-Manier. Das leicht angestaubte erzählerische Fundament entstammt einer Kurzgeschichte Steven Millhausers: eine unerreichbare, da bereits anderweitig vergebene Schöne, für die eine alte Liebe neu entflammt; ein einzelkämpferischer Held, der gegen einen übermächtigen, von grundauf bösen Schurken aufbegehrt; die selbstverständliche Tragödie, die sich entwickeln muß.
Um die möglicherweise fehlende erzählerische Tiefe zu kaschieren, verpaßte Regisseur Burger seiner Story einen auffallend hübschen Anstrich. So versieht er die altmodische, fast märchenhaft kitschige Vorgeschichte um die jugendliche Sophie und den angehenden Jungzauberer mit traumseqenzähnlichem Glanz. Anachronistisches Sepia fließt ein und verstärkt den malerischen Bilderfluß. Ähnliche Techniken werden auch später während Eisenheims Zaubervorstellungen - den spannungs- und stimmungsmäßigen Höhepunkten des Films - eingesetzt. Nicht immer perfekte, aber nichtsdestotrotz wirkungsvolle Spezialeffekte und ein schöner, typischer Philip-Glass-Score sorgen für zusätzliche Atmosphäre.
Eisenheim: "Are you completely corrupt?"
Chief Inspector Uhl: "No, not completely, which is why I´ll advise you not to accuse anyone."
Die Hauptfiguren sind relativ einfach gestrickt. Vor allem Leopolds stumpfe Eindimensionalität als megalomanischer Choleriker fällt negativ auf. Edward Norton - ohnehin als Meister des undurchsichtigen, ambivalenten Spiels bekannt - füllt seinen Part jedoch mehr als routiniert aus. Wenn er als gefeierter Zauberer die Bühne betritt, beherrscht er mit seiner eindringlichen Präsenz nicht nur das Statistenpublikum. Echten Spielwitz vermag auch Paul Giamatti in seiner Funktion als wachsames, in einer moralischen Grauzone operierendes Polizeiorgan einzubringen.
Nur im Finish strauchelt der audiovisuell gelungene - und während Eisenheims famoser Bühnenauftritte sogar filmischen Zauber versprühende - "Illusionist". Burger läßt hier das nötige Fingerspitzengefühl vermissen. Doch auch wenn die Eisenheim-Show nicht an Nolans konsequenteres Magierduell heranreicht, weiß sie zu bezaubern. Oder, um es mit den Worten des Illusionisten zu sagen: "My intention has only been to entertain, nothing more."
Dietmar Wohlfart
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