Video_Happy Tree Friends, Vol. 1+2

Tierquälerei scheibchenweise

Bei den niedlichen Terrortierchen werden die Sehnerven bis zum Zerreißen gespannt. "South Park" war gestern - die Ablösung kommt aus dem Baum.    01.10.2004

Weil die Supermärkte uns schon jetzt Schokokekse reindrücken wollen, folgen nun als Rache erste Verschenktips. Zum Beispiel die Abenteuer von Nutty, Lumpy, Sniffles, Cuddles, Giggles, Lifty & Shifty und anderen possierlichen Comic-Freunden. Sie leben in einer wunderbaren Zeichentrickwelt, in der Kulleraugen noch groß, Himmel noch babyblau und Lutscher noch aus Zucker sind. Doch die pastellfarbene Idylle trügt: Die heiteren Baumfreunde hauchen ihr Leben meist schneller aus, als ein Kulturkritiker "Das ist krank!" keuchen kann.

Um es ganz deutlich zu sagen: Bei "Happy Tree Friends" kommen unschuldige Comic-Wesen auf grausame, geschmacklose und gewalttätige Art und Weise um. Auf "Vol. 1: First Blood" enden 14 von 14 Episoden tödlich, auf "Vol. 2: Second Serving" sogar 19 von 19. Itchy und Scratchy wirken im Vergleich dazu wie eine politisch korrekte Variante der "Teletubbies". Hier haben nicht einmal die DVD-Extras ein Happy-End.

Die Storys stellen niemanden vor Rätsel. Summend, glucksend und jauchzend betreten Kuschelhäschen, zuckersüchtige Eichhörnchen, gackernde Streifenhörnchen, brillentragende Ameisenfresserchen, handamputierte Biberchen und andere prädestinierte Opferchen die Szene. Überall dort lauern Tretfallen, lose aufgehängte Schilder, Steckdosen und Flugzeugturbinen. Schon bald explodiert ein Grill, ein Fahrrad gerät außer Kontrolle, ein Karussell dreht durch, Popcorn poppt im Bauch, oder Flippy, das traumatisierte Kriegsveteranen-Bärchen, läuft Amok (wahrscheinlich zu viele Gewaltfilme gesehen). Schnell ist das Geschrei groß, Augen poppen aus den Höhlen, Blut spritzt literweise, (Comic-)Leichenteile und Knochen fliegen durch die Luft, es wird gebrannt, ersoffen, abgefackelt, zerquetscht, verwurstet und gehäckselt, was das Zeug hält.

 

Das ist so brutal lustig, daß man die DVDs nicht nur jedem Herbstdepressiven aufdrängen möchte. Dreimal täglich eine Episode versöhnt sonnige Gemüter selbst mit den Nachrichten. "Sprache" existiert keine, denn die niedlichen Tierchen lachen, quietschen, schreien und explodieren in akzentfreiem Internationalisch. Alle Episoden lassen sich optional mit überflüssigem Audiokommentar genießen, in dem sich die US-Macher kichernd und sinnfrei zu ihrem Werk äußern.

Sehr schnuckelige Extras stellen die jeweils vier "Smoochies" dar: Je ein Baumfreund ist dabei in einem Comic-Bild gefangen und läßt sich per DVD-Fernbedienung einer von drei letalen Torturen aussetzen - ein Riesenspaß, wenn auch nicht für die ganze Familie. Weitere Extras sind unveröffentlichte Episoden, verschiedene "Making ofs" (erste Skizzen, Sound-Effekte) und anderes, sinnloses Zeug - zum Beispiel ein Interview mit dem Character Cro-Marmot, der in einem Eisblock steckt und sich entsprechend wortkarg gibt.

Sparfüchse und Geizhälse ziehen sich die Metzel-Mini-Movies gratis im Web rein, denn dort haben die "Happy Tree Friends" als Flash-Filme angefangen. Wallpaper und unvergeßlich nervtötender MP3-Titelsong sind dort nach wie vor zu haben, sowie eine freie Episode pro Woche. Wer Mamis und Freundinnen schocken möchte, greift aber besser zu den unschuldig-bunten DVDs. Daß die trotz scheinbar langer Laufzeit effektiv nur je eine halbe Stunde Schlachtplattenschau bieten, macht der Preis von unter zehn Euro wieder wett.

 

Andreas Winterer

Happy Tree Friends, Vol. 1: First Blood

ØØØØ


MC One (USA 2002)

DVD Region 2

140 Minuten

Regie: Rhode Montijo, Kenn Navarro

 

Links:

Happy Tree Friends, Vol. 2: Second Serving

ØØØ 1/2


MC One (USA 2003)

DVD Region 2

145 Minuten

Regie: Rhode Montijo, Kenn Navarro

 

Links:

Kommentare_

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #55

Aussterben, Toxoplasma gondii & Coronuminatus!

Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #54

Ulysses versus Bonanza

Einsames Aufräumen ist das gemeinschaftliche Feiern unserer Zeit. Entsprechend miste auch ich ununterbrochen aus - Medien zum Beispiel, weil die sowieso verzichtbar sind. Vor allem Bücher werden völlig überschätzt.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #53

Sie müssen heute mal ohne diese Kolumne auskommen

Einige wenige Wohlgesonnene, es werden wöchentlich weniger, warten seit gefühlten Äonen auf diese neue Kolumne - und dabei wird es auch bleiben, und ich rate sowieso ab.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #52

Entfolgen: einer der wenigen Vorteile des Alters

Immer wieder ist von junger Literatur die Rede, und wenn davon die Rede ist, dann nicht von uns. Und das ist nur einer der vielen Vorteile des Alters, über die unser gealterter Star-Kolumnist Sie heute informieren wird.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #51

Kolumnist schreibt erstmals was zu K2-18b auf unnötigen Kanälen

Wenn Sie nicht wissen, was "Social Media" oder "K2-18b" sind, dann können Sie eigentlich gleich aufhören zu lesen. Aber auch sonst raten wir wie immer von der Lektüre dieser irrelevanten Kolumne ab, in der es zwar heute mal um was geht, aber um nichts Wichtiges.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #50

Das Leben ist ja doch ein Ponyhof!

Immer wieder fallen uns Sprachzombies mit halbverrotteten Phrasen an. Zumindest dieser einen sollten wir einen Headshot verpassen.