Video_Friday Night Lights - Touchdown am Freitag
Wir waren Helden
Ein High School-Footballteam kämpft gegen Erwartungsdruck, Verletzungspech und die Bürde der Geschichte: Touchdown für Schauspieler-Regisseur Peter Berg.
25.07.2005
Wenn an den texanischen High Schools der alljährliche Startschuß zur Football-Pre-Season erfolgt, verfällt die Kleinstadt Odessa traditionell in einen massiven Football-Rausch. Während der Ausscheidungsphase für die Play-Off-Runde konzentriert sich das gesamte Stadtvolk auf die wettkämpfenden Teenager. Im Jahre 1988 soll die State-Trophy, die dem Gewinner des innertexanischen Tournierkampfes winkt, endlich wieder nach Odessa geholt werden. Coach Gary Gaines (Billy Bob Thornton) obliegt es, die junge Truppe auf Vordermann zu bringen. Wunderläufer Boobie Miles (Derek Luke) treibt die Erwartungshaltung in gefährliche Höhen. Der exaltierte Miles, auf dessen Schultern ein Großteil der Offensivkraft des Teams ruht, wird als Wunderwaffe der "Permian Panthers" gehandelt. Er soll die gegnerischen Abwehrreihen durcheinanderwirbeln, der Mannschaft einen beflügelnden Motivationsschub verpassen und sie in Richtung Titelgewinn mitreißen. Was geschehen kann, wenn man die Erfolgsaussichten seiner Mannen an die Leistungskapazität eines einzelnen Spielers koppelt, muß die mitfiebernde Bevölkerung Odessas bereits während des Eröffnungsspiels auf schmerzhafte Weise erfahren: Running Back Boobie Miles erleidet kurz vor Ende der Partie - seine "Panthers" liegen zu diesem Zeitpunkt bereits uneinholbar in Führung - eine schwerwiegende Verletzung und fällt für den Rest der Saison mit Aussicht auf ein vorzeitiges Karriereende aus. Das Team - und mit ihm die gesamte Einwohnerschaft Odessas - steht nach dem sportlichen Supergau unter Schock.
"Friday Night Lights" basiert auf dem gleichnamigen Non-Fiction-Bestseller Buzz Bissingers. Dessen Cousin, Schauspieler ("Cop Land") und Regisseur ("Very Bad Things") Peter Berg, verfilmte die sportliche Heldensaga durch die Anwendung zeitgemäßer Stilmittel: Rasante Handkamerafahrten und harte Schnittfolgen vermitteln ein realistisches Bild der hektisch-brutalen Rasenschlachten. Auf dem Spielfeld kämpfen die jugendlichen Heroen Odessas um ihre Chance auf sportliche Unsterblichkeit. Es ist ein Kampf an mehreren Fronten, den die durch Dauerdrill gestählten Jungathleten auszufechten haben. Den Hoffnungsträgern Odessas wird die ganze Last der Sportgeschichte der "Permian High School" aufgeschultert. So stehen die "Panthers" unter intensiver Beobachtung der ehemaligen örtlichen State Trophy-Champions, die ein Versagen keinesfalls tolerieren. Außerdem müssen sich die Knaben in familieninternen Krisenherden behaupten: Der introvertierte Quarterback Mike Winchell (Lucas Black) windet sich unter dem Kontrollwahn seiner besitzergreifenden Mutter. Und Mädchenschwarm Don Billingsley (Garret Hedlund) steht im Stellungskrieg mit seinem Vater (Tim McGraw), einer örtlichen Footballlegende: Charles Billingsley treibt seinen Sohn mit rücksichtloser Härte voran. Durch einen Sieg des Juniors erhofft er sich ein Wiederaufleben der glorreichen Tage seiner eigenen, längst verblasten Schulzeit. Auch der umsichtige Coach Gaines - Billy Bob Thornton meistert seinen konservativen Rollentypus souverän - wird zusehends in die Ecke gedrängt, die Football-fixierte Schulleitung setzt ihm das Messer an.
Die "Permian Panthers" kämpfen verbissen ums sportliche Überleben. Scheitern sie, so ist der Weg in eine spätere Profikarriere für die einzelnen Partizipanten wahrscheinlich für immer verbaut. Das Dilemma des Underdog-Teams, daß über sich hinaus wachsen muß um eine Chance zu haben, wirkt echt und emotionsfördernd. Dies ist die große Stärke von "Friday Night Lights": Der Film generiert eine feste Bindung an seine jungen Hauptcharaktere, deren sportliche Lebenserwartung am seidenen Faden hängt. Peter Berg verpaßt seinem Sportlerdrama Spannung und Herz - und bereichert damit ein unterrepräsentiertes Subgenre.
Dietmar Wohlfart
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