Video_First Snow

Wenig Lärm um nichts

Regisseur Mark Fergus schickt Guy Pearce auf eine Reise ohne rechtes Ziel. Ein wahrsagender Eremit prophezeit einem öligen Verkäufer dessen baldigen Tod. Und das ganze Drama endet im erzählerischen Nirgendwo.    08.07.2009

Verkäufer Jimmy Starks (Guy Pearce) erleidet eine Autopanne fernab jeglicher Zivilisation. Um die Wartezeit bis zur Reparatur zu überbrücken, sucht er den lakonischen Zukunftsdeuter Vacaro (J. K. Simmons) auf. Für den weltlichen, stets profitorientierten Starks, der eigentlich nur seine Neugier und seinen Unterhaltungsdrang befriedigen möchte und auf die Prognosen von Wahrsagern prinzipiell wenig gibt, eröffnen sich neue, wenngleich nicht ausschließlich positive Perspektiven, als sich die Vorhersagen schrittweise bewahrheiten. In seiner Vision sagt Vacaro nämlich Jimmys Untergang vorher, der sich zur Zeit des ersten Schneefalls ereignen soll.

 

In der Grundprämisse von "First Snow" liegt Potential: Wie wird Jimmy mit seinem Todesurteil umgehen? Wird er seine Angelegenheiten regeln und die Chance zu einer letzten Läuterung vor dem nahenden Ende wahrnehmen? Oder wird er versuchen, der Vorsehung ein Schnippchen zu schlagen? Und, falls ja, welche kreativen Mittel wird er dabei einsetzen?

Doch Regisseur und Drehbuchautor Mark Fergus unterläßt es, seinen Protagonisten mit dementsprechenden Möglichkeiten auszustatten, kann sich lange Zeit auf keine bestimmte Richtung festlegen und läßt Jimmy - und mit ihm den gesamten Film - schließlich im narrativen Nirwana zurück. Die recht vielversprechende Ausgangssituation wird somit verschenkt: Jimmy Starks, ein vor Selbstbewußtsein strotzender Geschäftemacher und stets Herr der Lage, wird urplötzlich mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert. Kein verkäuferischer Winkelzug wird ihn retten, kein noch so ausgefuchstes Manöver vor dem Tod bewahren.

Unter dieser Voraussetzung ergibt das Casting von Guy Pearce Sinn: Desorientiert, getrieben und einem Mysterium auf der Spur - das weckt Erinnerungen an den überambitionierten "L. A. Confidential"-Ermittler Ed Exley oder den in seinem ganz speziellen "Zustand" gefangenen Leonard aus "Memento". Und so ist es auch Pearce zu verdanken, daß sich "First Snow" eine Zeit lang ansprechend hält. Man will, daß der nicht wirklich sympathische, latent schmierige Zeitgenossen trotz allem eine Chance kriegt, sein Schicksal herauszufordern.

Bedauerlicherweise bleibt der kompetente Hauptdarsteller schlichtweg unterbeschäftigt, und die unterstützende Darstellerriege fungiert nur als Beiwerk: Piper Perabo als von Jimmy im Dunkeln zurückgelassene Lebensgefährtin und William Fichtner, der den befreundeten Saufkumpan Ed - einen Kumpel aus der Verkäuferbranche - gibt, kommen über ihre Funktion als bloße Stichwortgeber nicht hinaus. Positiv fällt lediglich J. K. Simmons auf, der Peter "Spidey" Parkers ultracholerischen Vorgesetzten hier mit seiner stillen, ehrlichen Wahrsagerfigur zum Schweigen bringt.

Die audiovisuelle Seite ist dezent: Langsam montierte, zuweilen recht hübsch anzusehende Bildabfolgen werden von sparsamer Akustikgitarre und auswechselbaren Synthie-Klängen unterlegt. Damit sollte wohl der angestrebten metaphysischen Stimmungsebene Rechnung getragen werden, doch die erreicht "First Snow" ohnehin nie. Vielmehr verlieren sich Atmosphäre, Handlung und Darsteller einfach im titelgebenden Schneegestöber ...

Dietmar Wohlfart

First Snow

ØØ 1/2

Leserbewertung: (bewerten)

Sony Pictures (USA 2006)

DVD Region 2
98 Min. + Zusatzmaterial, dt. Fassung oder engl. OF

Features: Trailer

Regie: Mark Fergus

Darsteller: Guy Pearce, Piper Perabo, William Fichtner u. a.

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