Video_Duel Project
Wenn zwei sich streiten
Hier liefern sich nicht nur zwei Schauspieler ein witzig hitziges Duell bis in den Tod, sondern auch zwei Regisseure, die ihre Fehde auf interessant verschiedene Weise austragen.
25.05.2005
Es ist eigentlich eine Schnapsidee, die den beiden japanischen Jung-Regisseuren angeblich vor ein paar Jahren während eines Kneipenbesuches anlässlich des Asien-Filmfestivals CineAsia in Köln kam: Man könne sich ja mal filmisch duellieren, zum Beispiel mit Hilfe zweier Filme, in denen sich zwei Kontrahenten erbittert bekämpfen, zeitlich begrenzt auf eine Nacht, räumlich beschränkt auf einen einzigen Ort, aber bitte konsequent bis zum Tod. Das Ergebnis: Dogma mal ganz anders - und zwei Experimentalfilme, wie sie hierzulande kein Fernsehspiel zustande gebracht hätte. Davon zeugt das DVD-Doppelpack "Duel Project" mit den beiden minimalistischen Kino-Keilereien "2LDK" und "Aragami".
In 2LDK (2 Zimmer, Küche, Bad) gehen sich zwei japanische Möchtegern-Schauspielerinnen auf die Nerven. Die eine weiß genau, was sie will, hat keinen Gegenstand, auf dem nicht das Label einer Luxusmarke prunkt, und war auch schon mal Darstellerin – allerdings nur in einem Porno. Die andere kommt vom Dorf, beschriftet ihre Eier im gemeinsamen Kühlschrank mit ihrem Namen und ist ansonsten ein unschuldiges Landei, das allerdings die Eltern belügt, was die Fortschritte ihrer Karriere betrifft. Kurz gesagt: Beide warten auf den großen Durchbruch, und das tun sie in der Wohnung eines Film-Produzenten. Denn sie haben endlich für die große, wichtige Rolle ihres Lebens vorgesprochen - leider beide für dieselbe. Das nehmen die zwei jungen Frauen anfangs noch sportlich, warten gemeinsam auf die angekündigte Entscheidung des Produzenten, tauschen Höflichkeiten aus. Doch je später der Abend, desto dünner die Nerven: Bald wirft man sich gegenseitig die Haare in der Badewanne, das Schnorren der Edel-Shampoos vor, sucht Streit. Es fliegen anfangs noch Blumentöpfe, später auch Brieföffner. So etwas könnte einen ziemlich peinlichen Film abgeben. Tut es aber nicht: Regisseur Yukihiko Tsutsumi läßt es zwar extrem langsam angehen, sorgt aber dafür, daß die Schlacht um die Rolle ihres Lebens trotz Kettensägen und ein paar Plumpheiten aufs köstlichste amüsiert. Sie artet zwar in sinnlose Gewalt aus, doch wer Tom & Jerry - oder besser: Itchy und Scratchy - mag, wird den Zickenterror "2LDK" lieben.
DVD-Wechsel. Das Unwetter tobt. Ein verwundeter Samurai bricht an der Schwelle eines Tempels zusammen. Als er wieder erwacht, sind seine Wunden geheilt und der Hausherr lädt ihn ein, auf ein paar Drinks und eine Mahlzeit zu bleiben. Schnell entpuppt sich der Gastgeber als komischer Kauz - und weltgewandter Geschichtenerzähler. Auf diesem Hügel, erzählt er bei Wein und Wodka, hause Aragami: ein böser Gott des Kampfes. Und weil das den Samurai wenig beeindruckt, gibt sich der Hausherr gleich selbst als jener böse Geist zu erkennen - und obendrein als Samurai-Legende Miyamoto Musashi (in dessen "Buch der fünf Ringe" übrigens "Ghost Dog" zu blättern pflegte). Der alte Musashi müsste zwar seit Jahrhunderten tot sein, aber Götter sterben eben nicht so leicht, wie sie sich mangels würdiger Gegner langweilen. Kein Wunder, daß da nach ein paar Drinks und philosophischen Gesprächen die Schwerter klirren. Die Verletzungsgefahr ist gering, weil Aragami sich erlaubt hat, auch seinen Gast mit einer gewissen Unsterblichkeit auszustatten - immerhin möchte der rasende Kriegsgott vom jungen Samurai im Kampf getötet und so von seiner Langweile erlöst werden ... Auch "Versus"-Regisseur Ryuhei Kitamura fällt nicht mit der Schiebetür in den Tempel, langweilt aber trotz langer Gespräche zwischen kurzen Fights keine Sekunde und verfügt obendrein über Schauspieler, denen die Rollen wie auf den Leib geschneidert scheinen.
Klar, die beiden binnen einer Woche abgedrehten Killerkammerspiele sind beileibe keine Meisterwerke, aber unterhaltsame Snacks für zwischendurch und prima Einstiegsdrogen für den japanischen Film. Und ja, das Konzept "Drehbuch" haben die beiden Rivalen gewiss nicht erfunden, doch dafür bescheiden sie sich jeweils mit einer guten Stunde - und die ist trotz des niedrigen Budgets höchst vergnüglich. Dafür sorgen Schauspieler, denen man den Spaß ansieht, und Regisseure, die aus minimalem Plot maximalen Film herausgekitzelt haben. Bleibt die Frage, wer das ungleiche Filmduellduell gewonnen hat: Der Zicken-Catfight im großstädtischen Karrierestreß oder das letale Treffen geschwätziger Schwertkämpfer? Die Antwort: wir Filmfans! Denn das Doppelpack enthält neben den beiden sauber synchronisierten Filmen jeweils Interviews mit den Regisseuren, Videomessages der Macher und Szenen vom Set. Ein doppelseitiges Miniposter erlaubt es, sich als Fan des einen oder anderen Films zu outen - möge es Zwietracht in die WG säen!
Andreas Winterer
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