Video_Dead or Alive

Pack die Badehose ein ...

Freunde intelligenter Unterhaltung: Laßt alle Hoffnung fahren! Wenn diese vier Grazien diversen Bösewichten den Marsch blasen, können nicht nur Charlies Engel einpacken, sondern auch der gesunde Menschenverstand. Und das ist gut so.    21.03.2007

Für Genre-Fans herrschen seit ein paar Jahren goldene Zeiten: Horrorfilme aller Härtegrade am laufenden Band, Comic-Verfilmungen, soweit das Auge reicht, und nebenbei auch immer wieder Game-Adaptionen für die große Leinwand. Obwohl die Qualität der dabei entstandenen Crossover-Bastarde von sensationell ("Sin City", "300") über großes Popcorn-Kino ("Spiderman 2", "Batman Begins", "Hellboy") bis brachial schlecht ("The Incredible Hulk", "Catwoman") reicht, haben die in Bewegung gesetzten Visionen eifriger Comic-Zeichner längst das obere Ende der Bewertungsskala erreicht.

Auf dem Computerspiel-Sektor sieht es da etwas anders aus: Altsünden wie "Double Dragon", "Streetfighter" oder "Super Mario Bros" sind zum Glück vergessen, über Uwe Boll (dem Luc Besson zum Glück die Rechte an "Hitman" weggeschnappt hat) wollen wir an dieser Stelle nicht nachdenken, und Madame "Tomb Raider" hat immerhin Angelina Jolie als Kinoersatz für die Pixelgöttin Lara Croft in petto. Irgendwo zwischen den in Neopren gepreßten Brüsten Laras und den grandiosen Alptraumwelten aus "Silent Hill" (Regie: Christophe Gans) hat sich Fanboy (und EVOLVER-Liebkind) Paul WS Anderson eingenistet.

Der liebenswerte Brite schuf 1995 mit "Mortal Kombat" nicht nur die erste erfolgreiche Adaption des Blut-und-Beuschel-Prügelspiels aus dem Hause Midway, sondern beförderte Jahre später auch gleich das legendäre "Resident Evil"-Franchise auf die große Leinwand (Zombies sind nie verkehrt!) - nicht zu vergessen natürlich "Alien vs. Predator".

Während wir auf die derzeit in Produktion befindlichen Sequels "Resident Evil: Extinction" und "Alien vs. Predator 2" leider noch ein Weilchen warten müssen, schlich sich mit "Dead or Alive" eine weitere Game-Verfilmung unter Andersons Produktions-Ägide (gemeinsam mit Bernd Eichinger und natürlich Jeremy Bolt) in die DVD-Regale. Inszeniert hat sie Hongkong-Altmeister Cory Yuen, der schon vor Jahren mit Clarence Foks "The Iceman Cometh" erfreute, den wunderbaren "Fong Sai-yuk" mit Jet Li inszenierte, Jackie Chan in Chop-socky-Geniestreichen wie "Drunken Master" oder "Snake in the Eagles Shadow" choreographierte und heute mit hirnlos-amüsanten Adrenalinstreifen wie "The Transporter" sein Geld verdient. Kurzum: genau der richtige Mann, um die Puppen tanzen zu lassen. Und dazu gibt es im "Dead or Alive"-Universum reichlich Gelegenheit.

 

Zur Handlung: Die White-Trash-Wrestlerin Tina Armstrong (Jaime Pressly), die Trickdiebin Christie (Holly Valance), die japanische Prinzessin Kasumi (Devon Aoki) und die Extremsportlerin Helena (Sarah Carter) gehören zur Elite der asiatischen Kampfkunst. Weil sie auch noch gut ausschauen, muß das pittoreske Quartett zu einem mit zehn Millionen Dollar dotierten Martial-arts-Turnier unter dem Motto "Dead or Alive" antreten. Nachdem die Hardbodies ihre Einladungen erhalten haben, geht es auch schon auf die geheimnisvolle Insel Donovans (gespielt von Julias Roberts älterem Bruder Eric, der ungerechterweise irgendwann ins Reich der B-Movies schlitterte), die gleichzeitig als riesige Arena und Ferienparadies fungiert. Neben den sportlichen Aktivitäten hat jede der Damen überraschenderweise (wenigstens für so einen Film) noch ihr eigenes Süppchen am Kochen: Tina will aus dem Schatten des Vaters treten, Christie Donovans Safe leerräumen, Kasumi den vermißten Bruder finden und und und ...

Jawohl, das ist im Prinzip "Mortal Kombat" in grün und wie jeder andere x-beliebige Faustwatschenstreifen gestrickt. Doch während uns Paul WS in "Mortal Kombat" einen der wesentlichen Spaßfaktoren - eben Blut und Beuschel - wegen der Altersfreigabe vorenthalten mußte, servieren die Herren diesmal genau das, was "Dead or Alive" bei den männlichen Fans so beliebt macht: viel praktisch nacktes Fleisch und die dazugehörige Dosis Chickpower. (Natürlich liegen die Körbchengrößen der Darstellerinnen ein paar Buchstaben unter denen ihrer programmierten Konterfeis.) Mit weiblichen Heroen wie Lady Snowblood oder Ripley hat das einen feuchten Kehricht zu tun, stattdessen werden Männermagazin-Photostrecken augenzwinkernd zum Leben erweckt, durch den Yuenschen Wirefight-Fleischwolf gedreht und im gewohnten Highspeed-Modus inszeniert. Daß dabei Story, Charaktere usw. auf der Strecke bleiben, ist klar, doch als Wiedergutmachung gibt´s neben dem einen oder anderen witzigen Fight das obligatorische Beachvolleyball-Turnier in knappen Höschen. Und wer sich "Dead or Alive" kaufen oder ausleihen sollte, will schließlich nichts anderes sehen. Das wissen die Macher auch, und so servieren sie einen knapp neunzigminütigen, unterhaltsamen Blödinn, der sich - im Gegensatz zu "Mortal Kombat" und Co. - keine Sekunde lang ernstnimmt, jede Erwartungshaltung erfüllt (egal, was Sie sich erwarten) und null Ansprüche erhebt. Da verzeiht man sogar, daß sich die Martial-arts-Kentnisse der Darstellerinnen, abgesehen von Pressly, wahrscheinlich auf Pilates-Training beschränken und Yuen mit einem Hongkong-Team ganz andere Seile hätte aufziehen können. Ist doch egal ...

Zur DVD: Obwohl das Hardbody-Quartett mit Devon Aokis Asia-Flair die drei Charlie-Grazien wirklich alt aussehen läßt, sind die DVD-Features eine Enttäuschung und können mit der wunderbar umgesetzten "Resident Evil: Apocalypse"-DVD aus dem Hause Highlight in keinster Weise mithalten. Abgesehen von ein paar sehenswerten Deleted Scenes und etwas Promo-Schnickschnack gibt es hier nicht viel zu bestaunen.

Jürgen Fichtinger

Dead or Alive

ØØ 1/2


Highlight Home Entertainment (USA 2006)

DVD Region 2

ca. 83 Min. + ca. 44 Min. Zusatzmaterial, dt. Fassung oder engl. OF wahlweise mit dt. UT (DTS /DD 5.1)

Features: Making of, Behind the Scenes, Deleted Scenes, Storyboards, Interviews u. a.

Regie: Cory Yuen

Darsteller: Jaime Pressly, Devon Aoki, Holly Valance u. a.

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