Video_Das Comeback
Raging Maximus
Statt eines angestaubten Sly Stallone sehen wir in dieser klassischen Aufstiegsgeschichte eines sportlich totgesagten Schwergewichts Russell Crowe in Bestform.
31.01.2006
Amerika während der frühen 30er Jahre: Profiboxer James J. Braddock (Russell Crowe) steht, ebenso wie ein Großteil seiner Landsleute, vor dem Nichts. Dank der Weltwirtschaftskrise hat er nahezu sein gesamtes Hab und Gut verloren. Gemeinsam mit seiner Gattin Mae (Renée Zellweger) und dem jungen Nachwuchs haust der nunmehr mittellose Faustkämpfer eingeengt in einer Slum-ähnlichen Baracke, fernab der ehemals bevorzugten Nobelresidenz.
Auch Braddocks sportliche Karriere liegt am Boden - ein Bruch des Handgelenks vereitelte seinerzeit den Vorstoß in die sportliche Elite. Nach einer Niederlagenserie wird ihm schließlich die Boxlizenz entzogen. Als Sportler ist Jimmy damit endgültig erledigt und gezwungen, sich als Tagelöhner an den Hafendocks abzuschuften. Es gelingt ihm nicht mehr, seine Familie zu ernähren, geschweige denn, die Energierechnungen zu begleichen. So bleibt nur noch der entwürdigende Gang zum Sozialamt. Doch das Schicksal wendet sich unverhofft zu Jimmys Gunsten, als ihn sein Freund und Manager Joe (Paul Giamatti) als Ersatzmann für den kurzfristig ausgefallenen Gegner eines Top-Fighters vermitteln kann.
Das Grundkonzept von Ron Howards "Comeback" mutet, im cineastischen Rahmen betrachtet, fast schon altertümlich an: Ein insolventer, abgetakelter Athlet bemüht sich - allen Unkenrufen zum Trotz - den unerreichbar erscheinenden Sportolymp zu erklimmen. Die Liste der thematisch verwandten Traumfabrikproduktionen fällt recht üppig aus und reicht vom legendären Underdog-Fighter "Rocky" (1976) über Levinsons "Der Unbeugsame" (1984) bis zu John Lee Hancocks "Rookie" (2002). In Howards Händen wird aus dem historischen Ausgangsmaterial ein sicherer Gewinner fabriziert - und zwar in Form einer auf Zelluloid gebannten Großration uramerikanischen Kampfgeistes.
Wenn Russell Crowes "Braddock" nach getaner Arbeit siegreich den Arm reckt, erinnert er gewiß an Maximus und seine blutigen Triumphe im Kolosseum des antiken Rom. Doch schöpft der abgewirtschaftete Boxer seine Motivation aus anderen Quellen als der spanische Gladiatorenheld: Braddock kämpft in erster Linie für das Wohl seiner Familie und - quasi stellvertretend für eine ökonomisch darniederliegende Masse - um eine zweite Chance.
Die Darbietung des berühmten Neuseeländers nötigt dabei neuerlich Respekt ab. Crowe spielt das todesmutige Schwergewicht mit einer nachhaltigen Natürlichkeit, verabreicht seinem Charakter eisernen Kampfeswillen und eine nicht minder große Portion Integrität. In einer Sequenz etwa, die Braddocks absoluten Tiefpunkt dokumentiert, tritt die stolze Kämpfernatur an eine Gruppe von Boxtrainern und Promotern heran und bittet diese demütig um finanzielle Unterstützung. Crowe erstickt dabei bereits den Ansatz von Melodramatik im Kern und wirkt zutiefst authentisch.
Regisseur Howard inszenierte abermals Big-Budget-Wohlfühlkino nach altem, bewährten Muster. Optisch wirkungsvoll eingefangen und montiert - die spektakulären Ringschlachten zählen zu den eindrucksvollsten und spannendsten des Genres -, akustisch wunderbar untermalt - Komponist Newman empfahl sich nicht zuletzt durch seine Arbeit an Sam Mendes´ zeitlich ähnlich gelagertem Gangsterdrama "Road To Perdition" - und optimal besetzt. So gefällt Paul Giamatti als Braddocks listiger Trainer Joe Gould, Bruce McGill paßt sein bonzenhafter Boxpromoter Jimmy Johnston wie angegossen, und Craig Bierko fällt als hünenhafter Schwergewichts-Champ Max Baer positiv auf. Der physisch einschüchternde Bierko porträtiert die - als charismatisch-sadistischer Totschläger angelegte - Boxlegende überzeugend und gibt eine fabelhafte Nemesis ab.
Fazit: Nicht einmal die latente Simplizität des konservativen Drehbuchs vermag diesen erneuten Wirkungstreffer des Erfolgstrios Howard-Goldman-Crowe zu verhindern.
Dietmar Wohlfart
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