Video_Dark Ride

Viel Rummel um nichts

Grauen in der Geisterbahn: An diesem uninspirierten "Malen nach Zahlen"-Horror ist weniger das tatsächlich Gezeigte zum Schaudern als vielmehr die Dreistigkeit, mit der hier Ideenlosigkeit zu einem eineinhalbstündigen Film aufgeblasen wurde. Eine Fahrt, die man sich lieber sparen sollte ...    15.06.2007

Der Rummelplatz wirkt verlassen, doch davon lassen sich die beiden Mädchen nicht abschrecken. Sie wollen in die Geisterbahn. Mutig verlangt die eine ein Ticket, während die andere etwas weniger begeistert dreinschaut. Die Fahrt erinnert dann ein wenig an die müden alten Geisterbahnen im Wiener Prater. Aber zwischen dem Pappteufel, der Stoffhexe und dem ausgestopften Löwen sitzt das wahre Grauen: ein Serienkiller, der sich hinter den Kulissen versteckt hat und die beiden Mädchen beherzt aufschlitzt.

"Dark Ride" - zwischen diversen Zeitungsartikeln über die Anzahl der gefundenen Leichen blitzt der Titel des Films auf und verschwindet wieder, um einem weiteren Zeitungsausschnitt Platz zu machen: "College bereitet sich auf die Frühlingsferien vor." Nur damit das auch gleich klar ist ...

 

Liz (blond und hinter jedem Mann her), Steve (dunkelhaariger Sportlerschönling), Billie (klein, dick, Filmfreak), Cathy (die sicher überleben wird, weil sie intelligenter wirkt als die anderen) und Jim (der blonde Mädchenschwarm) machen sich auf den Weg nach New Orleans, um die bereits angekündigten Ferien zu genießen. Und sofort geht der muntere Reigen der Filmzitate los: An einer gruseligen Tankstelle (siehe "Texas Chainsaw Massacre - The Beginning") erfahren die fidelen fünf von einer Geisterbahn namens "Dark Ride" und beschließen spontan, einen Abstecher dorthin zu unternehmen. Die wirklich witzige Begründung dafür: Man wirft der heutigen Generation ja sowieso immer vor, nichts zu unternehmen. Also ab zur Geisterbahn, dort wollen die jungen Menschen endlich was tun.

An der Straßenecke wird dann noch schnell eine wohlproportionierte Blondine (siehe eventuell "The Hitcher") aufgegabelt - nein, diesmal keine blöde, sondern einfach nur eine durchgeknallte, obwohl die Aussage: "Ich glaube nicht an den Besitz eines Autos" wahrscheinlich in beide Kategorien fällt -, und ab geht die Post ins illustre Geisterbahnland. Dort passiert erst einmal gar nichts, abgesehen von dummen Witzchen, an den Haaren herbeigezogenen Konflikten und einem Serienkiller, der sich anscheinend lieber noch die Nägel feilt als sich der Studenten zu erbarmen. Wahrscheinlich ist er noch erschöpft vom Umgang mit den Pflegern, die er beim Ausbruch aus der Irrenanstalt (siehe Mike Myers) meucheln mußte.

Zurück zum Plot: Nach spätestens 30 Minuten blickt man gelangweilt auf die Uhr und fragt sich, ob der mysteriöse Schlitzer die Truppe für heute verschonen wird - vielleicht, weil sich die mit ihrer Paranoia eh schon gegenseitig genug fertigmacht. Im zweiten Akt fließt auf jeden Fall kein Tröpfchen Blut. Aber dann, endlich, die Erleichterung: Eine Leiche wird entdeckt, drapiert als Geisterbahnfigur. Es ist der schöne Steve, o Schreck! Panik bricht aus, alle laufen wie aufgeregte Hühner in verschiedene Richtungen davon. Doch dem bösen Schlitzer entkommt keiner. Nach und nach werden die hysterischen Studenten geschlachtet, geköpft, gevierteilt oder gespalten. Auf die Idee, ein Handy oder eine Waffe zu benutzen, kommen sie erst gar nicht, die Verwirrten.

 

Zur "Hat man alles schon gesehen"-Stimmung gesellt sich dann noch eine Referenz an "Shining" hinzu, wenn der quotenschwarze Polizist auftaucht und auch gleich wieder abgeschlachtet wird - wahrscheinlich nur, um noch ein Opfer mehr zu haben. Zu guter Letzt bleiben auf jeden Fall Cathy und Billie übrig, wobei sich Billie schließlich als gleichfalls wahnsinniger Bruder des Schlitzers outet (siehe "Scream"), dem seine Freunde so fürchterlich auf die Nerven gehen, daß er sie am liebsten alle tot sähe. Am Ende des Filmes ist man fest davon überzeugt, daß Drehbuchautor Robert Dean Klein nicht eine einzige eigene Idee hatte. Das muß man auch einmal schaffen.

"Dark Ride" ist somit nur eine weitere jener Teenie-Sinnlosigkeiten, die dem Horrorgenre nach und nach den Namen versauen. An alle Regisseure und Autoren da draußen: Bitte nicht mehr "Twilight Zone" zitieren! Bitte keine gut ausgeleuchteten Gänge mehr abfilmen, obwohl im Film behauptet wird, daß man die Hand vor Augen nicht sähe! Bitte keine unnötig leichtbekleideten Menschen mehr, die zu billiger Pornomusik Sex haben! Bitte kein Clou mehr, der so durchsichtig ist wie ein Fischernetz!

Und vor allem: Wenn ihr Splatter macht, steht gefälligst dazu. Das Blut muß in rauhen Mengen spritzen, sonst ist die ganze Geschichte einfach nur unglaubwürdig.

Nina Munk

Dark Ride

ØØ


Sunfilm (USA 2006)

DVD Region 2

94 Min.

Features: entfallene Szenen, Behind the Scenes, Make-up-Special, Storyboards

Regie: Craig Singer

Darsteller: Jamie-Lynn DiScala, Patrick Renna, David Rogers u. a.

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