Video_Appaloosa
Grumpy old cowboys
Ganz ohne psychologischen Firlefanz strickt Ed Harris seine zweite Regiearbeit, einen simpel strukturierten, klassisch-konservativen Western. Viggo Mortensen und Jeremy Irons leisten ihm dabei Schützenhilfe.
30.09.2009
Der Entschluß ist aus Verzweiflung geboren: Rancher Randall Bragg (Jeremy Irons) ist es gewohnt, in Appaloosa den Ton anzugeben - gern auch mit Gewalt. Als sich die Stadträte nicht mehr zu helfen wissen, treten sie die Kontrolle über den Ort an die umherziehenden Gesetzesmänner Virgil Cole (Ed Harris) und Everett Hitch (Viggo Mortensen) ab. Eine riskante Entscheidung, haben die beiden doch den Ruf, nicht lange zu fackeln und bisweilen recht drastisch gegen kriminelle Elemente vorzugehen. Tatsächlich handeln Marshall Cole und sein treuer Deputy nach einem klar umrissenen Kodex: Sie kämpfen mit offenen Visier, formulieren die Spielregeln innerhalb Appaloosas neu und bestrafen jene, die sich nicht daran halten wollen - zum Beispiel Randall Bragg. Die unausweichliche Auseinandersetzung mit Bragg vor Augen, wird das Ordnungshüterduo an einer zweiten Front gestellt, als die mysteriöse Allison French (Renée Zellweger) in Appaloosa eintrifft ...
"Appaloosa" basiert auf einem Roman von Robert B. Parker und wurde von Koautor und Regisseur Ed Harris adaptiert und inszeniert. Die Geschichte atmet den Geist etlicher Dekaden alter Genrewerke. Experimente liegen Harris fern - er kommt gänzlich ohne komplexe erzählerische Verknotungen, parabelhafte Fügungen oder raffinierte Kamera- und Montagemanöver aus. So lenkt auch kein narratives oder inszenierungstechnisches Störfeuer von der im fiktionalen Wüstenkaff Appaloosa spielenden Story um die fest zementierte Freundschaft zwischen Cole und Hitch, den gemeinsamen Abwehrkampf gegen Bösewicht Bragg und die Verwirrung stiftende Allison ab.
Die beiden lawmen sind wie ein altes Ehepaar, das nach fixen Routinen handelt. Virgil ist dabei der Leitwolf, während sich Everett wachsam im Hintergrund hält. Beide sind ungebunden und daher in ihren Entscheidungen frei. Eine neue Erfahrung für den in Beziehungsfragen unbewanderten Cole - und eine Gefahr für die Stabilität des Zweiergespanns - stellt die undurchsichtige Allison French dar. Das Dilemma der beiden symbiotischen, stahlharten Desperados, die nicht nur mit einem mächtigen Gegenspieler, sondern auch der zersetzenden Kraft einer Femme fatale konfrontiert werden, macht auch den eigentlichen Reiz der Story aus. Doch eine nähere Auseinandersetzung mit den Schicksalsfragen, denen sich die beiden stellen müssen, läßt Harris´ geradliniger Ansatz nur am Rande zu. Das heikle Unterfangen, die Psyche oberflächlich schlicht konstruierter Charaktere ausführlicher auszuleuchten, nimmt er nicht in Angriff. Stattdessen verweilt er bei der Darstellung einer konventionellen physischen Auseinandersetzung mit dem sprücheklopfenden Schurken von der Stange und verheizt dabei quasi im Vorübergehen einen unterforderten Jeremy Irons.
"Appaloosa" ist somit leider nur durch und durch traditionelle Westernkost, mit bekannten Gesichtern und archaischen Shootouts vor hübscher Kulisse. Aber gegen ein bisserl Staub und Stiefel ist ja nichts einzuwenden.
Dietmar Wohlfart
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