Video_Alan Partridge: Alpha Papa
Jingle Genocide
Nicht alle Tage erfährt eine zwei Jahrzehnte alte fiktionale Figur noch eine Huldigung auf der Kinoleinwand. Steve Coogans Alter ego Alan Partridge ist dieses Kunststück heuer gelungen - und das Ergebnis kann man zweifelsohne als lustigste Komödie des Jahres 2013 bezeichnen.
19.12.2013
Schon Oscar Wilde wußte, daß nur eines schlimmer ist, als wenn über einen geredet wird - nämlich, wenn nicht über einen geredet wird. So in etwa lautet auch seit jeher die Philosophie von Alan Partridge, dem fiktiven inkompetenten Moderator, den der britische Schauspieler Steve Coogan 1991 für die BBC-Radiosendung "On the Hour" ins Leben rief.
Der Sportreporter wurde derart populär, daß im Lauf der Jahre drei Fernsehserien und mehrere Specials über ihn entstanden. Selbst in die Popkultur hielt Partridge Einzug, was ihn zu einer Art britischem Vorläufer von Will Ferrells Nachrichtenmoderator Ron Burgundy macht. In "Alan Partridge: Alpha Papa" wird die Figur jetzt auch noch aufs Kinopublikum losgelassen.
Im Film sieht sich Alan Partridge (Steve Coogan) an seinem Arbeitsplatz bei Norfolk Radio mit einem "Rebranding" konfrontiert: Der Sender soll auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten werden und fortan "Shape - The Way You Want It To Be" heißen. Im Zuge der fragwürdigen Modernisierung soll auch einer der Moderatoren entlassen werden - entweder Alan oder sein Kollege Pat Farrell (Colm Meaney).
Alan, vom Überlebenswillen getrieben, macht kurzerhand Politik gegen den Konkurrenten und behält so seinen Job. Doch die abendliche Relaunch-Party verläuft anders als erwartet, als Pat mit einem Gewehr aufkreuzt und seine ehemaligen Kollegen als Geiseln nimmt. Nun soll Alan, den der Zufall im rechten Moment außer Haus trieb, im Auftrag der Polizei die Verhandlungen mit Pat aufnehmen.
Eher widerwillig akzeptiert er und sieht kurz darauf in dem aufkommenden Medieninteresse die Gelegenheit, sich wieder ein Stück mehr ins Rampenlicht zu rücken. Dumm nur, daß Alan mehrmals die Möglichkeit erhält, die Geiselnahme zu einem Ende zu bringen - dabei profitiert keiner mehr davon, daß die Affäre weitergeht, als Alan selbst. Ein Zwiespalt, der für viele Lacher sorgt ...
Beispielsweise, wenn Alan - im Telefongespräch mit seiner Assistentin Lynn - versehentlich über einen Notausgang das Gebäude verläßt und anschließend wieder einen Weg hinein finden muß. Oder wenn sich immer wieder die Chance bietet, Pat auszuschalten, und ein hin- und hergerissener Alan sich stets dagegen entscheiden muß.
Stattdessen verbrüdert sich Alan mit Pat, dessen Situation er natürlich nur allzugut nachempfinden kann. Schließlich entstammen die beiden derselben Generation alter (Radio-)Hasen, die sich in der total medialisierten Welt von heute nur bedingt zurechtfinden. Während die übrigen Geiseln um ihr Leben fürchten, lachen sich Alan und Pat derweil über YouTube-Videos kaputt.
Dieses verquere Zusammenspiel zwischen Geiselnehmer und Geisel/Verhandlungsführer führt zu herrlichen Momenten, darunter dem Höhepunkt - einem Dialog von Alan und Pat über die TV-Serie "Banged Up Abroad", der sogar indirekt von der Polizei wiedergegeben wird. Es ist Alans selbstvergessene Art, die ihn zum liebenswerten Trottel mutieren läßt - und "Alan Partridge: Alpha Papa" zur Komödie des Jahres macht.
Dabei ist Alan keineswegs so blöd, wie er aussieht. Das beweist schon die Erschaffung eines Radio-Jingles innerhalb einer Stunde in einer Notsituation. Man muß den Mann einfach gernhaben, wie er auf Teufel komm raus bestrebt ist, sich wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken - ob er nun sein Auto mit der Aufschrift "Alan Partridge drives this KIA" bedruckt oder sich für Naturalien zu Werbeauftritten beschwatzen läßt.
Hierbei sind die anderen Figuren natürlich nur Staffage, selbst der "Antagonist" Colm Meaney und Assistentin Lynn (Felicity Montagu). Das tut dieser hervorragenden Komödie jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil. Schließlich ist es Alan Partridge, den man in diesem Film sehen will (also gänzlich konträr zur Situation der Figur in ihrem fiktionalen Universum).
Der Zuschauer kommt auch dann voll auf seine Kosten, wenn er Coogans Alter ego noch nie erlebt hat. Vorwissen ist nicht vonnöten, um die Figur und ihren Charakter verstehen zu können. Vielmehr ist der komprimierte Ausflug von 90 Minuten in Alans Welt eher ein Pluspunkt. "Alan Partridge: Alpha Papa" führt jedenfalls dazu, daß über Alan Partridge (wieder) geredet wird - und zwar nur Gutes.
Florian Lieb
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