Video_30 Days of Night
Baby, it´s cold outside!
Süßer die Kehlen nie rissen: "Hard Candy"-Regisseur David Slade läßt Steve Niles´ Kreaturen der Nacht über ein Dorf in Alaska herfallen. Nach Jahren der Knechtschaft durch Anne Rice und diverse Epigonen zeigen die untoten Herrschaften jetzt auch auf DVD, daß sie immer noch kraftvoll zubeißen können ...
18.04.2008
Cicely und die liebenswerte Unbeschwertheit der Neunziger sind ab sofort Schnee von gestern. Wollte man seinerzeit dank Joshua Brand, John Falsey und ihrer TV-Serie "Northern Exposure" ("Ausgerechnet Alaska") am liebsten sofort nach Alaska aufbrechen, um sich an fiktiver Kleinstadtgemütlichkeit zu erfreuen, so macht der Schauplatz von "30 Days of Night" dem Couch-potato-Globetrotter schnell einen Strich durch die Rechnung.
In der kleinen Ortschaft Barrow geht dank der geographischen Lage nämlich jedes Jahr für 30 Tage die Sonne unter. Während die Einwohner während dieser Zeit normalerweise gepflegt der Depression frönen, hat es diesmal eine finstere Gruppe Blutsauger auf die kleine Gemeinschaft abgesehen. Unter der Führung von Oberlangzahn Marlow (Danny Huston) wollen sie das etwas andere Rein-Raus-Spiel durchziehen: Rein in die Stadt, sich die untoten Bäuche mit echtem Alaskaner vollschlagen - und wieder raus, ohne Spuren zu hinterlassen. Schließlich glaubt heutzutage kein Mensch mehr an Vampire, und so soll das auch bleiben. Nur mit der Gegenwehr von Sheriff Eeben (Josh Hartnett) und seiner Quasi-Ex Stella (Melissa George) haben die Herrschaften nicht gerechnet ...
David Slade gelang es nach seiner "Rotkäppchen killt den bösen Wolf"-Variation wunderbar, die düstere und im monochromen Look gehaltene graphic novel von Steve Niles und Ben Templesmith auf Filmmaterial umzusetzen, ohne dabei in allzu deutlich dargestellten Blutrausch zu verfallen. Auch wenn das Drehbuch und dessen Charaktere nicht sonderlich komplex sind, macht die sukzessive Zuspitzung der latent bedrohlichen Atmosphäre die Comic-Adaption zu einem Leckerbissen für Genrefreunde. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß Niles die Revenanten in der Vorlage zur Abwechslung wieder einmal als hundsgemeine Predatoren angelegt hat und Draculas Erben somit endlich vom Bann der Riceschen Neurotiker befreite.
Apropos Vampire: Das geplante "Near Dark"-Remake läuft im Gegensatz zu Chris Nahons "Blood: The Last Vampire" nach wie vor auf Standgas; dafür hat Warner sich nach all den Jahren doch noch dazu entschlossen, Joel Schumachers familienfreundlicher Variante "The Lost Boys" ein Sequel zu bescheren. Es heißt "Lost Boys: The Tribe", ist eine Direct-to-DVD-Produktion und wird wahrscheinlich ähnlich schrecklich werden wie "Starship Troopers: Maurauder" oder die Micro-Serie "30 Days of Night: Blood Trails".
Das DVD-Bonusmaterial von "30 Days of Night" kann sich hingegen sehen lassen: In ihrem Audiokommentar wissen die beiden Hauptdarsteller und Koproduzent Rob "Evil Dead" Tapert einiges zu berichten, anstatt - wie sonst bei Cast-Commentaries üblich - in belanglosen Anekdoten zu versumpern. Leider fehlt ein erwartetes Special zur lesenswerten Comic-Vorlage, aber wenigstens beleuchtet eine achtteilige Featurette ausgiebigst die Entstehung des Films. Über ein Sequel zum Revenanten-Alamo wird naturgemäß bereits nachgedacht. Freuen wir uns also, wenn die Kinder der Nacht wieder rufen.
Jürgen Fichtinger
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