Blumen für die Dame

oder: Schick di doch söba deiner Freundin in an Packerl! (Ludwig Hirsch)

oder: Ein Schnellkursus, wie man auch als Sklave zum Galan taugen kann

Geschenke für die Herrin - ein ewiges, leidiges, abgeschmacktes Thema. Eines meiner Haßthemen. Nach einem langen Arbeitstag sowieso das Aller-aller-aller-Letzte.

Warum? Weil Sklaven ungefähr so einfallsreich sind wie 50jährige, alleinstehende Herren zum Muttertag: Mutti abholen, Mutti Blumen mitbringen, Mutti zum Essen ausführen, Mutti ein elektrisches Brotmesser übberreichen (Gipfel der Abwechslung: Gartengarnitur, Handmixer, Wäschespinne). Äußerst selten ist der Sklave, dessen Gehirn bei Gebrauch tatsächlich einmal etwas wirklich Nettes/Ungewöhnliches/Interessantes/Vergnügliches/Reizvolles ausspuckt. Und in meiner doch schon langjährigen Laufbahn ist mir wahrlich einiges untergekommen. Eine Kostprobe dieses kreativen Einfallsreichtums gefällig?
 

Blöder Einfall Nummer 1: Die Bonbonniere

Es ist schon einige Zeit her - noch bevor das Internet seinen Siegeszug durch die heimischen Unterhosen angetreten hatte -, da hielt ich nicht per E-Mail Hof, sondern frönte der Brieferziehung. Sehr altmodisch, ich gebe es zu, aber ein wenig Liebe zu Geschichte und Feder hat noch keinem Benehmen geschadet.

Einer der Lernschritte in der dominanten Briefschule jedenfalls bestand darin, sich ein besonderes Präsent für die Herrin einfallen zu lassen. Und was da alles in meinem Postfach eintraf, war an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten.

Ein Schüler aus dem fernen Westen Österreichs, um harmlos zu beginnen, schickte eine Bonbonniere. Kein Grund zur Aufregung, meinen Sie? Dann ab in den Kurs!

Erstens ist eine Bonbonniere nichts Besonderes - Tausende Hausmeister kriegen welche zu Weihnachten. Zweitens zeugt sie davon, daß sich der Sklave keinerlei Gedanken über die speziellen Vorlieben seiner Herrin gemacht hat, denn diese Dinger enthalten ein Panoptikum an Leckereien. Etwas anderes wäre es mit der Lieblingsschokolade, den Lieblingszuckerln oder den Lieblingskeksen der Angebeteten. Und drittens sind Bonbonnieren nicht etwas, das man per Post an eine Herrin schickt, die einen noch nie gesehen, geschweige denn mit einem gespielt hat. Was ist, wenn der Absender Idiot und notorischer Frauenhasser ist? Wenn er zwecks Selbstverwirklichung seiner hirnkranken Triebe auf die süßen Häppchen gespuckt oder gepinkelt hat oder ihnen, noch schlimmer, irgendein Thomas-Harris/Alfred-Hitchcock/Agatha-Christie-Gift eingespritzt hat? Jedenfalls gilt für kluge Herrinnen, was achtsame Muttis auch heute noch ihren Töchtern einbleuen sollten: Nimm niemals Süßigkeiten von fremden Männern!
 

Blöder Einfall Nummer 2: Sogenannte "selbstlose" Geschenke

Neben der Gruppe der Konditoreiwaren-Fans existiert die ziemlich gleich große der "selbsternannten Selbstlosen". Unter deren Gaben fallen sämtliche Kleidungsstücke und Schuhe für die Herrin - etwa Strümpfe, Stiefel, Slips, BHs und Negligés, die die Domina entweder nur zum Spielen mit dem edlen Spender tragen oder nach dem Tragen am besten gleich wieder retournieren möge - natürlich mit einschlägigen Duftstoffen und sonstigen Souvernirs behaftet.

Den Vogel schoß in dieser Kategorie übrigens ein Katechet aus dem Waldviertel ab, der mir - mit der untertänigsten Bitte um postwendende Rücksendung nach dreitägiger Benützung - ein Paar schwarzer Strümpfe schickte. Kniestrümpfe. Offensichtlich hatte er da irgend etwas mißverstanden, oder so erotische Segnungen wie Straps und Halterlose waren noch nicht in die dunklen Regionen nördlich von Wien vorgedrungen. Natürlich erfüllte ich ihm sein Flehen und schickte sie ihm zurück, nachdem ich sie drei Tage lang benützt hatte - und zwar zum Testen, wieviele Streifen man aus einem Paar Kniestrümpfe schneiden kann; zusammen mit dem Befehl, daraus ein Band zu knüpfen und sich damit zur Strafe täglich drei Stunden lang Schwanz und Eier blau abzubinden.

Eine Ausnahme bei den Kleidungsstücken bildet übrigens das Korsett, das dominante Outfit schlechthin, denn es ist zumeist recht teuer und außerdem ziemlich schwierig in der Größe anzupassen. Wenn ein Sklave also auf Anhieb die Korsettmaße der Herrin errät, gibt´s kein Nichtgenügend, sondern Extrapunkte, und der Glückliche darf damit rechnen, auf der nächsten Ausbildungsstufe seiner Herrin von Angesicht zu Füßen zu begegnen.

Natürlich gehören in diesen Abschnitt auch sämtliche Werkzeuge und Geräte des sadomasochistischen Bedarfs, also etwa Gerten, Rohrstöcke, Brustklammern, Knebeln, Nadeln und ähnliches. Sie werden, das braucht wohl kaum näher erläutert zu werden, so gut wie ausnahmslos mit ungehörigen Hintergedanken überreicht - oder hat jemand schon von einem Sklaven gehört, der seiner Herzensdame ein Spanking-Werkzeug schenkt, auf daß sie es niemals an ihm verwende?
 

Blöder Einfall Nummer 3: Aktivitäten

Natürlich könnte man meinen, ein Opern-, Theater-, Konzert- oder Kinobesuch wäre etwas, das nun wirklich ziemlich selbstlos ist. Weit gefehlt! Wenn der Schenkende bei der Veranstaltung weder Ohrenstöpsel noch Augenbinde trägt, hat schließlich auch er etwas davon, selbst wenn ihm die Vorstellung gar nicht gefällt; schließlich ist er ja ein Sklave und wird gern gequält. Warum nicht einmal auf diese Art?

Meine Unterstellung, daß auch solche Einladungen zweck- und zielgerichtet erfolgen, bezieht sich auf jenen 19jährigen Novizen, der es doch tatsächlich wagte, sich zu beschweren, als er im Kino bei "Matrix" zu meinen Füßen Platz nehmen mußte, ohne einen Blick auf die Leinwand erhaschen zu können. Nach ein paar Tritten ist ihm sein Privileg allerdings dann doch noch klar geworden - er schien nicht der Hellste gewesen zu sein -, sodaß ich ihm in den romantischen Szenen sogar erlaubte, meine Zehen zu lecken.

Von denen, die es wirklich ernst meinen, rutscht übrigens der Hälfte noch vor der Realisierung das Herz in die Hose (?) - so geschehen in den "CaroLines" letztes Jahr, als mir ein Opernbesuch angetragen wurde, den ich gern angenommen hätte (siehe Severin im Jänner/CaroLines Antworten auf Lesermails), wenn sich der Schreiber nach dem zweiten Mail-Wechsel nochmal zu melden getraut hätte.
 

Blöder Einfall Nummer 4: Dienstleistungen

Hierunter fallen Angebote wie "Schuhe reinigen" oder "nackt putzen" und alles, was sich ganz offensichtlich nur als Geschenk tarnt, aber keines ist, wie "Füße säubern", "sämtliche Sklavendienste" oder "Leibeigenschaft" (sämtliche Zitate aus CaroLines Antworten auf Leser-E-Mails). Das merkt man daran, daß Tätigkeiten wie "Toilette mit der Zahnbürste schrubben" und "Mistkübel ausschlecken" schon weit weniger beliebt sind. Jedenfalls fallen diese Präsente fast schon unter die nächste Rubrik, "Dumme Geschenke", weil das alles Dinge sind, die eine Herrin ohnehin bekommt, wenn sie will. Da ist kein einziges besonderes Präsent darunter. Und wer das alles nicht sowieso und standdardmäßig für seine Herrin tut, hat keine verdient. Basta.
 

Blöder Einfall Nummer 5: Dumme Geschenke

Ein paar besonders Vife haben es mit Photos von sich selbst versucht. Wer zum Teufel kann auf die absurde Idee verfallen, eine Herrin wollte ihre Sklaven auch noch an der Wand kleben haben? "Sklavenarschloch, vierfärbig" oder "Submissive Körperteile, abstrakt" oder "Brustklammern auf Sklavenbrust, Werk aus dem späten 20. Jahrhundert"? Wenn ich meine dienstbaren Geister gern an die Wand picken möchte, dann tue ich das in 3 D und live. Und wenn einer vorher versucht hat, mir ein Photo von sich zu schenken, dann gleich mit Hunderternägeln.

Interessant war übrigens die Idee, mir 20 cm2 Haut zur freien Verfügung zu überlassen. Wessen sich der betreffende Kandidat allerdings nicht vergewissert hat, war, ob ich mich überhaupt auf ihm verewigen wollte. Schließlich ist es keine geringe Ehre, das Zeichen der Herrin tragen zu dürfen. Heute kann man diesen voreiligen Galan an der eintätowierten Einkaufsliste auf seiner linken Pobacke erkennen.

Ungleich weniger Originalität bewies ein Anwärter aus Oberösterreich, der eigens mit in Leder - an der Innenseite natürlich mit Spikes besetzt - verpacktem Schniedel anreiste und mich freudestrahlend bat, doch das Geschenkband abzumachen. Das tat ich dann auch - drei Tage später und nachdem ich die Spikes mit meiner Spezial-Bondage noch fester um seine Weichteile gezurrt hatte. Die Pünktchen zieren seinen Wurmfortsatz bis heute.

Schließlich ist es ganz allein meine Aufgabe, Schwänze zu verpacken, zu verschnüren, ab- und einzubinden. Und ein Sklave, der sich ohne Genehmigung oder Befehl die Tätigkeit der Herrin anmaßt, muß mit Nachdruck wieder auf den rechten Weg gebracht werden.
 

Blöder Einfall Nummer 6: Standards

Nun, im Grunde könnte man ja meinen, gegen Diamantohrringe, Smaragdarmbänder und Perlenkolliers wäre nicht viel einzuwenden - und wenn ich gerade milde gestimmt bin, dann stimmt das ja auch. Smaragde unterstreichen das Grün meiner Augen, Perlen den Teint meiner Wangen und Diamanten den Kontostand auf der Bank.

Doch gleichzeitig ist solcher Glamour einigermaßen kostspielig, und man könnte meinen, daß eine Herrin, die solches annimmt, demzufolge gierig ist, ihre Sklaven nur ausnützt und sich an ihnen bereichtert. Und welcher Sklave würde es schon wagen, seine Herrin solcher Charakterzüge zu bezichtigen?
 

Letzter blöder Einfall: Lebensgefährliche Geschenke

Nun kommen wir zu jenen, die die Phrase "sich für die Herrin einen Haxen ausreißen" allzu wörtlich nehmen. Natürlich wäre es eine äußerst liebreizende Aufmerksamkeit, der Herrin einen Finger, eine Hand oder gar einen Schwanz zur Selbstbedienung zu überreichen. Es gibt kaum etwas, das die Hingabe des Sklaven mehr unter Beweis stellen würde. Doch gleichzeitig ist es auch ziemlich riskant. Nein, ich meine hier nicht die Chancen auf Tod durch Verbluten oder Sepsis, das ist schließlich nicht das Problem der Herrin. Ihr Problem könnte es aber sein, in diese Unappetitlichkeiten verwickelt zu werden, wenn die Kriminalistik durch die Adressierung des Präsents vielleicht auf die Idee kommen würde, daß da mehr Finger im Spiel waren, nämlich auch noch die der Herrin. (Und Nachbarn, die gerne spechteln und verpetzen, gibt´s überall.)

Abgesehen davon wäre dann eines der herrschaftlichen Spielzeuge dauerhaft beschädigt oder überhaupt vernichtet. Und das ist wohl alles andere als ein Geschenk.

Ebenso dumm ist es, in eine Angelegenheit zwischen Herrin und Sklave unzuverlässige Dritte einzubeziehen. Ein leider viel zu früh verschiedener Kandidat mit sehr erfolgversprechenden Anlagen - ein Graphiker aus Ostösterreich - sperrte sich selbst in einen ziemlich engen Käfig (mit Schnappschloß) und schickte mir den Schlüssel dazu. Geschätzte drei Tage Postweg wollte er hinter Gittern für mich darben. Geschätzte drei Monate später ging der Schlüssel bei mir ein. Er hatte ein paar postalische Irrfahrten nach Australien und zurück hinter sich bringen müssen. Bis heute gibt das eingesperrte Skelett der Polizei Rätsel auf.
 

Erfolgversprechende Einfälle und Hinweise

Selbstverständlich findet man hier keine Anleitung, wie die Lektion "Geschenke für die Herrin" erfolgreich absolviert werden kann. Das wäre ja wie ein vom Lehrer ausgegebener Schummelzettel. Außerdem ist es aufgrund der Vielfalt und Verschiedenheit von Herrinnen ohnehin unmöglich, umfassend gültige Lösungen anzuführen. Hinweise und Andeutungen jedoch finden sich im gesamten bisherigen Text.

Als letzter Tip sei nur soviel gesagt, daß nur wenige dominante Herzen einem Blumenstrauß - so er die Lieblingsblumen der Herrin enthält - oder einer Flasche Champagner - so es die Lieblingsmarke der Herrin ist - widerstehen können. Mit ein bißchen Grips und Einfühlungsvermögen braucht man weder Kredit noch Selbstverstümmelung, um eine Domina zu beeindrucken.

Das originellste Geschenk, das ich jemals bekommen habe, stammte übrigens auch von dem bereits erwähnten Waldviertler Katecheten: eine Flasche selbstgemachter Holundersaft. Mir jedenfalls hat noch keine Passionskollegin von einem derart ungewöhnlichen Sklavengeschenk erzählt - das aufgrund der Mühe, die seine Herstellung bedarf, und der unverfrorenenen Tapferkeit, die es erfordert, einer Domina solch eine Unsäglichkeit zu überreichen, hier als besonders erwähnenswert belobigt werden soll.

Und wenn noch einmal jemand die Frechheit besitzen sollte, nach diesen unmißverständlichen Ausführungen völlig danebenzugreifen, dann wird er wohl leider enden wie der Schurlibua in Ludwig Hirschs Ballade.
 

Wie immer viel Vergnügen

CaroLine 

P.S.: Wer seine Originalität und Ergebenheit testen lassen oder unter Beweis stellen möchte, kann seine Vorschläge für die Lektion "Geschenke für die Herrin" an die Reaktionsadresse übermitteln. Allerdings nicht nur schriftlich, sondern auch sehr real. Antwort wird garantiert.