Newsletter Edition 2003_Archiv

Boys From Brazil

Kino: City Of God    12.05.2003

Ein Problem, keine Frage. Eigentlich sollten sie jetzt eine schwarze Liste ihrer Todeskandidaten schreiben. Denn so machen das die großen Gangster im killing business, hier im Siedlungsprojekt am Stadtrand Rios, das sie die "Stadt Gottes" nennen, obwohl der in dieser Hölle selten auftaucht. Sie - das ist ein Rudel von Knirpsen, kaum kräftig genug, ihre Knarren zu halten. Und schreiben können sie noch gar nicht.

Ausgehend von Dutzenden solcher Anekdoten, Charaktere und Ikonographien zieht der Ex-Werbefilmer Meirelles ein dicht verwobenes Netz der Geschichte der Favelas Rios, beginnend mit der noch naiven Hoffnungsgläubigkeit der 60er bis hin zur durch Drogen- und Bandenkriege entstandenen Perspektivlosigkeit der 80er. Einzig regulatives Element inmitten eines Sumpfes aus Gewalt und Hehlerei bleibt ob der Korruptheit der Polizei die Allmacht der mächtigen Gang-Bosse, meist selbst noch Jugendliche, deren Gesetze von Gewalt und Gegengewalt zu denen des gesamten Stadtteils geworden sind. Lebend kommt hier keiner raus. The horror, the horror.

Schlichtweg umgeblasen wird man aber nicht nur von der wütenden, erdrückenden Unmittelbarkeit und Intensität der blutbefleckten Geschehnisse, sondern auch von der überragenden Filmsprache Meirelles´, der weit abseits feuilletonistischer Verklärungssozialromantik ein Furioso kinematischer Gimmicks und visueller Blitze abfeuert. Grimmiges, gefährliches, forderndes, wichtiges Kino.

Christoph Prenner

City Of God

ØØØØØ

Cidade de deus

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Brasilien 2002

128 Min.

dt. und port. OF mit UT

Darsteller: Alexandre Rodrigues, Leandro Firmino da Hora, Philippe Haagensen u. a.

Regie: Fernando Meirelles

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