aus: Rokko´s Adventures No.6
Interview: Daniel Krčál
Photos: Anna Weninger
In Sachen Verschwörung und Grenzbereichliches führen zwei recht wesentliche Wege nach Graz: Dort residieren Tarek Al-Ubaidi und Dr. Nachtstrom, die sich mit der Erörterung diverser Parallelwelten befassen. Grund genug, die beiden Herren zu einem Gespräch über das Wesen der Weltverschwörung, technische Bewußtseinskontrolle oder ausgelutschte Illuminaten zu treffen. 24.08.2010
Walter Brantner, bekannt als Dr. Nachtstrom, hauptberuflicher Radiomoderator (FM4, Soundportal), vormals Musiker und Netzlabelbetreiber, widmet sich nunmehr verstärkt seiner Leidenschaft für die obskuren und schlecht ausgeleuchteten Ecken dieser Welt. Auf Obskuristan werden diesbezüglich, stets überraschende Querverbindungen herstellend und, das absurde Element nicht vergessend, wahre Perlen präsentiert. Ob Mind Control, Präastronautik oder Paranormales - Obskuristan ist stets "weird and wonderful". Zur Zeit arbeitet Dr. Nachtstrom an seinem ersten Buch, der "ultimativen Bibel der Verschwörungstheorien".
Tarek Al-Ubaidi schafft es in den Radiosendungen von CROPfm (terrestrisch via Radio Helsinki), grenzbereichliche Themen von Patschulimief zu befreien und mit Tiefgang und einer sympathischen Prise Humor zu versehen. Von der multidimensionalen Wirklichkeit des UFO-Phänomens, über alternative Medizin und Energieformen, bis hin zu Mind Control und Verschwörungen, die Sendung "versucht wenig beachtete Randthemen aufzugreifen und sich mit diesen vorbehaltsfrei auseinander zu setzen". Der hauptberufliche Softwareentwickler betätigt sich mit seinen Projekten Concrete People, Flex(xx)n und LUXUS auch musikalisch.
Daniel Krčál: Die Frage aller Fragen gleich zu Beginn: Gibt es so etwas wie eine Weltverschwörung?
Tarek Al-Ubaidi: Ich glaube, ja, aber nicht, daß es nur eine einzige ist, das würde mich wirklich verwundern. Aber vielleicht laufen ja alle Verschwörungen auf irgendeiner Metaebene zusammen, wo dann alles seinen Ursprung nimmt, als irgendeine Art Geisteshaltung, keine Ahnung.
Dr. Nachtstrom: Eine schwierige Frage, die wir schon öfters in Diskussionen über eine allfällige Metatheorie erörtert haben. Ich glaube, Verschwörungstheorien sind auch so eine Art Suche nach Mystizismus, eine Sinnsuche, das kann doch nicht wirklich alles so banal böse sein. Man kommt eigentlich immer von einer Verschwörung zur nächsten, da sind dann Verschwörungen jeweils Masken von wieder anderen Verschwörungen. Ich bin dann eben so, daß ich nicht aufhören kann, und dann stößt man aber auf etwas, das ich die schwarze Welt nenne, die vollkommen durchgeknallt und wahnsinnig ist.
Zum Beispiel gibt es da das Buch "Die TranceFormation Amerikas" von Cathy O‘Brien, die behauptet, eine Mind Control-Sklavin gewesen zu sein, eine ganz gruselige Geschichte. Wenn, und natürlich ist Desinformation mit im Spiel, aber wenn nur ein Bruchteil davon stimmt, denn sehen wir gar nicht, was wirklich passiert auf der Welt, dann sind amerikanische Präsidenten Satanisten, die Blutopfer bringen und in Geheimsprachen kommunizieren. Oder wenn beispielsweise die "Alternative 3"-Theorie stimmt, dann werden Menschen in Massen als willenlose Sklaven von der Elite auf den Mars und auf den Mond transportiert.
D.K.: Wer heckt denn solch gespenstische Pläne aus? Die zur Zeit wohl populärste Antwort würde wahrscheinlich "die Freimaurer" und in weiterer Folge "die Illuminaten" lauten.
Dr.N.: Also, ich finde die Illuminati langweilig. Die sind ja schon so ausgelutscht, das interessiert mich nicht mehr. Es gibt da so ein Klischee, das ich gar nicht mag, diese miesen fiesgelaunten Verschwörungstheoretiker, die ihre Eigenverantwortung nicht wahrnehmen wollen, die einfach immer etwas finden, das schuld ist. Früher war der Staat schuld, jetzt sind es die Illuminaten, das wird ja am besten von Dan Brown und Konsorten bedient, das ist der Typ von Verschwörungstheoretiker, den ich gar nicht leiden kann.
T.A.-U.: Ausgelutscht, ich weiß nicht, Illuminaten, das ist halt so ein Überbegriff, der machtpolitisch agierende Gruppen beschreibt, die mit viel Geld und teilweise auch unglaublich klugem Vorgehen doch an einigen Fäden ziehen, weswegen das dann doch nicht so langweilig ist.
D.K.: Also doch nicht DIE Illuminaten oder wer auch immer, sondern unterschiedliche Interessensgruppen?
T.A.-U.: Viele verschieden Gruppen, die teilweise auch gegeneinander vorgehen. So ein bißchen wie wenn man sich vorstellt, Chicago wird aufgeteilt zwischen drei Mafiafamilien, und die fangen natürlich keinen offenen Krieg miteinander an, kooperieren aber auch nicht voll, man arrangiert sich eben. Und so ist es wahrscheinlich weltweit, mit vielleicht zehn, hundert, tausend Gruppen, ich weiß es nicht. Der Plan, wie die Welt in einhundert Jahren auszusehen hat, da gibt es wohl so viel Pläne, wie es Gruppen gibt.
D.K.: Ich kann mir sogar vorstellen, daß viele von diesen Plänen gar nicht so böse, sondern sogar ganz gut gemeint sind, im Sinne einer vernünftigen und gesteuerten Globalisierung, nur daß eben eine gewisse abgehobene Elite keine Ahnung hat, wie die tatsächliche Lebensrealität der Menschen aussieht.
T.A.-U.: Nicht nur nicht böse gemeinte, sondern extrem gut gemeinte Pläne! Niemand sieht sich selbst als den Bösen, so funktioniert der menschliche Verstand nicht, außer man ist vielleicht komplett wahnsinnig. Vieles von dem, was da passiert, ist auf den ersten Blick einmal wirklich böse, so richtig ungut einfach, und dann, auf den zweiten Blick, wenn man die Argumentation der Leute nachvollzieht, die diese Dinge machen, dann entdeckt man plötzlich ganz gute Gründe warum das vielleicht eine gute Idee sein könnte. Ich meine, warum könnte es eine gute Idee sein, die Menschheit auf 500 Millionen zu reduzieren?
Das ist für mich eine der "schirchsten" Verschwörungstheorien, aber leider auch eine sehr plausible, wenn man glaubt zu erkennen, daß es zu viele Menschen auf der Erde gibt. Wobei ich persönlich ja nicht glaube, daß das ein Problem wäre, daß wir zu viel sind, sondern daß die Dinge einfach falsch verteilt sind und werden. Das Übel beginnt meist mit Dingen, die gut gemeint sind.
Ich glaube, daß die Leute, die hinter der einen oder anderen scheinbar existierenden globalen Verschwörung stecken mögen, felsenfest davon überzeugt sind, daß sie die Welt retten. Ich finde, daß Globalisierung notwendig ist, im Sinne von Koordination, wir leben alle auf einem Planeten und wir müssen alle zusammenarbeiten, wir sitzen alle im selben Boot. Aber das ist was Anderes als globale Machtpolitik zu betreiben.
Dr.N.: Aber in Wirklichkeit ist es doch furchtbar öde, immer einen Schuldigen ausmachen zu wollen, der dahinter steckt. Ich versuche da immer auch das absurde Element zu sehen, so ganz tierisch ernst kann ich die ganzen Verschwörungstheorien eigentlich nie nehmen.
D.K.: Nur, wenn man sich in etwa mit den amerikanischen MK Ultra-Programmen oder der Geschichte der Geheimdienste beschäftigt hat, beginnt es doch ein wenig kompliziert zu werden, weil man sieht, daß zumindest ein Kern von Wahrheit da ist, daß viele Sachen, die als Verschwörungstheorie kolportiert werden, tatsächlich und bewiesenermaßen stattgefunden haben. Nicht alle aktuellen Zeugen können nur Desinformanten oder Phantasten sein.
T.A.-U.: Wir beide nehmen die Sache schon sehr ernst, aber wir können auch beide darüber reflektieren, auch über uns selbst reflektieren, und wir können vor allem auch darüber lachen, wir können auch die skurrile, die absurde und obskure Seite sehen. Wenn irgend jemand versucht im großen Stil diese Welt zu beeinflussen, angenommen jemand hat tatsächlich diese Möglichkeit, dann muß das automatisch natürlich auch absurde Blüten treiben, in etwa so, wie es der Aktionismus der Yes Men aufzeigt.
Ohne eine gesunde Portion Humor dreht man, glaube ich, durch, oder man wird verbissen. Auf der anderen Seite hatte ich einmal zwei Mind Control-Opfer interviewt, und bin da sehr blauäugig hineingegangen, dachte, das wird spannend und "lustig", und das war natürlich überhaupt nicht lustig, das waren eben zwei Betroffene. Und da muß man die Sachen wiederum, trotz allen Humors, an sich heranlassen, sonst ist das alles nur eine Art Comic. Immerhin hört da einer Stimmen im Kopf, und es gibt Patente, die genau so etwas können, da muß man dann eins und eins zusammenzählen, und fragen, wer macht denn bitte so was.
D.K.: Ja, wer macht so was?
Dr.N.: Die Bilderberger? Andererseits: Sind die Bilderberger vielleicht nur ein Instrument der Illuminati? Sind die Illuminati infiltriert von den Reptiloiden? Ich glaube, mit dieser Frage zielt man ins Leere.
T.A.-U.: Der Punkt ist einfach: es passiert. Es ist nicht so wichtig zu wissen, wer es macht, sondern zu sehen, daß es offensichtlich passiert.
D.K.: Abgesehen davon, daß man sehr gut über mediale Inhalte manipulieren kann, welche Formen von technischer Bewußtseinskontrolle mögen da wohl zur Anwendung kommen?
Dr.N.: Ich glaube, sehr viel funktioniert über Frequenzen, die ausgestrahlt werden. Die Autoren Fosar und Bludorf beschreiben in einigen ihrer Bücher recht gut, wie man da mit bestimmten Frequenzen arbeiten kann.
T.A.-U.: Technische Bewußtseinskontrolle funktioniert hauptsächlich über Frequenzen. Die können akustisch oder elektromagnetisch sein, wir nehmen sie immer wahr, sie bewirken immer sehr Ähnliches. Ich finde da die Arbeit von Dieter Broers sehr faszinierend, weil sie zum ersten Mal einen recht fundierten Einblick in das bietet, was Elektromagnetismus bewirken kann. Die meisten Arbeiten zu dem Thema wurden ja nie veröffentlicht, kein Wunder, denn es ist erschreckend, respektive erstaunlich, was da alles möglich ist.
Das Witzige ist, daß die meisten glauben, das müßten starke Felder sein, in etwa wie bei herkömmlichem Mobilfunk, aber es geht um schwache Magnetfelder, die meist auch niederfrequent sind, so um die zehn Hertz in etwa. Das Gehirn ist darauf trainiert auf schwache Felder zu reagieren, weil die natürlichen, so wie die Schuhmann-Resonanz, auch schwache sind. Wenn man da den Kopf befeldet, kommt man in Bewußtseinszustände, in die man sonst nur im Tiefschlaf oder durch Meditation kommt, aber bei vollem Wachbewußtsein, und hat dadurch irrsinnige Einblicke in das Innere seiner Psyche. Da gibt es immer mehr Patente in diese Richtung. Wenn man jetzt überlegt, daß wir eine flächendeckende Infrastruktur von Türmen, die elektromagnetische Strahlen aussenden, haben, würde ich meinen, die Verlockung das zu nutzen ist schon groß.
Wenn eine Wahl ansteht, dann gibt es politische Programme, die im Grunde genommen ganz primitive emotionale Aspekte ansprechen, da gibt es Parteien, die auf Sicherheit gehen, die, die auf Fortschritt gehen, und so weiter. Wenn man jetzt eine Befeldung macht, wie auch immer, ob über HAARP, oder sonstwie, die Angst erzeugt: wen wählen dann die Leute? Oder wenn man eine Befeldung macht, die euphorisch oder zuversichtlich macht: wen dann? Alles natürlich rein hypothetisch ...
D.K.: Haben wir es hier mit einem vornehmlich amerikanischen Thema zu tun?
Dr.N.: Überhaupt nicht. Wenn so etwas stattfindet, dann ist das eine sehr globale Sache. Mind Control war gestern, heute ist Global Control. Die Amerikaner sind da halt einerseits Vorreiter, andererseits liegt dort vieles offener, als bei anderen. Die Russen waren das ja auch mal, gerade bei Dingen wie der PSI-Forschung sind die Amerikaner in Wirklichkeit den Russen nachgezogen.
T.A.-U.: Nehmen wir einmal HAARP. Verwandte Projekte gibt es Rußland, in Japan, in Norwegen glaube ich, und anderen Ländern.
D.K.: Es wird ja oft eine Verbindung zwischen HAARP und Chemtrails hergestellt. Doch während HAARP als offizielles Projekt nicht wegzuleugnen ist, über die angeblichen Ziele kann man natürlich geteilter Meinung sein, gelten Chemtrails gemeinhin als verschwörungstheoretisches Konstrukt und Fehlwahrnehmung.
T.A.-U.: Ich kann nur jedem anraten, einmal im Hochsommer einen Monat lang intensiv den Himmel zu beobachten, und dann zu überlegen, ob es Chemtrails gibt oder nicht. Bei meiner ersten Sendung dazu vor ungefähr fünf Jahren habe ich über Kondensstreifen nachrecherchiert. Da las ich noch, daß die bei einem Temperaturunterschied von sechzig Grad, wenn ich mich recht erinnere, bei hoher Luftfeuchtigkeit entstehen, und sich nach zwei Minuten auflösen.
Jetzt findet man auf Wikipedia oder anderen Quellen bei dem Verhalten von Kondensstreifen eine exakte Beschreibung von dem, was bis vor ein paar Jahren noch als Chemtrails beschrieben wurde. Da steht, Kondensstreifen breiten sich teilweise fächerartig aus, man kann eigentlich überhaupt nicht sagen wie sie sich ausbreiten, die Verweildauer ist so zehn Minuten bis zu ein paar Stunden, von zwei Minuten ist überhaupt keine Rede mehr, und sie können bis auf Tage und Wochen das Wetter beeinflussen. Und dann denk ich mir: O.k., sag‘ ma halt nimmer Chemtrails, sag‘ ma halt wieder Kondensstreifen dazu.
D.K.: Geht es da nur um Wetterbeeinflussung und Geo-Engineering, oder steckt da mehr dahinter?
T.A.-U.: Da steckt wahrscheinlich mehr dahinter. "Morpheus", ein gar nicht so unwichtiger User aus dem CROPfm-Forum, meint, daß Chemtrails dazu da sein könnten, kosmische Einflüsse, in etwa starke Sonnenstrahlung, abzuhalten, damit wir nicht in diesen elektromagnetischen Einflußbereich kommen. Eine interessante Theorie, wie ich finde.
D.K.: Wie können solche Geheimprogramme und Verschwörungen bewerkstelligt werden? Gibt es Machtstrukturen, die es ermöglichen, daß, wer weiß, Tausende an solchen Dingen mitwirken, ohne daß etwas publik wird?
T.A.-U.: Man braucht sich nur die Budgets der Geheimdienste anzusehen. Außerdem gibt es schwarze Budgets. Jetzt gerade wird die FED wegen 9 Trillionen Dollar geprüft, und die wollen partout nicht sagen, wo die hingekommen sind. Da kann man unter anderem Heerscharen von Spooks und Einschüchterern bezahlen.
Dr.N.: Das sehe ich auch so. Außerdem glaube ich nicht, daß da ein paar tausend Leute eingeweiht sein müssen. Wenn man das geschickt macht, funktioniert das auch mit viel kleineren Kreisen.
T.A.-U.: Exakt. Need to know-Prinzip im Geheimdienstbereich, Compartmentalization bei den Black Projects. Jeder weiß genau nur das, was seiner Aufgabe entspricht. Nur ganz wenige sehen das ganze Uhrwerk und wissen, wofür welches Zahnrad da ist.
Dr.N.: Man darf vor allem nicht davon ausgehen, daß alle Verschwörungen generalstabsmäßig geplant und perfekt sind, niemals.
T.A.-U.: Dann wären wir ja wohl eh schon im global-faschistischen Staat, und würden mit Chips ferngesteuert durch die Gegend rennen.
D.K.: Wenn es jemand wirklich darauf angelegt hätte, wäre die politische Situation doch wohl schon eine andere, wenn nicht gar eine brutal diktatorische.
T.A.-U.: Na ja, es ist natürlich auch nicht soo einfach, eine brutale Diktatur aufzuziehen. Das ist schon so oft schiefgegangen. Wenn man so etwas nachhaltig machen will, muß man das anders, sanfter, langsamer planen.
D.K.: Zurück zu der Frage nach den Verschwörern. Die zur Zeit mächtigsten Machtgruppen könnten, für mich eine der plausibelsten Verschwörungstheorien, aus den Round Table Groups rund um Cecil Rhodes entstanden sein.
Dr.N.: Da sind wir wieder beim Thema der gut gemeinten Verschwörung! Diese Gruppen waren absolut davon überzeugt, den Menschen das Gute zu bringen. H.G. Wells hat einige Romane geschrieben, die man heute neben seinen klassischen Science-Fiction-Romanen gar nicht mehr so kennt, wo er diese Ideen favorisiert hat.
D.K.: Diese Leute dürften ja über das Banken- und Geldsystem rund um die FED sehr viel Macht erlangt haben, wo sich dann in weiterer Folge in den USA der so genannte militärisch-industrielle Komplex entwickelt hat, der möglicherweise für viele der kolportierten Verschwörungen verantwortlich ist.
T.A.-U.: Aber ich glaube auch nicht, daß die FED die Ursache ist, sondern eher ein Symptom, eine gute Idee für manche, ein Instrumentarium für andere.
D.K.: Wenn über die FED gesprochen wird, sind auch oft jüdische Banken Thema, was indirekt zu der etwas verworrenen Sachlage führt, daß die USA nicht nur sehr viele Wissenschaftler, die später für brutale MK-Ultra-Versuche verantwortlich waren, mit eigenen Programmen bewußt übergeführt, sondern daß die Nazis in den USA von Beginn an prominente Bewunderer und Förderer gehabt haben.
Dr.N.: Noch komplizierter wird es, wenn dann Leute ableiten, daß Nazi-Deutschland als solches initiiert worden ist, mehr oder weniger ein von außen gesteuertes okkultes Experiment gewesen sein soll.
D.K.: Argumentationslinien, die immer auch stark von einer bestimmten rechten Klientel bedient werden. Bis hin, daß man sagt, Nazi-Deutschland sei die Erfindung einer jüdischen Banken- oder einer okkulten Freimaurerverschwörung gewesen. Wie geht man mit so etwas um, denn immerhin gibt es diese fragwürdigen Verflechtungen?
T.A.-U.: Vorweg: Die harten Eckdaten der Nazigreuel haben wir tausendfach bestätigt, an denen besteht überhaupt kein Zweifel. Trotzdem muß man mit aller Vorsicht sagen, daß die Geschichte immer von den Gewinnern geschrieben wird. Ich weiß nicht, ob jemals genau herauskommen wird, wie genau jene Verflechtungen ausgesehen haben, aber, Nazideutschland hat Geld gebraucht.
Dr.N.: Und ist bereitwilligst finanziert worden.
T.A.-U.: Ford hat die Trucks geliefert, IBM die Lochkarten, die in Auschwitz zur Zählung der Juden benutzt wurden. Darüber will man nicht sprechen, darüber hat man nie gesprochen, das war bei den Nürnberger Prozessen kein Thema, auch die Angeklagten haben es nicht angesprochen, soweit ich weiß. Und dann gibt es Leute, die hartnäckig an Dingen wie der Auschwitzlüge festhalten, und sich nicht von der geschichtlichen Wahrheit überzeugen lassen.
Aber warum lassen sie sich nicht überzeugen? Weil sie spüren, daß bei dem Thema auch gelogen wird. Deswegen müssen genau diese Sachen auch aufgerollt werden, damit man solchen Leuten den Nährboden entzieht. Gerade auch in der UFO-Szene gibt es doch diese ganzen Mythen rund um deutsche Flugscheiben, wo es rundherum praktisch null Fakten gibt, Indizien vielleicht, aber sonst...
Dr.N.: Tatsache ist, daß diese Dinge vom rechten Rand immer instrumentalisiert werden. Ich habe gerade das neue Buch vom Nicholas Goodrick-Clarke gelesen, der sich mit dem Neonazitum nach 1945, unter anderem auch mit Leuten wie Miguel Serrano, beschäftigt. Was er aufzeigt, ist, daß die neue Rechte eben auch nicht blöd ist und die Esoterik gezielt und ohne Ende bedient. Das ist nicht mehr dieser plumpe Rechtsradikalismus mit Springerstiefel und Heil Hitler-Gegröle, das wird immer mehr aufgeweicht.
D.K.: Zum Teil war es ja auch immer schon so. Diese okkulten und esoterischen Wurzeln gab es im Dritten Reich tatsächlich.
T.A.-U.: Gewiß, die haben sich unter anderem aus okkulten Quellen rekrutiert. Der "spirituelle" Ausgangspunkt, die Thule, war ja eine Art Kraft, die alle anderen okkulten Gesellschaften nacheinander unterbunden hat, die quasi ein Monopol auf den Spiritismus hatte. Deswegen ist wahrscheinlich in Österreich und Deutschland immer noch alles, was mit diesem Thema zu tun hat, total geächtet und wird sehr oft ins rechte Eck gestellt.
Und das wird wiederum von bestimmten Leuten ganz geschickt genutzt, da werden ein bißchen Wahrheit oder berechtigt gestellte Fragen nach den genauen Wurzeln des Dritten Reichs mit plumpster Propaganda vermischt.
D.K.: Da gibt es dann gar nicht so wenige rechtslastige Verschwörungstheoretiker, in etwa Jan van Helsing, um einen der prominentesten zu nennen. Sind Autoren wie er eine Gefahr, sollte man sie verbieten, oder sind sie schon wieder so sehr Science-Fiction, daß es einfach nur spannend und egal ist?
T.A.-U.: Ich habe nur eines von van Helsings Büchern gelesen, "Unternehmen Aldebaran", das die starke Tendenz hatte, die so genannten "guten Reichsdeutschen" zu verherrlichen. Diesen Begriff kannte ich bis dahin gar nicht. Ich war damals schon 27 und hatte eine gefestigte Meinung, also war das kein Problem, wenn allerdings ein labiler 15-jähriger so etwas liest, ich weiß nicht. Man muß das schon ordentlich reflektieren.
Zensurieren ist aber der falsche Weg! Gefahr ist nicht vermeidbar. Und wenn ein Jugendlicher bestimmte Literatur liest, sie nicht richtig verarbeiten kann, und sich nachher Springerstiefel kauft, aber nach zwei Jahren draufkommt, was für ein Scheiß das war, dann hat er das wohl so gebraucht, dann war das der Katalysator, damit er das hinter sich bringt.
Dr.N.: Jan Udo Holey, das traue ich mir so zu sagen, ist wohl einer der härtesten und radikalsten Geschäftsmänner, die es in diesem Bereich gibt. Er hängt sich immer an irgendwelche aktuellen Tendenzen an, verbrämt das alles miteinander zu ganz eigenartigen Theorien, und je plumper und oberflächlicher etwas geschrieben ist, desto besser kommt es an, leider. Ich frage mich, was aus seinen Büchern geworden wäre, hätte es all die Zensurhysterie nicht gegeben.
Dadurch bekam er erst seinen Höhenflug, die Akte Jan van Helsing, Interview mit Jan van Helsing, er beschäftigt sich mit nichts anderem als mit sich selbst, wie er, weil er die Wahrheit gesagt hat, verfolgt wird. Diese Bücher, die unglaublich schlecht geschrieben sind, ein schlechtes Erscheinungsbild haben, wenn die einfach ignoriert worden wären, hätten die nie diesen Erfolg gehabt.
D.K.: Holey propagiert ja, einigen anderen Autoren nicht unähnlich, ein ziemlich eindeutiges Weltbild und Geschichtsverständnis, kann für sich verdächtig leicht zwischen Gut und Böse unterscheiden.
Dr.N: Mein Zugang ist immer: es kann so sein. Meine Lieblingsverschwörungsliteratur ist die, wo Fragen gestellt werden, wo das eigene Gehirn in Wallung gebracht wird.
D.K.: Ein eher differenzierter Zugang ...
Dr.N.: Was mir nicht gefällt, ist, daß es anscheinend nur diese zwei Zugänge gibt: einerseits die Hardcore-Skeptiker, die alles in Frage stellen, und andererseits, die, die immer nur sagen, so ist es, ihr habt ja alle keine Ahnung. Und dazwischen, so erlebe ich es zumindest, gibt es nichts.
D.K.: Meiner Meinung nach ist da 9/11 ein gutes Beispiel. Es gibt jede Menge Dokumentationen, die sich jeweils auf eine Seite, eben Inside-Job oder offizielle Version, stellen, aber keine einzige, die gegenüberstellend überprüft.
T.A.-U.: Ja, aber was will man da gegenüberstellen? Wenn die ganze Welt in Terroraufruhr ist wegen 20 angeblichen Islamisten, die angeblich Jumbojets in Wolkenkratzer gejagt haben, sieben von ihnen sich aber nachher melden, wenn der Anführer identifiziert wird, indem sein Reisepaß gänzlich unversehrt in einer Seitengasse gefunden wird, dann brauche ich nichts mehr groß gegenüberstellen.
Dr.N.: Ja, das ist dein Zugang, ich denke schon auch, daß man da mehr gegenüberstellen sollte. Wenn ich andererseits daran denke, wie man im Club 2 den Wisnewski fertig gemacht hat. Auf tiefste Art und Weise...
T.A.-U.: Das kommt eben meistens dabei raus, wenn man das gegenüberstellt. Hört sich ja vordergründig vernünftig an, aber dieses Problem kennt man schon aus so manchen UFO-Diskussionen. Das ginge ja nur, wenn die, die die offizielle Version vertreten, in einen Dialog treten würden, aber das tun die eben nicht. Die wiederholen bloß gebetsmühlenhaft ihre drei, vier Gedanken zum Thema, da kann das Gegenüber sagen, was es will. Man kann nur zwei Seiten zu Wort kommen lassen, wenn es zwei Seiten gibt.
D.K.: Ich möchte ein bißchen zu eurer Arbeit in dem Feld kommen. Wie geht ihr mit Quellen respektive Zeugen um, wie beurteilt man deren Glaubwürdigkeit?
Dr.N.: Glaubwürdig ist fast gar nichts, oder alles. Gerade in der Verschwörungsliteratur wird so viel Käse abgeschrieben, wobei ich sicher nicht sage, daß alles Käse ist, denn damit würde ich mir auch wunderbare Möglichkeiten verbauen, bei einer Theorie weiterzukommen. Je verwirrender, je komplexer, desto besser gefällt mir eine Theorie.
Je durchgedrehter, desto besser, aber ich merke gerade, daß ich da schon noch sehr von der Illuminatus!-Trilogie inspiriert bin, denn dieses schelmische Element, das hat der Wilson schon sehr gut beherrscht. Wobei er sich dann im Nachhinein sehr geschreckt hat, als er darauf kam, wie sehr vieles von dem, was er als Satire geschrieben hat, Bestätigung fand.
Ich mag diese Quellen, die gut recherchieren, meinem Gefühl nach, daraus aber keine Statements ableiten, sondern Fragen stellen. Ein richtiger Chef in dieser Beziehung ist Alex Constantine, der den Klassiker "The Covert War Against Rock" über die mysteriösen Tode von Rockstars geschrieben hat.
T.A.-U.: Mein Credo lautet: Alles was denkbar ist, ist auch möglich. Dann schau ich mir das mal an, telefoniere zunächst mal mit den Leuten, mache mir ein Bild, und dann kommt es darauf an: ist es eine interessante Story oder nicht, ist sie schlüssig, ist sie anregend? Ich verlasse mich da vor allem auch auf mein Gefühl, erhebe weder den Anspruch, noch die Verantwortung, daß alles was meine Gäste erzählen, der Wahrheit entspricht.
Ich habe ja neben meinem Brotberuf auch gar nicht die Zeit, alles bis ins letzte Detail zu recherchieren, wenn so etwas überhaupt möglich ist. Das ist auch nicht der Sinn, sondern, daß man mal Fragen zuläßt, ihnen Raum gewährt. Mein "Job" ist es nicht unbedingt Stellung zu beziehen, sondern zu sagen: schaut mal was es da gibt.
D.K.: Gibt es so richtig gefährliche Themen?
Dr.N: Ich habe bei meinem Blog bemerkt, daß ich doch ab zu meine Finger in bestimmte Wunden lege, denn ich gestatte mir das Recht, alles zu hinterfragen. Fast am wildesten wird es, wenn ich es wage, irgendwelche heiligen Kühe der Esoterik anzugreifen.
Wirklich schockiert hat mich zum Beispiel das Mail einer Dame, die mir einen langsamen, schmerzhaften und einsamen Tod gewünscht hat. Es ging da, ich muß zugeben, mich da ein bißchen darüber lustig gemacht zu haben, um Fernsehbilder aus dem Totenreich. Das war die multimediale Fortführung von Tonbandaufnahmen von Toten, die da ja dann mit Kameras auf flimmernden Bildschirmen auftauchten und gefilmt wurden, nur komischerweise haben die immer Fotos aus dem Jenseits geschickt, die es zu ihrer Lebenszeit schon gab.
Da stößt man dann auch auf eine teils sehr naive Welt, da habe ich mitunter schon absolut haßerfüllte Rückmeldungen bekommen. Sonst glaube ich aber nicht, daß man heutzutage gleich umgebracht wird, wenn man über bestimmte Dinge schreibt. In der Postmoderne ist das vollkommen egal. Da sagt eh jeder etwas oder alles, das geht unter, aber das ist eine subjektive Einschätzung.
T.A.-U.: Na ja, wenn es um Dinge geht, die eh schon irgendwo in einem Buch stehen, nein, dann sicher nicht. Es würde aber auch in den meisten Fällen viel zu viel Staub aufwirbeln.
Dr.N.: Andererseits gibt es dann auch eine ganz andere Liga, so wie es Andreas von Rétyi in "Denn sie wußten zu viel" beschreibt. Zu Dutzenden umgebrachte Molekularbiologen, und mehr...
D.K.: Gibt es Dinge von denen ihr die Finger lieber laßt?
T.A.-U.: Alles was in Richtung Sekten geht ist generell kein Thema, da wird man viel zu schnell ungewollt eine weitere Plattform für Propaganda. Sonst gibt es bei mir in dem Sinne eigentlich keine Tabus, eher Themen, mit denen ich persönlich nichts anfangen kann, oder zu denen einfach kein vernünftiges Material verfügbar ist.
Aber es gibt genügend Themen da draußen, die, obwohl unglaublich spannend und wichtig, in den "Publikumsmedien" nur sehr oberflächlich oder schlichtweg "dumm" behandelt werden, ich konzentriere mich also lieber auf die ...
Dr.N.: Ich würde, da meine Homepage auf einem amerikanischen Server liegt, nie über Scientology schreiben. Die sind mir nicht wurscht, vor denen habe ich eine Heidenangst. Und das Thema jüdische Weltverschwörung, das ist mir zu doof und zu langweilig, das verbietet sich irgendwie quasi von selber.
aus: Rokko´s Adventures No.6
Interview: Daniel Krčál
Photos: Anna Weninger
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