aus: Rokko’s Adventures No. 7
(erschienen im Juni 2010)
Text und Interview: Rokko
Sie steigen in enge Rohre und lassen sich mit Preßluft hinausschießen. Was treibt Leute dazu, auf diese Art Distanzen von sechzig Metern zurückzulegen? Aber wahrscheinlich ist das die falsche Frage, wenn es um ein Zirkusspektakel geht, das sich seit dem 19. Jahrhundert der Begeisterung des Publikums erfreut. 03.11.2011
Rokko's Adventures ist - so steht es im Impressum - eine "unabhängige, überparteiliche sowie übermenschliche Publikation" und "setzt sich mit Leben, Kunst, Musik und Literatur auseinander". Der EVOLVER präsentiert (mit freundlicher Genehmigung) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Beiträge.
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Robin Valencia steht in ihrem Trikot in der Mitte einer gigantischen Manege. Um sie herum tänzelt eine Handvoll uniformierter Akrobaten, doch alles fokussiert sich unbestreitbar auf sie. Die strengen Schritte der Tänzer dürften Valencia nur wenig beeindrucken: konzentriert, abgeklärt und mit dem Stolz einer Stierkämpferin gilt es nun, minutenlang zu posen, sich zu strecken und zu zeigen.
Die vollbesetzte Tribüne fiebert angespannt mit und weiß genau, worauf sie wartet. Währenddessen dröhnt lautstark Musik aus den Boxen, was dem Spektakel noch ein Krönchen Pomp aufsetzt. Die eigentliche Szene kann erst beginnen, als die Balletteusen das Feld räumen: Valencia steht alleine vor einem riesigen Kanonenrohr und atmet tief durch. Sie bewegt sich elegant und akrobatisch in das Rohr hinein, das sich nun steil nach oben bewegt, winkt ein letztes Mal heraus und wird dann in Zeitlupe verschluckt. Die Musik setzt aus, die Zuschauer halten inne, aus den Lautsprechern wird der Countdown runtergezählt: 3, 2, 1, go!
Ein Riesentuscher, und Valencia schnellt aus ihrer Unsichtbarkeit heraus durch den perfekt ausgeleuchteten Luftraum. Die Blicke folgen ausnahmslos ihrem hart durchgesteckten Körper. Der Flug selbst dauert nur wenige Sekunden, blitzschnell landet sie nach einem Überschlag mit dem Rücken voran auf dem rettenden Luftkissen. Die Zuschauer applaudieren, die Musik setzt wieder ein. Hilfskräfte ziehen Valencia an ihren Händen hoch. Es folgt eine stolzierende Runde inmitten des frenetischen Jubels - und dann ist die Aktion auch schon wieder vorbei.
Robin Valencia ist eine der wenigen lebenden und aktiven menschlichen Kanonenkugeln. Geboren in Fontana, Kalifornien und aufgewachsen in Salem, Oregon, fliegt die 41-jährige schon seit mehr als 20 Jahren durch die Lüfte.
"Ich habe mein zu Hause in Sarasota, Florida - aber das habe ich seit sechs Jahren schon nicht mehr gesehen. Ich bin die ganze Zeit auf Tour", und dazu braucht sie nicht viel: "Meine Kanone und mein Luftkissen - ich mag keine Netze. Ich benötige keine Roadies, nur meinen Hawerer" - der einzige Mensch, von dem sie sich abschießen läßt. "Wir sind unabhängig, brauchen sonst niemanden. Oft arbeite ich an Orten, wo Bühnenarbeiter beim Aufbau helfen oder Tänzer die Präsentation des Abschusses unterstützen. Das ist natürlich nett, aber nicht notwendig."
Die Kanone von Valencia ist fünfeinhalb Meter lang, das Rohr exakt auf ihren Körper zurechtgeschnitten. "Ich verwende nur diese eine Kanone", gebaut von ihrem Onkel, dem legendären David "Cannonball" Smith Sr., Weltrekordhalter für den längsten Flug aus der Kanone. Er ist eine Art Papa der menschlichen Kanonenkugeln: Wenn auch nicht am historischen Beginn der Sache beteiligt, so hat er doch eine Familie mit sagenhaften elf Kindern, von denen - der Legende nach - jedes mindestens einmal mit einer Kanone weggeschossen wurde.
Ein Detail am Rande: Der Weltrekord von 1998 kam in einem Duell zwischen David Smith Sr. und seinem Sohn David "The Bullet" Smith Jr. zustande: Jr. gelangen 55 Meter Luftverkehr, womit er den bis dahin geltenden Weltrekord von 53 Metern brach. Sr. setzte im nächsten Moment allerdings einen 56-Meter-Flug drauf. Mittlerweile ist Smith Sr. mit 61 Metern im Guinness Buch der Rekorde vermerkt.
Robin Valencia grinst über ihren Onkel: "Er ist jetzt 67 und knackt seinen eigenen Rekord jedes Jahr aufs Neue." Auch David Smith Jr. bewundert seinen altern Herrn: "Er ist ohne Zweifel die bedeutendste menschliche Kanonenkugel in der Geschichte! Niemand hat je so viele erfolgreiche Auftritte gehabt, jene Präzisionen erreicht, mehr Rekorde gebrochen und mehr Kanonen gebaut als er. Ich habe meinen Vater nie als Rivalen gesehen. Er ist immer eine Inspiration für mich gewesen, und ich bin sehr stolz auf unsere Errungenschaften. Es ist schwer zu sagen, welcher Flug mein schönster war, weil ich schon so viele unglaubliche Erfahrungen hinter mir habe - aber wahrscheinlich war es der Weltrekord-Flug mit meinem Vater. Das war mein offizieller Empfang ins Reich der großen Geschosse."
Für die Geschichte der menschlichen Kanonenkugel gibt es mehrere, einander widersprechende Versionen, doch davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Sicher ist: Der Mensch wird dabei mittels Luftdruck (bis 1927 mit einer Feder) aus der Kanone geschossen. Das Knallen, das man beim Abschuß hören mag, stammt nicht vom Schwarzpulver in der Kanone, sondern von außerhalb, und dient nur dazu, ein romantisches Bild des Aktes zu erzeugen, das im Unterbewußtsein die Gefahrenhebel stimuliert.
Die Fluglänge reicht bis über 60 Meter, die Geschwindigkeit bis gut 110 km/h. Die Landebahn in Gestalt einer Luftmatratze, einem Netz oder Wasser, muß genau positioniert sein und den Abschußwinkel, Körpergewicht, Wind und derlei Faktoren miteinbeziehen. Falls man sich dabei verrechnet, scheint ein fatales Ende der Nummer vorgezeichnet und der Zirkus verwandelt sich zur Welt des Schmerzes.
Trotz erforderlicher Courage und latenter Unfallgefahr kann die "menschliche Kanonenkugel" auf eine lange Tradition zurückverweisen. Über den ersten Schuß gibt es verschiedene Wahrheiten: Eine besagt, daß er 1877 in London stattfand, als das damals 14-jährige Mädchen Rossa Matilda "Zazel" Richter im Royal Aquarium, einem Vergnügungscenter, das von 1876 bis 1903 existierte, durch die Luft geschossen wurde.
Es gibt eine Photographie dieser Aufführung, die wahrscheinlich die älteste ist, die diesen Akt zeigt. Die darauf abgelichtete Kanone wurde von William Lenoard Hunt, auch genannt: "The Great Farini", gebaut, der regelmäßig über die Niagarafälle seiltanzte und zahlreiche Experimente durchführte, die als Vorgänger der "human cannonballs" gelten könnten und an mächtige Schleudersitze erinnern. "Zazel", die in den 1880ern mit dem P.T. Barnum Zirkus tourte, der auch ein "Kuriositätenkabinett" mit Menschen und Tieren, also Freak Show-Elemente, herzeigte, brach sich später den Rücken und war für den Rest ihres Lebens an eine Stützstrebe gebunden.
Eine andere Geschichtsschreibung setzt in Amerika - genauer: in New York 1873 - an. Dort soll Lulu, ein junger Mann mit femininen Zügen, als Frau und menschliche Kanonenkugel geflogen sein, und zwar zehn Meter senkrecht in die Luft, wo er Halt an einem Trapez fand. 1875 wurde Lulu im Hows&Cushing Circus schon als "Queen of Trapezists" angekündigt.
Wieder eine andere Version der Wirklichkeit behauptet, daß George Loyal, der ab 1870 Kanonenkugeln auffing, 1875 selbst zu einer wurde und damit die überhaupt erste in Form einer Menschengestalt war. Ab 1896 soll es einen gewissen Alar gegeben haben, der als "flying arrow" von einer Armbrust abgefeuert wurde. Wieder andere setzen darauf, daß der Draufgänger Hugo Zacchini die Uraufführung des Aktes beging - und zwar erst 1922.
Fakt ist, daß die Zacchinis zu den zentralen Figuren der Kanonenkugel-Entwicklung gehören: Sie waren eine hyperaktive Artistenfamilie mit über 35 aktiven Zugehörigen, die mit bis zu fünf Shows und 14 Kanonen die USA heimsuchten. Sie schossen auch einmal zwei Geschwister gleichzeitig aus ein und derselben Kanone.
Zahlreiche Unfälle dezimierten diese Sippschaft auf relativ uncharmante Weise: einmal krachten zwei fliegende Köpfe gegeneinander, als sie zur selben Zeit aus gegenüberliegenden Kanonen geschossen wurden. Emanuel Zacchini ließ sich auch gerne über Riesenräder schießen: anfangs über eins, später über drei. Er stellte 1940 den Rekord von 53 Flugmetern auf, der erst 1998 von David Smith Sr. überflogen werden konnte.
Dessen Karriere begann in den 1970ern: Damals wurde Smith Sr. der Berufsalltag als Turn- und Mathematiklehrer langweilig, weshalb sich der schon immer für Akrobatik Interessierte ausgleichstechnisch als Trapezkünstler in einem Zirkus übte. Es dauerte nicht lange, da wollte er auch das noch steigern - und kam auf die Idee der "human cannonball". Der geschickte Mathematiker fing an, Kanonen zu konstruieren; seine ersten Testschüsse liefen mit Sandsäcken ab. Der Rest ist Geschichte.
Die Karriere des Juniors begann mit einem Anruf von seinem Vater, der gerade in den USA herumgereist war, um Zaungästen zu zeigen, wie man sich aus einem Rohr schießen läßt. Unglücklicherweise verletzte er sich in Madison, Wisconsin am Rücken, weshalb der damals 19-jährige Sprößling zur Aufführung am übernächsten Tag eingeteilt wurde. Zuvor sollte es noch einen Probeschuß am Morgen geben, am Abend dann gleich den Auftritt vor Publikum. Natürlich hatte der Kleine Angst, aber, so scheint es das Naturgesetz vorzuschreiben: als Abkomme der Familie Smith muß man da durch.
Die Folge seines Einstandsflugs war, daß die beiden für die kommenden drei Monate mit zwei Shows pro Tag durch die Vereinigten Staaten zogen. Auch dem Junior wurde eine Kanone vom Mentor Sr. gebaut, sie mißt gute zehn Meter. Jr., der Weltrekordhalter für den höchsten Flug, läßt sich daraus nur von seiner Frau abfeuern, die Abschußeinstellungen nimmt er selbst vor. Er schätzt, daß es derzeit zehn professionelle "human cannonballs" gibt: "Und Nordamerika ist wahrscheinlich der Ort, an dem sie am beliebtesten sind - weil meine Familie dort ansässig ist und den weltweiten Löwenanteil dieses Zweiges hat."
Später dann, als der Sohn vom Vater fertig ausgebildet war, tourte er ohne seinen Lehrer - erfolgreich - durch die Welt. Doch es dauerte nicht lange, bis das Schicksal eine ironische Pointe bereithielt: Im Madison Coliseum folgte auf eine Flugbahn, die den Plafond beinahe streifte, eine ruppige Landung, bei der sich Smith Jr. seinen Fuß brach. Er humpelte daraufhin zum Telephon und erzählte seinem Vater, was geschehen war. Eine Viertelstunde später rief er nochmals an - vielleicht, um ihm zu sagen, daß er sich keine Sorgen oder Umstände machen sollte -, doch da war dieser bereits am Weg zum Flughafen. So revanchierte sich der Sr. bei seinem Sohn und sprang prompt für den lädierten Jungen ein.
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Als es die Frage zu klären galt, ob in Wien die Tradition der menschlichen Kanonenkugel gelebt wurde, war die Suche nach Informationsgebern eine Herausforderung. Ursula Storch, Vizedirektorin vom Wien Museum und zuständig für die Pratersammlung, gab sich leider vergeblich Mühe: "Mir kommt das sehr bekannt vor, aber obwohl ich jetzt die Praterliteratur durchgeschaut habe, kann ich die menschlichen Kanonenkugeln im Prater im Moment leider nicht verifizieren."
Karin Mahdalik, zuständig für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit beim Wiener Prater, war meine nächste Ansprechperson: "Was ich Ihnen auf jeden Fall bestätigen kann, ist, daß es nach dem Zweiten Weltkrieg keine ‚menschliche Kanonenkugel’ im Prater gab. Wie die Situation jedoch vor dem Krieg war, kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Deshalb habe ich in der Zwischenzeit eine Praterunternehmerin angerufen, deren Mutter sehr viel über die Geschichte des Praters weiß und hoffe, bald nähere Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Ich melde mich bei Ihnen sobald ich mehr darüber weiß, vielleicht ist es mir auch möglich, den Kontakt zwischen Ihnen und der Dame herzustellen."
Und freundlicherweise meldete sich Frau Madhalik nur wenig später wirklich wieder: "In der Zwischenzeit habe ich tatsächlich noch einige Informationen erhalten: Im Prater gastierte hin und wieder der Cirkus Krone oder der Zirkus Hagenbeck, wo auch die ‚menschliche Kanonenkugel’ vorgeführt wurde. Dies müßte ungefähr in den Jahren 1935-1940 geschehen sein. Direkt im Prater hat es die Kanone nicht gegeben."
Zudem gab sie mir noch die Telephonnummer von Frau Liselotte Lang, der Mutter jener oben angesprochenen Praterunternehmerin, einer originalen Vertreterin der Praterdynastie. Schaun wir, was es da herauszufinden gibt ...
Am Telephon meldete sich eine ältere, aber durchaus lebhafte Stimme. Nach einer kurzen Erklärung meinerseits erinnerte sich Frau Lang: "Ja, das ist schon so lang her. Aber damals war der Circus Krone im Prater zu Gast. Der ist ganz weit hinten gestanden, und da gab es die menschliche Kanonenkugel: Dort wurden Akrobaten rausgeschossen und landeten in einem Netz. Aber das war Teil des Circus’, nicht des Praters! Das ist dann später alles abgebrannt. Ich hab jetzt darüber nachgedacht, aber mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich war damals noch ein Kind. Ich bin jetzt 83 Jahre alt, das können Sie sich ausrechnen, wahrscheinlich war das während des Krieges. Aber daß es das gegeben hat, kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen. Früher ist der Circus Krone ja oft gekommen, heute passiert das nicht mehr. Damals hat es noch kein Fernsehen gegeben, noch nicht dies und das - das war eine andere Zeit."
Nachdem mir diese Zeitzeugin ein paar Hinweise gelegt hatte, erkundigte ich mich als nächstes bei Susanne Matzenau vom Pressebüro des Circus Krone. "Sorry, aus den Jahren 1935-40 liegen uns keinerlei Informationen vor. Der Circus Kronebau mit dem gesamten Archiv wurde 1944 vernichtet. München wurde genauso wie Dresden etc. von den Alliierten bombardiert und in Schutt und Asche gelegt. Darunter auch der Circus Krone-Bau."
Also mußte ich eine andere Route einschlagen, und zwar die Richtung Robert Kaldy-Karo, seines Zeichens Direktor des Wiener Museums für Unterhaltungskunst, der zum einen selbst Zauberkünstler, zum anderen aber auch Forscher und Publizist ist.
"In Wien gab es nie eine Tradition der ‚menschlichen Kanonenkugel’. In unserem Museum befinden sich allerdings Unterlagen zu dieser Attraktion", war seine erste Rückmeldung. Ein Treffen im Museum wurde vereinbart, bei dem mir Kaldy-Karo eine Schachtel voller Zeitungsausschnitte und Programmhinweise zur Verfügung stellte und mich durch die Sammlung führte.
"Die Frage, die ich mir bei der menschlichen Kanonenkugel stelle, ist, wer wen zuerst für den Kanonenschuß beeinflußt hat: Die Zauberkünstler die Artisten, oder umgekehrt. Man kann sagen, daß es in der Artistik drei Berufsgruppen gibt, die sich gegenseitig befruchten: Die Falschspieler, die Zauberkünstler und die Betrüger. Der Betrug und die Artistik haben in Amerika immer durch den ‚midway’ zusammengehört. Der ‚midway’ ist der Gang zum Zirkus; vorn, links und rechts sind die ganzen ‚conmen’ (Englisch für Betrüger) gestanden: Hütchenspieler, Kartentrickexperten, Wurfspieler - und alles war irgendwo getürkt, sodaß der Zuschauer nicht unbedingt gewinnen mußte. Und dort hat sich das gegenseitig befruchtet: Der Zauberkünstler hat etwas beim Falschspieler gesehen und für seine Zwecke übernommen, die falschen Medien haben wieder bei Zauberkünstlern Sachen gesehen und für ihre Betrügereien übernommen."
Ob das in Österreich bzw. Europa anders war? "Durchaus. Bei uns sind eher die Okkult-Betrüger mit den Zauberkünstlern zusammengewachsen. Die Zauberkünstler haben sich schon immer geärgert über die Betrüger, weil sie gewußt haben, daß dort die einfältigen Leute um’s Haxl g’haut werden und haben deswegen versucht, die aufzudecken. Und die haben wieder versucht, alle Anderen davon zu überzeugen, daß sie echt sind", lacht Kaldy-Karo.
Christoph Enzinger, der Kustos der Abteilung "Circus & Clowns" des Museums, gesellte sich zu unserem Gespräch dazu und konnte mir bestätigen, daß es in Österreich keine menschliche Kanonekugel gibt. Kaldy-Karo erläuterte daraufhin die Ausgangsbedingungen von Wien:
"Wien hat genau wie London und Paris Zirkusfestbauten gehabt: den Zirkus Renz, der zerbombt wurde; das Zirkus Busch-Gebäude im Prater, das zerbombt wurde; hinterm Busch auf der Ausstellungsstraße hat es auch noch ein Holzgebäude gegeben, wo verschiedene Zirkusse drin waren; dann hat es noch den Zirkus Gymnasticus gegeben, den hat der Kornhäusl, ein berühmter Baumeister in Wien, gebaut; das waren die Festbauten, die Wien gehabt hat. Dann hat es noch weitere gegeben, das waren aber eher Baracken. Ein Zelt war damals sehr teuer und auch nicht so groß. Die Zirkusse, die armen, haben auch im Freien gespielt."
Die unterschiedlichen Zirkusse standen unter hartem Konkurrenzdruck und scheuten auch nicht davor zurück, einander wechselseitig anzuschwärzen und zu bekämpfen, was ein wenig nach Verhältnissen im Rotlicht-Milieu klingt. Aber von 1880 bis zum Ersten Weltkrieg, als zwei Millionen Menschen in Wien wohnten (die Hälfte davon übrigens Böhmen), gab es eine große Nachfrage nach billigen Vergnügungen - und die fand man im und um den Prater.
Im zweiten Teil erfahren wir Näheres zur internationalen Geschichte der 'Human Cannonballs' - und auch über Robin Valencias Zukunftspläne.
aus: Rokko’s Adventures No. 7
(erschienen im Juni 2010)
Text und Interview: Rokko
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