Peter Stöger
1939 - 1997
Sein literarisches Opus magnum blieb unvollendet. Der EVOLVER präsentiert nun die betreffenden Studien des 1997 verstorbenen Künstlers. Seien Sie gewarnt: Eine Sprache, die "herrschende Textgewohnheiten ignoriert und unter Verwendung pseudoklassischer Formen individuelle, skurrile und anarchische Inhalte" vermittelt, ist nicht jedermanns Sache.
Halten Sie Ihren Homer griffbereit und "den Sphinkter im Zaum"!
05.08.2011
In den Jahren 1982 bis 1987 veröffentlichte Peter Stöger sechs schmale Bände mit Vorarbeiten zum "Monokel des Polyphem"; eine ausführliche Introduktion zum Thema finden Sie hier.
Wir bringen dieses brillante Textkonvolut, exklusiv und erstmals im Internet, als fortgesetzte Serie in lesefreundlichen Abschnitten - und zwar als Faksimile, da Typographie (und stellenweise Graphik) eine seitens des Autors gewählte Einheit bilden. Im Anschluß finden Sie jeweils nähere Erläuterungen.
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Daß Exegese eine heikle Sache ist, haben wir bereits in der ersten Folge erörtert.
Immerhin lassen sich hier und heute Stellen, die man nicht versteht, umstandslos nachschlagen. Wir beschränken uns daher auf Hinweise, die Ihnen die Suche erleichtern, sowie auf Anmerkungen des Verfassers selbst.
Denn schon die Gefährtin des Künstlers saß manchen Passagen ratlos gegenüber, und deshalb fragte sie nach. Daraus entwickelte sich später eine regelmäßige Korrespondenz; teils (hand-)schriftlich, teils über Tonbandaufzeichnungen. (Die Zitate aus ihren Abschriften im Folgenden kursiv.)
" ... das ganze ist ein - noja - ein Kostümstück - wie soll ich sagen, ein - ein Stilmanierismus ...
... eingangs heißt es hier: 'die grazie' (das ist ein Zitat vom Winckelmann) und leitet über zu Goethe (weil der Winckelmann war der Verfechter der - stillen Reinheit, wahre Größe, oder umgekehrt, wie auch immer; und der Goethe durchaus dynamisch) ... 'so herrsche denn eros' (ein Goethezitat) ...
... 'eine huldigungsgeste': jetzt weiß man zuerst nicht, was er damit meint - es wird aber durch die Klammerbemerkung sofort klar: seine Erektion; in Klammer steht aber nicht Erektion, sondern Kephalisation, das heißt eben Kopfbildung - so kann man's ja auch sehen ... 'geradezu eine metamorphose' - und nun kommt ein Zitat aus Goethe ('Die Metamorphose der Pflanzen'): 'ein wundergebild' ... "
" ... 'denn ihre augen hatten begonnen sich zu verdrehen' ... die Madonnen Guido Renis sind bekannt dafür, daß sie die Augen nach oben verdrehen. Die Verbindung einer etwas miesen Religiosität mit einer durchaus handfesten Sexualität ...
Diese mittelhochdeutsche Passage: 'zw underst der scham ...' (das ist ein Zitat aus der Proportionslehre von Dürer) ist nicht sinnlos hereingesetzt, es kommt nämlich nachher der Leonardo da Vinci und ein paar andere (der Max Ernst vor allem) ... Der sieht also ins Tal der gespreizten Schenkel, da fällt ihm der Dürer ein ...
... auf wohltuend kommt natürlich gleich als Assoziation: Woldemar, und das leitet über zum nächsten Zitat: Hilarius Bierfreund. Denn der Woldemar Nürnberger nämlich hat sich so genannt in seiner Schrift über die 'Physiologie der Taverne'.
... Heydenreich ... der war der Autor des Buches 'Buhlerin und Mannesfluch' ... ein Zeitgenosse vom Nürnberger ...
... freitags sitzen die im Wirtshaus ... fällt ihm natürlich Gustav Freytag ein - und darum spricht er jetzt weiter in einem Zitat von ihm: man begehret itzo ... "
" ... 'österreichs preisgünstigstes einspritzmodell': auch das hab ich tatsächlich in der Zeitung gefunden ...
... 'wahrscheinlich gottsched' (jetzt kommt das Zitat: 'weil von der wahrscheinlichkeit ... '). Nun hat der Lessing dem Gottsched sehr viel entgegenzusetzen gehabt ... gegen seine Arbeit beim Theater, d.h. er hat also dem ... was gepfiffen.
... 'stärk dich apoll, närrischer junge' ist ein Zitat von Klinger, darum: 'klingt er da so drängend' ...
... 'fort geht nun die gattin und...wupp! die flasche an den mund' ist eine Allusion an den Hoffmann, aus dem Struwwelpeter ...
... 'an dieser wand dort hinten' - da fällt dem anderen ein: Leonardo da Vinci, denn der hat gesagt: Wenn Du einen farbgetränkten Schwamm an die Wand drückst, dann wirst Du sehen ... was er da sieht, sind Titel der 'Naturgeschichte' von Max Ernst ...
... 'hebe' (das war doch die Serviererin oben am Olymp) ... das Sortiment der Sonnenmünzen, das hat auch der Ernst gehabt in der 'Histoire Naturelle' ...
... 'vor allem freitags' (das ist ja der Zahltag) - da fällt dem anderen natürlich wieder Freytag ein ...: 'zornig entsprang er dem dickicht' (natürlich nicht der rostenden Kanister, sondern der winkenden Blumen - bei Freytag; aber bei mir sind's halt Kanister, weil der ja ein Schrotthändler ist).
... 'non è vero è ben trovato' ist ein Zitat von - Vasari? (weiß ich jetzt nicht genau, aber sehr bekannt jedenfalls) ...
... 'lasciate ogni speranza' ... von Dante (die Überschrift über der Hölle).
... 'poch poch poch poch': ta ta ta taa - so klopft das Schicksal an die Pforte; Beethoven ... "
" ... 'des frommen wahnsinns fürchterliche waffen': das ist von Schiller. Aus 'Maria Stuart' ... der Priester Zungen und des Volkes Schwert ...
... 'an die tafel der phäaken' - weil er doch vorher an den Alkinoos gedacht hat. Jetzt kommt natürlich ein Zitat aus der Odyssee: 'wir suchen kein lob im faustkampf' ...
... 'du bacheracht' ... der Bacheracht hat just dieses Buch geschrieben, über die 'Unmäßigkeit in den Liebeslüsten' ...
... 'die poetischen versuche eines adeligen frauenzimmers' ... die Helmina von Chézy, die vorher auch einmal erwähnt wird ... "
So wie in Folge 10 schlicht ein Gang zum Wirtshaus beschrieben wurde, haben wir es hier mit der Schilderung eines Abends am Biertisch zu tun: Es wird gesoffen und drauflosgeredet. Nur, daß die Beteiligten eben wieder mit dem Fundus ihres spezifischen Wissens herumblödeln.
aqua cum aceto: Anspielung auf Jesus am Kreuz, dem Essigwasser gereicht wurde
kieseln vom kaukasos: Prometheus war an das kaukasische Gebirge gekettet
urgebirgslandschaften: gemeint sind hier offenbar die Maserungen der Wandtäfelung
... ben trovato: "Wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden": italienisches Sprichwort
Nächste Woche geht es weiter. Für heute verabschieden wir uns wie immer mit den Worten des Verfassers:
"Ja, die Grausbirnen werden ihnen aufsteigen - ich hoff's - und es g'schieht ihnen recht."
Peter Stöger: das monokel des polyphem - notizen
Band 1
Vergriffen.
Im Sammelband herausgegeben bei:
Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 2007)
ISBN 9783854372974
Peter Stöger: peregrinus - eine introduktion
Hrsg.: Helga Schicktanz
Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 1998)
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