Peter Stöger
1939 - 1997
Sein literarisches Opus magnum blieb unvollendet. Der EVOLVER präsentiert nun die betreffenden Studien des 1997 verstorbenen Künstlers. Seien Sie gewarnt: Eine Sprache, die "herrschende Textgewohnheiten ignoriert und unter Verwendung pseudoklassischer Formen individuelle, skurrile und anarchische Inhalte" vermittelt, ist nicht jedermanns Sache.
Halten Sie Ihren Homer griffbereit und "den Sphinkter im Zaum"!
24.06.2011
In den Jahren 1982 bis 1987 veröffentlichte Peter Stöger sechs schmale Bände mit Vorarbeiten zum "Monokel des Polyphem"; eine ausführliche Introduktion zum Thema finden Sie hier.
Wir bringen dieses brillante Textkonvolut, exklusiv und erstmals im Internet, als fortgesetzte Serie in lesefreundlichen Abschnitten - und zwar als Faksimile, da Typographie (und stellenweise Graphik) eine seitens des Autors gewählte Einheit bilden. Im Anschluß finden Sie jeweils nähere Erläuterungen.
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Daß Exegese eine heikle Sache ist, haben wir bereits in der ersten Folge erörtert.
Immerhin lassen sich hier und heute Stellen, die man nicht versteht, umstandslos nachschlagen. Wir beschränken uns daher auf Hinweise, die Ihnen die Suche erleichtern, sowie auf Anmerkungen des Verfassers selbst.
Denn schon die Gefährtin des Künstlers saß manchen Passagen ratlos gegenüber, und deshalb fragte sie nach. Daraus entwickelte sich später eine regelmäßige Korrespondenz; teils (hand-)schriftlich, teils über Tonbandaufzeichnungen. Die Zitate aus ihren Abschriften finden Sie im Folgenden kursiv gedruckt. (Anmerkung: Es handelt sich dabei um eine Auswahl privater Zeilen und Aufnahmen, die nicht zur Veröffentlichung verfaßt worden waren; daher die streckenweise eigenwillige Diktion.)
" ... die Sache mit der Köchin: Formal fällt ja zuerst der durchgehende (leicht corrumpierte) Hexameter auf (und eine Art 'Hexe' ist ja auch gemeint), das Versmaß, in dem u.a. meistens mythologische Vorgänge erzählt wurden. Hier geht's quasi um eine Geburt ... der jedoch bedrohliche Dinge (erst Katastrophe, dann die große Stille) vorausgingen ... "
" ... natürlich geht's um Vergils 'Aenäis', weshalb die Gattinger als Kassandra, die Großmutter als Hekuba, der Großvater als Anchises + ich als Aenaias 'figurieren', wobei authentische Autobiographie mit dem Kriegsgeschehen 1943 in die Troja-Angelegenheit gemixt wird ... (Der 'Pfaffe' ist natürlich Laokoon!)
Die Gattinger Eugenie existierte wirklich ... - Da mir der Name als Bezeichnung einer bestimmten Gattung (u.a. des 'chthonisch-Weiblichen' etc.) so überaus treffend erschien, habe ich ihn als eine Art 'Leitmotiv' verwendet (Gattinger evoziert nicht nur 'Gattin', sondern auch 'begatten', und Eugenie heißt wörtlich 'die aus gutem Geschlecht' ... "
Für die Endversion im "Peregrinus" wurde der 'Anchises'-Text später nochmals überarbeitet. Dort heißt es dann auch - wie im klassischen Original - "... et dona ferentes". Aus der Gattinger Eugenie wird allerdings eine Walkner Steffi; vielleicht aus Rücksicht auf das reale Vorbild.
Was die erwähnten Elemente authentischer Biographie betrifft, dürfte sich das im wesentlichen auf die ersten beiden Absätze beschränken: 1943 war der Verfasser vier Jahre alt. Sein Großvater jedenfalls war tatsächlich Kapitän.
Am auffälligsten ist bei diesen Passagen natürlich der "Schundroman"-Erzählstil. Der Autor verzichtet dabei auch auf die durchgehende Kleinschrift - ein formales Prinzip, dem er (aus optischen Gründen) ansonsten folgt.
mit gebrochenem Genick: siehe Folge 1 / Echion
Nächste Woche geht es weiter - mit "Kindheitserinnerungen" im Stile pornographischer Groschenhefte. Für heute verabschieden wir uns wie immer mit den Worten des Autors:
"Ja, die Grausbirnen werden ihnen aufsteigen - ich hoff's - und es g'schieht ihnen recht."
Peter Stöger: das monokel des polyphem - notizen
Band 1
Vergriffen.
Im Sammelband herausgegeben bei:
Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 2007)
ISBN 9783854372974
Peter Stöger: peregrinus - eine introduktion
Hrsg.: Helga Schicktanz
Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 1998)
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