Stories_Peter Stöger

Das Monokel des Polyphem - Notizen (6)

Sein literarisches Opus magnum blieb unvollendet. Der EVOLVER präsentiert nun die betreffenden Studien des 1997 verstorbenen Künstlers. Seien Sie gewarnt: Eine Sprache, die "herrschende Textgewohnheiten ignoriert und unter Verwendung pseudoklassischer Formen individuelle, skurrile und anarchische Inhalte" vermittelt, ist nicht jedermanns Sache.
Halten Sie Ihren Homer griffbereit und "den Sphinkter im Zaum"!    24.06.2011

In den Jahren 1982 bis 1987 veröffentlichte Peter Stöger sechs schmale Bände mit Vorarbeiten zum "Monokel des Polyphem"; eine ausführliche Introduktion zum Thema finden Sie hier.

Wir bringen dieses brillante Textkonvolut, exklusiv und erstmals im Internet, als fortgesetzte Serie in lesefreundlichen Abschnitten - und zwar als Faksimile, da Typographie (und stellenweise Graphik) eine seitens des Autors gewählte Einheit bilden. Im Anschluß finden Sie jeweils nähere Erläuterungen.

 

[ << zur vorigen Folge  ...  zur nächsten Folge >> ]

 

 

 

 

 

Daß Exegese eine heikle Sache ist, haben wir bereits in der ersten Folge erörtert.

Immerhin lassen sich hier und heute Stellen, die man nicht versteht, umstandslos nachschlagen. Wir beschränken uns daher auf Hinweise, die Ihnen die Suche erleichtern, sowie auf Anmerkungen des Verfassers selbst.
Denn schon die Gefährtin des Künstlers saß manchen Passagen ratlos gegenüber, und deshalb fragte sie nach. Daraus entwickelte sich später eine regelmäßige Korrespondenz; teils (hand-)schriftlich, teils über Tonbandaufzeichnungen. Die Zitate aus ihren Abschriften finden Sie im Folgenden kursiv gedruckt. (Anmerkung: Es handelt sich dabei um eine Auswahl privater Zeilen und Aufnahmen, die nicht zur Veröffentlichung verfaßt worden waren; daher die streckenweise eigenwillige Diktion.)

 

 

" ... die Sache mit der Köchin: Formal fällt ja zuerst der durchgehende (leicht corrumpierte) Hexameter auf (und eine Art 'Hexe' ist ja auch gemeint), das Versmaß, in dem u.a. meistens mythologische Vorgänge erzählt wurden. Hier geht's quasi um eine Geburt ... der jedoch bedrohliche Dinge (erst Katastrophe, dann die große Stille) vorausgingen ... "

 

" ... natürlich geht's um Vergils 'Aenäis', weshalb die Gattinger als Kassandra, die Großmutter als Hekuba, der Großvater als Anchises + ich als Aenaias 'figurieren', wobei authentische Autobiographie mit dem Kriegsgeschehen 1943 in die Troja-Angelegenheit gemixt wird ... (Der 'Pfaffe' ist natürlich Laokoon!)

Die Gattinger Eugenie existierte wirklich ... - Da mir der Name als Bezeichnung einer bestimmten Gattung (u.a. des 'chthonisch-Weiblichen' etc.) so überaus treffend erschien, habe ich ihn als eine Art 'Leitmotiv' verwendet (Gattinger evoziert nicht nur 'Gattin', sondern auch 'begatten', und Eugenie heißt wörtlich 'die aus gutem Geschlecht' ... "

 

Für die Endversion im "Peregrinus" wurde der 'Anchises'-Text später nochmals überarbeitet. Dort heißt es dann auch - wie im klassischen Original - "... et dona ferentes". Aus der Gattinger Eugenie wird allerdings eine Walkner Steffi; vielleicht aus Rücksicht auf das reale Vorbild.

Was die erwähnten Elemente authentischer Biographie betrifft, dürfte sich das im wesentlichen auf die ersten beiden Absätze beschränken: 1943 war der Verfasser vier Jahre alt. Sein Großvater jedenfalls war tatsächlich Kapitän.

Am auffälligsten ist bei diesen Passagen natürlich der "Schundroman"-Erzählstil. Der Autor verzichtet dabei auch auf die durchgehende Kleinschrift - ein formales Prinzip, dem er (aus optischen Gründen) ansonsten folgt.

 

mit gebrochenem Genick: siehe Folge 1 / Echion

 

 

Nächste Woche geht es weiter - mit "Kindheitserinnerungen" im Stile pornographischer Groschenhefte. Für heute verabschieden wir uns wie immer mit den Worten des Autors:
"Ja, die Grausbirnen werden ihnen aufsteigen - ich hoff's - und es g'schieht ihnen recht."


EVOLVER-Redaktion

Peter Stöger


1939 - 1997

Links:

Peter Stöger: das monokel des polyphem - notizen

Band 1


Vergriffen.
Im Sammelband herausgegeben bei:
Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 2007)
ISBN 9783854372974

Peter Stöger: peregrinus - eine introduktion

Hrsg.: Helga Schicktanz


Österreichischer Kunst- und Kulturverlag (Ö 1998)

Links:

Kommentare_

Akzente
Sport als Thema im Gaming

Play the Controller!

Man kann sich als Hobbysportler im Freien abmühen, Sehnen zerren und Knochen brechen - und wird doch nie so ein Profi wie die im Fernsehen. Alternativ dazu kann man aber auch als Computer-/Konsolenspieler die Höhen aller möglichen Sportarten erklimmen.  

Akzente
Dokumentarfilme

Warum wir Dokus brauchen

Hollywood liefert nur mehr Remakes und/oder Woke-Belehrungsfilme. Der TV-Serien-Boom bringt mittlerweile auch vorwiegend Mittelmäßiges hervor. Es ist höchste Zeit, sich einem noch relativ "unverdorbenen" Genre zu widmen: dem Dokumentarfilm.  

Akzente
Gaming im Netz

Online-Spiele

Wie sicher ist das neueste Online-Game, mit dem Sie oder Ihr Nachwuchs sich gerade intensiv beschäftigen, für Ihren PC? Könnte es sein, dass Viren drinstecken, irgendwer Ihnen die Kontodaten stiehlt oder Ihre persönlichen Daten durchs Netz schwirren? Wir informieren.  

Akzente
Fußball-WM 2022 - die Songs

Kick it like Udo

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar beginnt in wenigen Wochen. Damit ist klar, daß jetzt auch die Songs aus dem offiziellen Soundtrack verstärkt aus den Boxen hämmern werden.  

Akzente
Winterpause 2020/21

Die letzten Tage der Menschheit ...

... sind auch heuer wieder nicht angebrochen. Unser wohlverdienter Neujahrsurlaub hingegen schon.  

Kino
Film-Tips November & Dezember 2020

Dahoam ist dahoam?

Werden Sie heuer, in Zeiten des großen Corona-Betrugs, noch ein Kino betreten dürfen? Das wissen nur die Götter und Bill Gates. Hans Langsteiner verrät ihnen trotzdem, wofür sich der Ausflug lohnen würde. Und Peter Hiess berichtet fachgerecht über Couch-Alternativen.