aus: Rokko´s Adventures No.5
Zur Vergewaltigung von Tonträgern, oder: Phantasie und Wahn auf dem Tonträger
Text: Rokko
Titelphoto: Klang & Kleid Records
Man kann Platten natürlich auch einfach abspielen. Doch die runden Tonträger scheinen eine magische Anziehungskraft auf jene auszuüben, die mit Allem herumexperimentieren müssen. 03.08.2010
Zu Beginn klang die Idee alleine, Schall zu speichern, wohl wahnsinnig genug. Zeit aufzuheben, Vergangenes jederzeit wiederholbar zu machen, auditive Momente abrufbereit zu bewahren - erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden diesbezüglich erste ernsthafte Erfolge erzielt. Anfangs ging es aber gar nicht so sehr um Musik, sondern eher um die Aufzeichnung der menschlichen Stimme. Thomas Edison machte 1877 die ersten Skizzen zu seinem Phonographen, den er noch im selben Jahr am Patentamt anmelden sollte. Mittels einer Walze kann dieses Gerät Schall aufzeichnen und wiedergeben. 1878 veröffentlichte Edison zehn Anwendungsgebiete seiner "Sprechmaschine", bei denen das Aufnehmen und Wiedergeben von Musik erst an vierter Stelle kommt. Als andere Einsatzgebiete nannte er jene als Diktiergerät, als Buch für Blinde oder als Sprachlehrer. Die Platte galt also zu Beginn eher dem gesellschaftlichen Nutzen als dem freizeitlichen Vergnügen.
1887 meldete Emile Berliner sein Grammophon zum Patent an, und Edisons Walze wurde von der Schallplatte - damals noch aus Schellack - abgelöst. Ein Jahr später wurde in London schon das erste Konzert live aufgenommen: Händels Oratorium "Israel in Ägypten". Es dauerte nicht lange, bis 1894 die ersten Schallplattenspieler auf den Markt kamen und sukzessive begannen, das Musikleben der breiten Masse völlig umzukrempeln: Bis dahin wurde "sheet music", also Notentexte, verkauft, die man dann selbst zu Hause interpretieren konnte; nun wurde das fertige Produkt geliefert, und man konnte sich dem passiven Musikhören widmen. Der Architekt Erich Mendelsohn stand diesem Paradigmenwechsel durchaus positiv gegenüber und äußerte sich folgendermaßen: "Die Schallplatte räumt auf mit dem Musikdilettantismus der Haustöchter, mit dem unerträglichen Konzertbetrieb, und befreit den musikalischen Menschen, den Künstler von den Hemmungen des Tages durch das Medium der Musik."
1896 eröffnete Emile Berliner in Philadelphia, Pennsylvania den ersten Schallplattenladen, jedoch erreichte die kommerzielle Ausschlachtung noch bei weitem nicht das Niveau späterer Zeiten. Damals mußte noch jede Schallplatte einzeln bespielt werden und konnte auch nur einige wenige Male abgespielt werden. Die Schallplatten konnten außerdem nur in einem Stück aufgenommen werden, es gab keine Schnittmöglichkeiten. So führte ein einziger Fehler eines Musikers dazu, daß die gesamte Aufnahme noch einmal von vorne begonnen werden mußte. Für die Studiomusiker war das Aufnehmen damit ein Vorgang der ständigen Wiederholung und oft enervierend.
1903 hielt der erste Wahnsinn jenseits der Schallspeicherung seinen Einzug: Die Schokoladenfabrik "Stollwerk" erfand einen Kinderplattenspieler, bei dem die abzuspielenden Schallplatten aus Schokolade waren. Ähnliches machte Jahrzehnte später Barry Whites Plattenfirma: Als Werbemaßnahme verschickte sie seine aktuelle Platte auf Schokolade. Der Berliner Erfinder (u. a. stammt von ihm ein Automat, der selbstständig Bierdosen öffnet) und Gabelstaplerfahrer Peter Lardong arbeitete in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Wurst, Rühreiern, Schokolade und Bier (!) als Tonträgermaterial. Zudem steht er im Guinness Buch der Rekorde für die kleinste Schallplatte (ca. so groß wie eine 1 Cent Münze), sowie für den kleinsten Plattenspieler der Welt - zum Abspielen ebendieser.
Doch vorerst zurück an den Beginn des 20. Jahrhunderts: 1904 wurde die erste beidseitig bespielte Platte produziert. 1905 wurden in Frankreich "sprechende Postkarten", die man auf dem Plattenspieler abspielen konnte, hergestellt.
Die Briefe wurden nicht mehr geschrieben, sondern gesprochen, aufgezeichnet und angehört - so zumindest die Utopie, die jedoch nur teilweise in Erfüllung ging. Die Speyer Zeitung vom 2. Dezember 1905 berichtete:
"Natürlich kann diese neue Art und Weise nur zwischen Personen korrespondiert werden, die sich im Besitze der dazu nötigen Apparate befinden. Die Pariser Postverwaltung hat daher nach Art unseres Telephon-Adressbuches ein Verzeichnis der Bewohner von Paris herausgegeben, die Phonographen für die sprechende Postkarte ihr Eigen nennen."
Leider waren das aber nicht genug, als daß sich diese Form der Kommunikation hätte durchsetzen können. Ab 1918 wurde an der Entwicklung des elektrischen Schallplattenspielers gearbeitet, 1919 wurde in Pittsburgh die erste Radiostation eingerichtet. Doch nicht nur in Nordamerika wurden die Vorzüge des Tonträgermediums erkannt und genutzt, auch Lenin z. B. zeichnete im selben Jahr seine Rede "Was ist die Sowjetmacht" auf, um mit dieser Platte die Landbevölkerung aufzuklären. An diesem Beispiel läßt sich die Macht dieses neuen Mediums bereits erahnen.
Ab 1922 experimentierte der französische Komponist Darius Milhaud bereits mit Stimmtransformationen und Änderungen der Abspielgeschwindigkeit. 1930 machten Paul Hindemith und Ernst Toch mit Schallplatten Musikmontagen. 1933 erschien bei RCA die erste Picture Disc, im darauffolgenden Jahr veröffentlichte Theodor W. Adorno unter dem Pseudonym Hektor Rottweiler in der Zeitschrift "23" sein Essay "Die Form der Schallplatte". Darin meint er u. a., daß Musik nicht mehr von der Schrift befördert, sondern zur Schrift selbst wird:
"Um den Preis ihrer Unmittelbarkeit, doch mit der Hoffnung, daß sie, dergestalt fixiert, einmal als die 'letzte Sprache aller Menschen nach dem Turmbau' lesbar wird, deren bestimmte, doch chiffrierte Aussagen jeder ihrer 'Sätze' enthält. Waren aber die Noten noch ihre bloßen Zeichen, dann nähert sie sich durch die Nadelkurven der Schallplatten ihrem wahren Schriftcharakter entscheidend sich an. Entscheidend, weil diese Schrift als echte Sprache zu erkennen ist, indem sie ihres bloßen Zeichenwesens sich begibt: unablöslich verschworen dem Klang, der dieser und keiner anderen Schall-Rinne innewohnt."
Die Popularisierung verschiedener Musikstücke und Musiker, wie wir sie kennen, war nur durch die Entwicklung der Schallplatte und durch die wachsende Verbreitung von Abspielgeräten möglich. Plötzlich konnten unendlich viele Menschen die exakt gleiche Musik unendlich oft hören. Doch: "Ablehnung und Begeisterung polarisiert auch die Interpreten, personifiziert durch den Dirigenten Sergiu Celibidache, der allein im Live- Auftritt eine Sinfonie wirklich hört, und durch den Pianisten Glenn Gould, der das Husten und Schnupfen während des Konzerts nicht mehr ertragen konnte."
Mit der schrittweisen Kommerzialisierung und Verbürgerlichung der Schallplatte wurde sie gleichzeitig zur Zielscheibe für progressive Künstler wie Marcel Duchamp, Jean Dubuffet, Yves Klein, Milan Knizak, Laszlo Moholy-Nagy, John Cage oder Nam June Paik. Die innovative Künstlerfront nahm die neuen Verhältnisse und Produkte an und förderte den Wandel vom Reproduktionsmittel zum Produktionsmittel, wie Laszlo Moholy-Nagy es formulierte: "Da vor allem die Produktion (produktive Gestaltung) dem menschlichen Aufbau dient, müssen wir versuchen, die bisher nur für die Reproduktionszwecke angewandten Apparate (Mittel) zu produktiven Zwecken zu erweitern." Schon 1923 schreibt er von einem "Ritz-ABC", das "alle bisherigen Instrumente überflüssig macht."
John Cage hat folgendermaßen auf die neue Problematik hingewiesen: "... obwohl die Leute annehmen, sie könnten Schallplatten als Musik verwenden, müssen sie schließlich begreifen, daß sie sie als Schallplatten gebrauchen müssen. Und Musik lehrt uns, würde ich sagen, daß der Gebrauch der Dinge, falls er sinnvoll sein soll, eine kreative Handlung ist. Deshalb ist die einzig lebendige Sache, die mit einer Schallplatte geschehen kann, daß man sie auf eine Weise gebraucht, die etwas Neues entstehen läßt. (...) Unglücklicherweise benutzen die meisten Leute, die Schallplatten sammeln, sie auf eine ganz andere Weise: als eine Art tragbares Museum oder als beweglichen Konzertsaal."
Ab 1936 experimentierte Edgard Varèse mit rückwärts und in verschiedenen Geschwindigkeiten abgespielten Schallplatten. John Cages Konzert "Imaginary Landscape No. 1", bei dem u. a. zwei Plattenspieler mit variabler Geschwindigkeit vorkommen, wurde 1939 aufgeführt. 1948 löste das wesentlich klarer klingende Vinyl die bis dahin produzierte Schellack-Platte ab. Ende der 1940er fing Pierre Schaeffer mit Experimenten an Schallplatten, Tonbandgeräten und mit Alltagsgeräuschen an, woraus später das wurde, was unter dem Begriff Musique Concrète Einzug in die Fachwelt hielt.
Neben der Emanzipation des Geräusches (vgl. auch Luigi Russolo - "Die Geräuschkunst", 1913) wurde der Zeit-Parameter zu einem wichtigen Forschungs- und Experimentierfeld. John Cage dazu:
"Wenn Sie in Betracht ziehen, daß ein Ton durch seine Höhe, seine Lautstärke, seine Farbe und seine Dauer charakterisiert wird, und daß Stille, welche das Gegenteil und deshalb der notwendige Partner des Tons ist, nur durch ihre Dauer charakterisiert wird, dann kommt man zu dem Schluß, daß die Dauer, das heißt die Zeitlänge, die fundamentalste der vier Charakteristiken des musikalischen Materials ist. Stille kann nicht als Tonhöhe der Harmonik gehört werden; sie wird als Zeitlänge gehört."
(Wobei ich meine, daß Stille auch Höhe, Lautstärke und Farbe hat. Ich habe bisher nur einmal die absolute Stille "gehört", und zwar war das in der Libyschen Wüste: kein Kühlschrankgeräusch, kein Computersurren, kein Auto, kein Tierlaut, kein Windstoß. Diese Stille war so "unnatürlich", daß sie schon wieder laut und bedrohlich wirkte. Sie hatte neben ihrer Länge definitiv ihren eigenen Sound und ihre eigene Farbe.) Die Dauer ist jedoch auf einer Schallplatte - zumindest scheinbar - vorgegeben. Auswege aus dieser Situation wurden mittels verschiedenster Wege gesucht und auch gefunden, doch dazu später mehr.
1965 fing Milan Knizak damit an, Platten zu zerkratzen, Löcher hineinzubohren, sie zu bemalen, zu zerschneiden und sie zu brechen. Im selben Jahr gab er das Konzert "Broken Music" in Prag: eine Schallplattencollage, bei der er socherart manipulierte Platten abspielte. Knizak:
"Indem ich sie wieder und wieder abspielte (was die Nadel und oft auch den Plattenspieler ruinierte), ergab sich eine völlig neue Musik - unerwartet, nervenaufreibend und aggressiv; Kompositionen, die nur eine Sekunde oder (wenn die Nadel an einem tiefen Kratzer hängenblieb und dieselbe Stelle wieder und wieder spielte) unendlich lange dauerten. Ich entwickelte dieses Verfahren weiter. Ich klebte Klebeband auf die Schallplatten, übermalte sie, verbrannte sie, zerschnitt sie und klebte Teile verschiedener Platten wieder zusammen usw., um eine größtmögliche Klangvielfalt zu erzielen. Eine Klebenaht erzeugte ein rhythmisches Element, das kontrastierende melodische Phasen voneinander trennte. Später dann arbeitete ich auf dieselbe Weise mit Partituren. Ich löschte einige Noten, Bezeichnungen und andere Markierungen, ganze Takte (und bestimmte damit - wenn die Pausen regelmäßig waren - zu einem Teil den Rhythmus), fügte Noten und andere Zeichen hinzu, änderte das Tempo usw. Ich veränderte auch die Reihenfolge der Takte, spielte die Komposition rückwärts, stellte die Notensysteme auf den Kopf, kombinierte Teile verschiedener Partituren usw. Ich benutzte auch Sammlungen populärer Lieder (oder anderer Kompositionen) als Partituren für Orchesterwerke. Jedes Instrument oder jede Gruppe spielt ein anderes Lied. Der daraus resultierende Klang (jede Gruppe behält das originale Tempo, die Intonation und die Länge des jeweiligen Stückes bei) ist eine neue Symphonie. Und natürlich gab es andere ähnliche Ansätze, nebst ihrer Kombinationen und Erweiterungen. Da Musik, die durch das Abspielen zerstörter Schallplatten zustande kommt, nicht (oder nur unter großen Schwierigkeiten) in eine Notenschrift oder eine andere Sprache übertragen werden kann, können die Schallplatten selber zugleich als Notationen verstanden werden." - wie auch schon der Rottweiler meinte.
Das Rückwärtsabspielen von Tonspuren oder Plattensequenzen bzw. "Backmasking" wurde spätestens ab Beatles' "Revolver" (1966) zum breiteren Experimentier-, und gleichzeitig zum Spekulationsfeld. In den 1970ern beschuldigten christliche Organisationen verschiedene Rocker wie Led Zeppelin und Black Sabbath, manipulative, satanische Nachrichten auf ihren Platten zu verstecken, die man nur dann (bewußt!) wahrnehmen könnte, wenn man den Tonträger rückwärts abspielt. Unbewußt aber könnte man einer steten Gefahr ausgesetzt sein (vielleicht sogar schwul werden?!) - so die Befürchtungen der dicken Pfaffen und ihrer geilen Köchinnen. Eine der möglichen Ursachen für die Paranoia an der Christenfront: Der Okkultist Aleister Crowley schrieb bereits 1913 in seinem "Book of Magic", daß er u. a. mittels rückwärts abgespielter Schallplatten versuche, rückwärts denken zu lernen. Wie auch immer: Bis heute konnten keine Beweise für oben genannte Anschuldigungen gefunden werden.
Doch mit den Beschuldigungen kamen Bands wie Slayer und Cradle of Filth erst auf die Idee des "Backmasking" und verwirklichten dies auch in eher kleinkarierter und kindischer Weise: Auf Slayers Album "Hell Awaits" (1985) ist z. B. eine rückwärtige Stimme zu hören, die ca. eine Minute "Join Us" von sich gibt. Bei Cradle of Filth's Lied "Dinner at Deviant's Palace" wird das "Vater Unser" rückwärts gelesen - was auch ein wichtiger Teil der satanischen Messe gewesen sein soll (ja eh...). Besser gefällt mir der Zugang der Band Act of Faith: Diese ließ in ihrem Lied "Angels in Exile" (1988) die Phrase "Satan is bored" laufen, um Anschuldigungen, den Satz "Satan is Lord" auf Platten zu verstecken, humorvoll zu begegnen.
David John Oates, der die Theorie vertritt, daß wir mit jedem Satz zwei Aussagen treffen - einmal die vorwärts, einmal die rückwärts chiffrierte - behauptete, daß im AC/DC-Lied "Highway to Hell" vom selben Album "backmasked messages" versteckt sind, u. a. "I'm the law", "My name is Lucifer" und "She belongs in hell". Angus Young, Gitarrist der Band, entgegnete: "You didn't need to play [the album] backwards, because we never hid [the messages]. We'd call an album Highway To Hell, there it was right in front of them."
Ästhetische Anwendungen des Backmasking jenseits satanistischer Kindergartenspiele gab es bei den verschiedensten Künstlern. Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Erst diente die Schallplatte bzw. ihre Vorform der Schall- und der Musikaufzeichnung. Später nahmen verschiedenste Avantgardisten unerhörte Klänge auf. Das Aufzeichnen komischer Sounds wurde diversen Künstlern verschiedenster Couleurs zuwenig, und sie begannen, das Material der Schallplatte selbst zu manipulieren. Dies geschah anfangs vor allem im sogenannten E-Bereich, erst mit der Industrial Culture und dem Post Punk fand das auch Einzug in die U-Ebene. Das Scratchen wurde in bestimmter Weise schon im E-Bereich angewandt, später experimentierten u. a. die Swell Maps mit dieser Technik, bevor sie im Hip Hop zur Regel wurde. Die Tonträger im Industrial Umfeld sowie im Free Jazz und im (Post) Punk wurden oft von den Künstlern selbst gestaltet und verpackt. Dies hatte zwei Gründe: Erstens rein praktische und ökonomische, zweitens freiheitsliebende: Genausowenig wie bei der Musik wollte man sich bei der Aufmachung gängigen Konventionen fügen.
1978 kündigten Philips Industries bereits die Compact Disc an, doch bis heute konnte die Schallplatte nicht vollständig verdrängt werden. Es stellte sich trotzdem die Frage, wie man auf dem neuen Medium kreativen Spielraum schaffen kann. Ein künstlerischer Nachteil ist auf jeden Fall das kleinere Cover, das für das Design nur wenig Platz bietet. Zudem: Ein Kratzer auf Vinyl wirkt mitunter charmant, doch wenn eine CD hängenbleibt, ist das einfach nur nervtötend. Scratchen mit CDs wurde erst durch eigens dafür konstruierte Geräte wieder möglich, wirkt aber ein wenig aufgesetzt, weil dabei die Technik eines bestimmten Systems einem völlig anderen übergestülpt wird. Andere, mittlerweile großteils ausgereizte Spielarten auf CD sind das Anbringen von Hidden Tracks, die entweder am Schluß der CD nach minutenlanger Stille kommen oder die man nur entdeckt, wenn man bei einem Lied mittels Vor- bzw. Nachlaufmodus in eine Art Zwischenzone gerät. Seltsame digitale Durchnumerierungen von CDs haben u. a. das italienische Label Robotradio Records sowie die Melvins (siehe "Lysol": 1 Track für sechs Lieder und "The Maggot": jedes Lied wurde in zwei anwählbare Tracks aufgeteilt) angefertigt.
Im nächsten Teil möchte ich mich mit konkreten Platten und deren Manipulationen beschäftigen.
aus: Rokko´s Adventures No.5
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Text: Rokko
Titelphoto: Klang & Kleid Records
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