Stories_Elvis und die UK Charts

Der schnelle Weg zum Nr.1 Hit

Mit einem Original-Titel aus dem Jahr 1959 landete Elvis Presley kürzlich den 1000. Nr.1-Hit in der Geschichte der britischen Charts. DJ Micky Maaaas über die Hitparade auf der Insel.    31.01.2005

Es war im Sommer 1982 als Micky zu einem Sprachurlaub nach Broadstairs (Südengland) reisen durfte. Eine Reise, die ihn stark veränderte und nachhaltig prägte.

Mit 15 Lebensjahren lagen seine Interessen vor allem bei König Fußball, Fernsehen und ein wenig Musik (vornehmlich Queen, Wolfgang Ambros oder auch Shakin Stevens). An diesen Künstlern orientierte sich auch sein pubertärer Bekleidungsstil (siehe Bild): Von Shakin Stevens die weißen Schlüpfer, von Ambros die Jeanskluft und von Queen ein Badge/Button an der Brust.

Da in der Sprachreisegruppe vornehmlich Mitreisende weiblichen Geschlechts waren, fand er kaum Fußball-Gesprächspartner - und so begleitete er die Girls zu Disco- und Konzertbesuchen. Das führte zu dem, was man in den frühen 80ern an eine beliebte Kinotrilogie angelehnt den "La Boum"-Effekt nannte; Urlaubsflirts, erste Küsse und Konzerte, die fortan den Musikgeschmack des Herrn Maaaas prägten: In Ramsgate sah er Hazel O´Connor mit Duran Duran als Vorgruppe. Zwei Tage später spielten Madness mit den Bad Manners ein Open Air im Nachbarort. Und der Sommerhit 1982 war ohnehin "Come On Eileen" von den Dexys Midnight Runners.

Und wenn die ersten Discobesuche eines Teenagers mit der Musik von Yazoo, Human League und Visage untermalt werden, kann das ja nur gut sein. Den ersten Walzer tanzte er damals nach eigenen Angaben zu "Golden Brown" von den Stranglers.

 

Zurück in Wien dudelte aus dem Äther immer noch Shakin Stevens, Status Quo, Queen oder auch Kim Wilde. Aber gerade in der Musik und dem optischen Erscheinen der ganzen New Wave, New Romance, Electro und auch der Ska-Bewegung fand er alle Erinnerungen dieses wunderbaren Sommers wieder.

Bald entdeckte Micky am Weltempfänger einen Berliner Radiosender, der Montag abends die UK Charts vom vorangegangenen Sonntag spielte. Mit dem Daumen am roten Knopf des Kassettenrekorders nahm er (ganz kabellos) all die Hits auf, die einige Monate später auch in Österreich erhältlich waren. Seit diesem denkwürdigen Sommer beobachtete Micky regelmäßig die englischen Charts; deren Auswürfe prägten seinen Geschmack und veränderten sein Outfit (wie das zweite Photo zeigt) in kurzer Zeit extrem. Professoren des Gymnasiums in Perchtoldsdorf können noch heute mit Schrecken berichten ...

Die englische Hitparade wurde zu Mickys Bibel; die Medien durch die er sie konsumieren konnte, änderten sich jedoch schnell. War es zuerst noch das Teeniemagazin "Smash Hits", danach der legendäre "Melody Maker", informierte sich der musikbegeisterte junge Mann dann über das Kabelfernsehen (Sky Channel, später MTV und Top of The Pops auf BBC) bis hin zuletzt und bis heute auch über das Internet.

 

Chart History

 

Die ersten offiziellen englischen Popcharts wurden basierend auf den aktuellen Plattenverkaufszahlen am 14. 11. 1952 veröffentlicht. Die allererste Nummer 1 war der Italo-Amerikaner Al Martino mit dem Song "Here In My Heart". 2002 feierten die englischen Popcharts ihr 50jähriges Bestehen, die meistverkaufte Single zu diesem Zeitpunkt war Elton Johns '97er Version von "Candle In The Wind" - dies wird wohl mit Plattenverkäufen nie wieder zu toppen sein; MP3-Tauschbörsen und CD-Brenner bescheren der Musikindustrie seitdem nur noch Negativrekorde.

Der Dancefloorknaller des schwedischen DJs Eric Prydz, "Call On Me", war die erste (CD-)Single, die sich in der Woche als sie die Spitze der englischen Charts erreichte, weniger als 25 000 Mal verkaufte. Herrn Prydz und auch den Original-Komponisten Steve Winwood muß man trotzdem nicht bedauern: Über die Rechte an den Klingelton-Melodien machten Sie die Differenz locker wett.

Als beste UK-Chart-Single aller Zeiten (hier wird die Verweildauer des Titels als Bemessungsgrundlage genommen) gilt nach wie vor "My Way" von Frank Sinatra.

 

The Christmas No.1

 

Bekannt spannend ist jedes Jahr der Kampf um den aktuellen Weihnachts-No.1-Hit. Dem Titel also, der am Sonntag vor dem Weihnachtsfest die britischen Charts anführt. Die Musikindustrie plant hierfür minutiös den Veröffentlichungstermin, Werbeeinsätze sowie Promotiontermine. Spitzenreiter in dieser Kategorie sind der Charity-Titel "Do They Know It´s Christmas" von den jeweiligen Popstars (In den Jahren 1984, 1989 und 2004) sowie Cliff Richard mit seinem alljährlichen Weihnachtsausstoß (1960, 1988, 1990 und 1999).

Unvergeßlich auch John Lennons posthumer 80er-Weihnachtserfolg "(Just Like) Starting Over", der schon eine Woche darauf vom St.-Winifred-Schulchor mit dem unschlagbaren Titel "There´s No One Like Grandma" verdrängt wurde.

 

Österreicher in den UK Charts

 

Österreicher führten immerhin zwei Mal die Spitze der UK-Charts an. Falco gelang das eine Woche lang im Mai 1986 - und Herrn Ötzi mit "Hey Baby" im September 2001. Opus schaffte es ein Jahr nach Falco mit "Live Is Life" bis auf Platz 6, soweit kamen 1989 auch Edelweiss mit Ihrem gleichnamigen Hit.

Gerry "Ötzi" Friedle wird aber wohl eher zu den humoresken Charttoppern gereiht, zu denen auch Chef (Zeichentrick-Koch der TV-Serie "South Park") mit "Chocolate Salty Balls" und Bob der Baumeister mit "Mambo No.5" (beide 1999) zählen.

 

Elvis Presley schlägt alle Rekorde

 

Mit seinem Titel "One Night" gelang es Elvis Presley im Jänner 2005 nach 1959 zum zweiten Mal die Spitzenposition der britischen Charts mit ein und demselben Song einzunehmen. "One Night" wurde damit die 1000. Single, die die höchste Position in der Verkaufsliste erreichte. Diesen seltsamen Umstand verdanken wir nicht etwa dem 70. Geburtstag des Kings oder der Verwendung des Titels in einem populären Werbespot: Es ist das Ergebnis eines einzigartigen Promotionfeldzuges der Plattenfirma RCA, die kurz vor dem Auslaufen Ihrer Copyright-Rechte (in Europa gelten diese exakt 50 Jahre) noch mal versucht, möglichst viel Geld aus ihrem Elvis-Backkatalog zu quetschen.

Seit der Wiederveröffentlichung des "White Album" der Beatles auf CD hat eine Plattenfirma nicht mehr so viel Geld ausgegeben, um ein Produkt zu bewerben.

Im wöchentlichen Abstand wird seit Jahresbeginn nun jeweils ein ehemaliger Nummer-1-Hit von Elvis Presley als Single veröffentlicht. So wurde bereits in der ersten Chartwoche 2005 "Jailhouse Rock" vom King der neue Chartführer. Wenn die Rechnung von RCA aufgeht, wird also bis zum 25. April 2005 jeweils ein anderer Elvis-Titel an die Spitze der UK-Charts stürmen.

 

Elvis Presley stellte vergangene Woche übrigens einige Meilensteine in der Geschichte der Charts auf:

"One Night" ist die tausendste Nr. 1 in den UK-Charts, seine 20. persönliche Chartspitze in England. Er ist nach den Beatles (1963) und John Lennon (1981) der dritte Künstler, der es schaffte, sich selber von der Spitze der Hitparade abzulösen; außerdem ist "One Night" nur eine von vier Singles, die es jemals schafften, ein zweites Mal auf die Top-Position zu kommen.

"Jailhouse Rock" gelang dafür der größte "Falldown" einer Nr. 1 in der Chartgeschichte mit einem Abfall von 1 auf 10 in der aktuellen Reihung.

 

Wie mache ich meinen eigenen Nummer-1-Hit

 

Wenn der geneigte Leser nun Interesse an diesem Thema gefunden hat und nicht nur Micky Maaaas´ Beispiel als "Chart-Addict" folgen möchte, sondern selber mal ganz oben in der Hitparade stehen will, dem sei folgende Lektüre empfohlen.

Die Herren Bill Drummond und Jimmy Cauty veröffentlichten Ende der 80er Jahre ein Handbuch, in dem erläutert wird, wie man es tatsächlich schaffen kann, ohne einen Eurocent (damals noch Pence bzw. Groschen) und ohne jegliches Instrumenten- bzw. Gesangskönnen an die Spitze der englischen Hitparade zu kommen.

Unter dem Namen The Timelords schafften die beiden das mit dem Titel "Doctorin The Tardis" dann auch tatsächlich. Nach selbigem Rezept wiederholten Sie das Kunststück auch einige Male unter dem Namen The KLF. Man sagt, daß auch die heimische Gruppe Edelweiss für Ihren Hit "Bring Me Edelweiss" das Handbuch der beiden Engländer verwendete ...

 

Als UK-Chart-Addict wird Micky natürlich auch weiterhin die Auswürfe der britischen Musikindustrie verfolgen und ganz genau beobachten, ob einem der geneigten Leser oben erwähntes Handbuch zum Erfolg verhelfen wird.

Micky Maaaas

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