Dünner Mann Collection
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Warner 2005
DVD Region 2, 7 DVDs, 4:3
dt. (UT, Dolby Digital 1.0), engl. (UT, Dolby Digital 1.0)
Darsteller: William Powell, Myrna Loy, Maureen O´Sullivan u. a.
Der Film noir muß nicht düster sein - wie Myrna Loy und William Powell in sechs heiteren Krimis auf Basis von Dashiell Hammetts "The Thin Man" bestens beweisen. 30.05.2006
Der Sage nach schrieb Dashiell Hammett seinen letzten Roman "The Thin Man" (1934, dt.: "Der dünne Mann") aus reiner Geldnot und bereits mit einer gewissen Neigung zum Alkohol. Das merkt man dem Buch auch an: Es wirkt erheblich leichtfüßiger als seine Vorgänger, und als den Ermittler der genreübliche Auftrag ereilt, bechert sich dieser gerade durch eine Spelunke. Der Roman enthält trotz klassischem Whodunit-Plot zahlreiche komödiantische Elemente und wurde von Hollywood noch im Erscheinungsjahr als furiose Ur-Screwball-Comedy verfilmt. Der überraschende Erfolg des in zwölf Tagen abgedrehten Low-Budget-Movies zog ganze fünf Fortsetzungen nach sich.
Nora: You know, that sounds like an interesting case. Why don´t you take it?
Nick: I haven´t the time. I´m much too busy seeing that you don´t lose any of the money I married you for.
Erfreuliche Konstante: das trinkfeste Ehepaar, das Indizien gerne gegen Martinis tauscht. Ex-Schnüffler Nick Charles (William Powell) ist eigentlich gar kein Privatdetektiv mehr. Schließlich hat er die reiche Erbin Nora (Myrna Loy) samt ihren Millionen geehelicht, um sich aller existentiellen Sorgen zu entledigen. Das Paar genießt Party-Hopping plus Weltreisen, spielt sich in pointierten Dialogen die Gags zu und kümmert sich um Gäste, Spaß und Drinks. Nick, der ja nun steinreich ist und nicht mehr im Dreck anderer Leute herumschnüffeln mag, lehnt jeden Auftrag ab, vehement sein Cocktail-Glas schwenkend. Das sieht Ehefrau Nora gar nicht gern, denn die wünscht sich etwas Spannung und ein paar Schießereien in ihren tristen Millionenerbinnen-Alltag. So stellt sie ihren Mann bei Reportern und Schurken immer wieder als bereits ermittelnd dar und bringt so die Sache ins Rollen. Gelegentlich nimmt die Dame den Fall sogar selbst in die Hand; nicht immer nüchtern, ganz wie der Herr Gemahl. Sogar Foxterrier Asta schlabbert einmal am falschen Napf.
Reporter: Say listen, is he working on a case?
Nora: Yes, he is.
Reporter: What case?
Nora: A case of scotch. Pitch in and help him.
Was man den sechs unterhaltsamen Streifen heute kaum mehr ansieht, das ist das stark veränderte Rollenbild der Frau. Die war bis dato ängstlich, schlecht, dumm oder alles zusammen, im besten Fall ein Vamp. Nora, entzückend gespielt von einer hinreißend süßen Myrna Loy, ist ironisch, launisch, durchsetzungsfähig, intellektuell ebenbürtig und stellenweise auch todesmutig, ohne dabei auch nur eine Sekunde lang auf die Äußerlichkeiten moderner "Girlies" zu setzen. Auch das Ermittlerklischee wird gebrochen: Nick will von Fällen nichts wissen, vertraut der Polizei - sollen die doch den Job machen! -, steht nie unter Mordverdacht und ist noch dazu in festen Händen. Und daran ist keine Sekunde zu zweifeln, da Mr. und Mrs. Nick und Nora Charles in jedem Film aufs neue den wahren Charme einer romantischen Ehe vorführen und unvergeßliche Szenen mit teils Marxbrotherschem Humor liefern. Der dritte Film beginnt zum Beispiel mit einer Baby-Party anläßlich des Geburtstages von Mr. Charles jr., auf der auch die halbe Unterwelt (mitsamt den eigenen Säuglingen) vertreten ist - köstlich!
Nora: How did you find me here?
Nick: I saw a great group of men standing around a table. I knew there was only one woman in the world who could attract men like that. A woman with a lot of money.
Natürlich kommen nicht alle zwischen 1936 und 1947 abgedrehten fünf Nachfolger gleichermaßen an die Qualität des ersten, vierfach Oscar-nominierten Thin Man heran - aber fast. Die heute gebotene Schauspielkost schickt das schlagfertige Trinkerpaar jedenfalls mit Leichtigkeit auf die Bretter. Nur der sechste Teil der Serie ist wirklich schwach, aber das spricht nicht gegen die "Dünner Mann Collection"-Box.
Die punktet zusätzlich mit Trailern, Kurzfilmen und Cartoons aus der Zeit und einer - verzichtbaren - Folge der gleichnamigen TV-Serie, mit der die angeschlagene MGM 1957 im Fernsehen reüssieren wollte. Eine etwas bemühte, aber dennoch interessante Bonus-DVD erzählt die Karrieren der Schauspieler Myrna Loy und William Powell, die hierzulande wenig bekannt sind. Was fehlt, ist eine Dokumentation, die die Serie in einen historischen Kontext setzen und mehr über die Hintergründe erzählen würde. So ersetzt der trinkfreudige Nick im fünften Film den harten Schnaps durch Apfelwein - weil in der außerfilmischen Realität gerade der Alkohol wegen des Krieges stark rationiert war. Der Preis der Box geht auch in Ordnung; äußerst empörend ist nur, daß Käufer sich auf jeder DVD äußerst aufdringliche Anti-Raubkopierer-Werbung ansehen müssen (während Raubkopierer diese bestimmt nie zu Gesicht bekommen). Wann werden die Filmfritzen kapieren, wie sehr wir sie für dieses sinnlose Tun verachten?
Nick: Now my friends, if I may propose a toast: Let us eat, drink and be merry, for tomorrow we may die.
Jeder, der den Film noir liebt, muß diese Filme gesehen haben. Auch Screwball-Fans kommen voll auf ihre Kosten, und kriselnde Ehen sollten sich den Stoff anstelle einer Paartherapie gönnen: So wunderschön kann Partnerschaft sein! Lässigere Krimis sind danach nie wieder gedreht worden, und rauchen oder trinken darf man sicher auch hierzulande bald nicht mehr.
Dünner Mann Collection
ØØØØØ
Warner 2005
DVD Region 2, 7 DVDs, 4:3
dt. (UT, Dolby Digital 1.0), engl. (UT, Dolby Digital 1.0)
Darsteller: William Powell, Myrna Loy, Maureen O´Sullivan u. a.
Die Zerstörung des dünnen Mannes
In der Kasse herrscht Ebbe, der Anzug ist ein bißchen ausgebeult, und die Frau des Herzens entpuppt sich als Mörderin. Dem Schnüffler ist´s egal, ihm geht es ohnehin nur um den Job - und natürlich um die Gerechtigkeit. Das Fundament für dieses Klischee des "Hard-boiled"-Ermittlers, der mit weichem Herz und harten Fäusten Fälle löst, zementierten Raymond Chandler (Philip Marlowe), Mickey Spillane (Mike Hammer) und allen voran Dashiell Hammett (Sam Spade). War Chandler der moralische Literat unter den Dreien und Spillane der etwas zu fleißige Pulp-Schreiber, so gilt Hammett dank eigener Vergangenheit als Pinkerton-Detektiv als milieunächster Autor mit durchaus ernsten Untertönen. Weil er für Pinkerton auch rabiat gegen Gewerkschaftler vorgehen mußte, trat der zunehmend desillusionierte Hammett später der Kommunistischen Partei bei und wurde Präsident der US-Bürgerrechtsbewegung Civil Rights Congress. Das brachte ihn ins Fadenkreuz der McCarthy-Ära und in den Knast. Seine Radiosendungen wurden abgesetzt, die Bücher nicht mehr gedruckt, seine Tantiemen beschlagnahmt. Hammett erholte sich nie wieder von den Folgen der US-amerikanischen Kommunistenhatz und starb schließlich krank und verarmt.
Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.
Einsames Aufräumen ist das gemeinschaftliche Feiern unserer Zeit. Entsprechend miste auch ich ununterbrochen aus - Medien zum Beispiel, weil die sowieso verzichtbar sind. Vor allem Bücher werden völlig überschätzt.
Einige wenige Wohlgesonnene, es werden wöchentlich weniger, warten seit gefühlten Äonen auf diese neue Kolumne - und dabei wird es auch bleiben, und ich rate sowieso ab.
Immer wieder ist von junger Literatur die Rede, und wenn davon die Rede ist, dann nicht von uns. Und das ist nur einer der vielen Vorteile des Alters, über die unser gealterter Star-Kolumnist Sie heute informieren wird.
Wenn Sie nicht wissen, was "Social Media" oder "K2-18b" sind, dann können Sie eigentlich gleich aufhören zu lesen. Aber auch sonst raten wir wie immer von der Lektüre dieser irrelevanten Kolumne ab, in der es zwar heute mal um was geht, aber um nichts Wichtiges.
Immer wieder fallen uns Sprachzombies mit halbverrotteten Phrasen an. Zumindest dieser einen sollten wir einen Headshot verpassen.
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