Jeff Beal - Carnivàle
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Varèse Sarabande/MM Media Trade (USA 2004)
Noch ein Geheimtip: Die HBO-Serie rund um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse erfreut sich in den USA bereits einer treuen Fan-Gemeinde. Der Score vermittelt erste Eindrücke. 17.03.2005
Before the beginning, after the great war between Heaven and Hell, God created the Earth and gave dominion over it to the crafty ape he called man. And to each generation was born a creature of light and a creature of darkness. And great armies clashed by night in the ancient war between good and evil. There was magic then, nobility, and unimaginable cruelty. And so it was until the day that a false sun exploded over Trinity, and man forever traded away wonder for reason.
Mit diesen Worten begrüßt Samson, Direktor des Wanderzirkus Carnivàle den willigen TV-Zuseher im Amerika der Dreißiger. Dargestellt von David Lynchs Lieblingszwerg Michael J. Anderson, ist er gemeinsam mit dem immer wieder großartigen Charismatiker Clancy Brown und Nick Stahl (John Connor in "Terminator 3") eine der Hauptfiguren der Serie "Carnivàle" aus dem Hause HBO. Der US-Sender, der mit Produktionen wie Alan Balls "Six Feet Under", David Chases "Sopranos" oder David Simons "The Wire" (an dem auch George Pelecanos und Dennis Lehane mitschrieben) immer wieder belegte, wie qualitativ hochwertig und originell Fernsehen sein kann, hat mit Daniel Knaufs Mystery-Serie erneut sein Talent für Extravagantes unter Beweis gestellt.
Zur Handlung: In den Weiten Oklahomas stößt der junge Ausbrecher Ben Hawkins (Nick Stahl) auf einen Wanderzirkus (mit dabei: die bärtige Lady, siamesische Zwillinge, eine Schlangenbeschwörerin, ein blinder Gedankenleser etc). Da er ohnehin auf Jobsuche ist, schließt er sich der illustren Freakshow an und zieht mit ihr fortan quer durchs Land. Daß er nebenbei über übernatürliche Fähigkeiten verfügt und heilende Wunder vollbringen kann, ist nicht nur für "The Management", die Fädenzieherin hinter Samson, von Interesse. Inmitten des Browningschen Kosmos lernt Ben seine Fähigkeiten kennen und freundet sich mit der Zirkustruppe an. (Tod Brownings "Freaks" aus dem Jahre 1932 galt Jahrzehnte lang als Skandalfilm, da im Mittelpunkt die Zirkustruppe einer Freakshow stand, die auch von echten "Freaks" dargestellt wurde.)
Gleichzeitig wird er von mysteriösen Visionen geplagt, und zwar denselben, die auch den zwielichtigen kalifornischen Methodistenpfarrer Justin (Clancy Brown) - ebenfalls mit ein paar magischen Assen im Ärmel - heimsuchen. Bruder Justins Verhaltensweise gegenüber seinen Mitmenschen läßt allerdings daran zweifeln, ob er es ist, der auf dem rechten Pfad wandelt. Bis sich die beiden schließlich auch außerhalb ihrer Träume gegenüber stehen, ist es nur eine Frage der Zeit ...
Die im vergangenem November mit fünf Emmy-Awards (u. a. für "Main Title Design" und "Kamera") ausgezeichnete Produktion begeistert seit letztem Jahr das US-Publikum. Am neunten Jänner fiel der Startschuß zur zweiten Staffel.
The signs of the end times are all around us, etched in blood and fire by the left hand of god.
Neben der biblisch anmutenden Story punktet "Carnivàle" auch in Sachen Besetzung: Reverand Norman Balthus, Justins Vater, wird von keinem Geringerem als Waltons-Daddy Ralph Waite ("Gute Nacht, John-Boy!") gespielt, die Schlangenbeschwörerin Ruthie von Adrienne Barbeau ("Escape from N. Y."), Ed-Harris-Gattin Amy Madigan mimt Bruder Justins Schwester Iris, und den absinthschlürfenden Seher Lodz gibt Patrick Bauchau, bekannt aus Aaron Spellings Vampirserie "Kindred: The Embraced" und "The Pretender". Regie führten unter anderem Routiniers wie Rodrigo García ("Sopranos"), Tim Hunter ("Twin Peaks") oder Peter Medak ("Romeo is Bleeding").
Um der Mystery-Serie auch musikalisch das richtige Flair zu geben, wurde Jeff Beal ("Monk") beauftragt. Knapp eine Stunde seiner Arbeit gibt es jetzt auf dem vorliegendem Soundtrack zu hören. Auf 26 Tracks mischt Beal amerikanischen Folk mit sphärischen Klängen der Anderswelt.
Das "Main Title Theme", komponiert von Wendy Melvoin und Lisa Coleman, erinnert stark an Danny Elfmans "Big Fish" - ein roter Stilfaden, der sich quer durch den Soundtrack schlängelt und auch in Beals Kompositionen manifestiert. Während uns die Tracks
"Carnivàle" und "Justin at Mr. Chin´s" das Innenleben von Ben und Bruder Justin näherbringen, steht "Lucky to Have Jonesy" für die leidgeplagte Sofie, deren katatonische Mutter Apollonia über telepathische Fähigkeiten verfügt. Beal gelingt es dabei - ebenso wie bei den anderen Nummern -, den Hörer in eine längst vergangene Zeit zu entführen und ihm eine mystische Klangwelt zu offenbaren, deren Atmosphäre einlullt und sukzessive gefangennimmt.
Seit "Carnivàle" war Beal übrigens alles andere als untätig. Neben Kompositionen für die Mystery-Serie "Medium" mit Patricia Arquette zeichnet er unter anderem als Komponist für die Tom-Selleck-Serie "Stone Cold", den Dokumentarfilm "In the Realms of the Unreal" und "Emmanuel´s Gift" verantwortlich.
Anspieltips: "Carnivàle Main Title Theme", "The Carnivàle Convoy", "Storm´s Coming", "Ben Heals Kerrigan"
Jeff Beal - Carnivàle
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Varèse Sarabande/MM Media Trade (USA 2004)
Carnivàle - The Complete First Season
Import-Tip: USA
Wer nicht warten möchte, bis sich einer der hiesigen Sender der Serie erbarmt, kann schon jetzt zur in den USA auf DVD (HBO Home Video) erhältlichen ersten Staffel greifen.
Für knapp 70 Euro gibt es die ersten zwölf Folgen mit einer Laufzeit von knapp 720 Minuten auf 6 DVDs. Als Bonus stehen neben einer "Behind the Scenes"-Featurette drei Audiokommentare zur Verfügung.
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