Bastard-Pop/TwoTracker
Wenn sich Michael Jackson mit Ray Parker Jr. anlegt, ist das kein Fall für die Gerichte, sondern ein "TwoTracker". Bastard-Pop-DJ Micky Maaaas erläutert, wie das hippe Genre funktioniert. 15.07.2004
Der Fortschritt der Sound-Software für PCs ermöglicht es schon seit geraumer Zeit, daß nicht nur professionelle Produzenten mit teuren Studioausstattungen, sondern immer mehr auch Besessene aller Altersklassen an ihren Heimcomputern klangtechnisch hervorragende Musik produzieren können. Die Zeit, selbst ein Instrument zu lernen, nehmen sich heute allerdings nur noch die wenigsten - kein Wunder, wenn sich aus diversen Sound-Bausteinen doch ganz einfach neue, kreative Tracks basteln lassen.
Wenn man nun aus Teilen bekannter Hits etwas Neues zusammenmischt, nennt sich das Bastard-Pop. Ungefähr 1999 begann sich im Underground eine Szene für dieses neue Genre zu entwickeln, verstärkt durch die Möglichkeiten des Internet.
Im Bastard-Pop gibt es verschiedene Stilformen: die klassischen "TwoTracker", die "Mash-ups" und die "Stereocrashers". In der Folge sollen diese drei Stile mit ihren wichtigsten Vertretern und einschlägigen Musikstücken vorgestellt werden.
Episode One: TwoTracker
Der TwoTracker ist der Klassiker im Bastard-Pop. Das simpel klingende Rezept dazu: Man nehme die Instrumentalspur eines Pop-Klassikers und lege die Vocalparts eines zweiten Hits darüber. Mit viel Feingefühl und der passenden Musik-Software werden dann die Stimm-/Tonlagen sowie die Geschwindigkeit der einzelnen Spuren verändert, bis sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt.
Die Klassiker dieses Subgenres sind Tracks wie Michael Jacksons "Bad" vs. Ray Parker Jr.´s "Ghostbusters" oder U2s "New Year´s Day" vs. Whitney Houstons "I Wanna Dance With Somebody". (Allerdings ist jedem DJ zu empfehlen, letzteren TwoTracker nicht in einem Irish Pub zu spielen, da einem dort die aufgebrachte Meute von Hardcore-U2-Fans ob der Schändung ihrer Götter schnell nach dem Leben trachten kann ...)
Es dauerte nicht lange, bis in den bekannten Musiktauschbörsen unzählige TwoTracker dieser Art kursierten, und bald wurden auch die Plattenfirmen darauf aufmerksam. Während die meisten Konzerne versuchten, den "Musikraub" zu unterbinden (bis dato traut sich aus rechtlichen Gründen auch kein österreichischer Radiosender über eine Bastard-Pop-Show), nützen andere das kreative Potential der Bootlegger - wie man die Bastard-Pop-Produzenten auch gern nennt: In Zusammenarbeit mit dem Bootlegger Narcotic Thrust sang Kylie Minogue bei den Brit Awards 2002 den Text von "Can´t Get You Out of My Head" über die Instrumentalversion von New Orders "Blue Monday". Und George Michael ließ eine vom Bootlegger Kurtis Rush produzierte Version seines Hits "Faith" (mit der Vocal-Spur von Missy Elliotts "Get Ur Freak On" als Bonus-Track auf seine aktuelle CD pressen.
Ein von Richard X gemixter TwoTracker aus Gary Numans 1979er-Hit "Are 'Friends' Electric?" mit Adina Howards Disco-Klassiker "Freak Like Me" wurde gar von den Sugababes neu eingesungen und als "Freak Like Me" sofort Nummer eins der UK-Charts. Der alte Electro-Haudegen Numan ließ es sich nicht nehmen, den Babes bei den folgenden Brit Awards ihre Trophäe zu überreichen - was man ob der anstehenden Tantiemenabrechnung gut versteht.
Noch mehr Industrie-Credibility? Na gut: Jacknife Lee, Bastard-Pop-DJ beim Londoner Sender XFM und einer der ersten Bootlegger, arbeitet zur Zeit an der Produktion des neuen U2-Albums "Tough", das im November 2004 erscheinen soll. Und David Bowies Seventies-Klassiker "Rebel Rebel" wurde soeben vom ziemlich genialen Mark Vidler (Go Home Productions) mit Bowies aktuellem Album-Track zum TwoTracker "Rebel Never Gets Old" gemischt. In den USA landete die neue alte Nummer gleich in einem Werbespot für Audi. Gemeinsam mit der Autofirma veranstaltete Bowie daraufhin auf seiner Website einen Wettbewerb für Bootlegger (Link: siehe unten). Mit dem Ziggy-Prüfstempel dürfte der Weg zum Mainstream ja nicht mehr weit sein ...
Demnächst: Episode Two - über Mash-ups und die benötigte Bastard-Software
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Meine Mashups:
www.georgesleuck.zap.lu