Stories_Bastard-Pop/MashUps

Blur, umgeparkt

Gelungene Bastard-Pop-Tracks bestehen nicht immer aus der Kombination zweier bekannter Nummern - manchmal braucht´s auch mehr. DJ Micky Maaaas informiert weiter.    10.08.2004

Sehr überrascht hat den Schreiber dieser Zeilen das Feedback auf die erste Episode über den Hintergrund von Bastard-Pop und das Genre "TwoTracker". Neben einigen der üblichen Beschimpfungen ("Das ist das Ende der Musik!") gab es durchwegs positive Reaktionen und zahlreiche Anfragen, wo man denn die vielen Soundbits herkriege und wie das eigentlich alles funktioniere. Lustigerweise wurde auch Material von zum Teil gar nicht so unbekannten heimischen Musikern zur Überarbeitung eingesandt.

Wir haben uns daher entschlossen, die wichtigsten Musikbeispiele zur jeweiligen Episode parallel auf der Micky-Maaas-Website als Hörprobe bereitzustellen. Wegen des erwähnenswerten aktuellen Albumprojekts (Blur) wird sich diese Artikelserie der Produktion von Bastard-Pop (Software etc.) erst in Episode drei widmen.

Episode Two: MashUps

Im Gegensatz zu den klassischen TwoTrackern, in denen zwei bekannte Nummern übereinandergelegt werden, ist das MashUp nicht nur auf den Dialog von einer Instrumental- mit einer Vokalnummer reduziert. Ein weltbekannter Bläsersatz oder ein einprägsames Gitarren-Riff aus einer weiteren Nummer und diverse andere fröhliche Soundsamples können hier einen bemerkenswerten Mix ergeben.

Das wahrscheinlich schönste MashUp dieses Sommers stammt von GoHomeProductions. Hinter diesem Namen steckt der Engländer Mark Vidler, der bereits im Auftrag von David Bowie arbeitete. In sein MashUp "Wrapped Detective" packte er Police, Elvis Costello, Bob Marley, Lionel Richie und die göttliche Peggy Lee. So muß der Sommer klingen.

Marc stellte ursprünglich alle seine Werke zum freien Download ins Internet. Nach seinem kommerziellen Erfolg mit Bowies "Rebels Never Get Old" legte er einige seiner Bootlegs auf Vinyl und CD auf; kostenlose Tracks kann man jetzt nur mehr temporär von seiner Webseite laden.

Das Schöne an MashUps ist ja oft der Crossover komplett verschiedener Musikstile, die aber immer wieder beweisen, wie simpel die Hits gestrickt sind. DJ Lance Lockarm verwendete etwa das Instrumental von Ms Discoklassiker "PopMuzik" als Hintergrund für die prominentesten Old-School-Rapper wie Ice T., Beastie Boys oder Public Enemy. Auf seiner Website finden sich auch beachtenswerte MashUps, auf denen zum Beispiel Eminem über die Musik von The Cure, Smashing Pumpkins und Sonic Youth rappt.

Der holländische DJ Swa verdient unsere Würdigung für einen Mix von Grandmaster Flash mit MOB & Shaggy, auf dem "The Message" erstmals über Tangorhythmen gerappt wird. Swa war als Soldat mit den holländischen Truppen im Irak, was ihn auf seltsame Ideen gebracht zu haben scheint: Sein Mix aus Modern Talking mit Eminem kann wohl nur als Spätfolge der dortigen Impressionen betrachtet werden. "It´s like a jungle out there ..."

Albumprojekte

Nachdem die Existenz des Bastard-Pop vor allem durch die Download-Rekorde von DJ Danger Mouses "Grey Album" (ein Mix aus dem "White Album" der Beatles mit Jay Zs "Black Album") über die internationalen Musikmedien bekannt wurde, riefen Teile der internationalen Bootlegger-Community nach gemeinsamen Taten:

Das erste Projekt wurde Anfang dieses Jahres "London Booted". Zahlreiche internationale Mix-Künstler nahmen sich jeweils einen Track des Clash-Albums "London Calling" vor und machten mit Hilfe fremder Samples 25 Jahre nach dem Original ein komplett neues Stück Musik daraus. Sämtliche Tracks sind kostenlos unter dem unten angeführtem Link herunterladbar; die Community bittet jedoch um freiwillige Spenden an die in den Buttons angeführten Wohltätigkeitsorganisationen.

Der große Erfolg von "London Booted" veranlaßte die Organisatoren dazu, weitere Klassiker der Musikgeschichte zu überarbeiten. Seit einigen Tagen steht nun "Park Spliced" im Netz - die Bastardversion von Blurs 1994er-Album "Park Life". Neben den Album-Tracks wurden dafür auch sämtliche Single-B-Sides verwurstet. "Magpie", der Maaas-Blur-Favourite (B-Side von "Girls & Boys"), wurde etwa mit den Vocals von "Hey Mama" der BlackEyedPeas genial aufgemischt.

Zur Zeit wird in der Community über neue Projekte abgestimmt. In die engere Wahl kamen beispielsweise Alben von Depeche Mode oder den Smashing Pumpkins. Es gibt aber auch Stimmen für ein komplettes Soundtrack-Album oder die Aufarbeitung von Videogame-Music. Die persönlichen Favoriten des Autors sind klassische Elektropop-Alben wie die von Depeche Mode, Kraftwerk, Gary Numan oder Human League.

Neben den Albumprojekten werden auch immer wieder Bootleg-Contests zu einzelnen Nummern gestartet. Zur Zeit läuft unter anderem ein Wettbewerb des norwegischen DJ Prince, der jeden Soundpart von M/A/R/R/S als .mp3 ins Netz gestellt hat und die Community gebeten hat, ein "Pump Up the Volume"-Update zu produzieren. Wir warten gespannt.

Demnächst: Episode Three - Wie macht man Bastard-Pop? Und was ist eigentlich ein "Stereocrasher"?

Micky Maaaas