Fortsetzung...

EVOLVER: Was ist bei DuMont mit Ihrer nächsten Reihe, "DuMont Noir", passiert? Warum funktionierte die nie so richtig? Wurden Sie von den Kritikern schlecht behandelt - oder waren etwa wieder die berühmten Verlagsinterna daran schuld, daß diese Serie so bald wieder eingestellt wurde?
Compart:
Die Presse hat mich insgesamt sehr gut behandelt. Ich kann mich kaum an negative Kritiken erinnern, außer persönlich gefärbten. Man hat es mal wieder gesehen: Die harten Jungs und Mädchen in den Redaktionen hatten mehr davon verstanden, was ich da überhaupt mache, als etwa die Vertriebsheinis. Die haben doch tatsächlich eine Feuerzeugpistole als Noir-Gimmick an die Buchhändler und Jornalisten geschickt. Knallhart! Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett.

EVOLVER: Und wie haben die Leser auf "DuMont Noir" reagiert?
Compart:
Es gab ein paar enttäuschte Buchkäufer, die nicht wußten, wie herum "Die verdeckten Dateien" von Derek Raymond gehalten werden sollten. Und die Sammler waren - zu Recht - sauer, daß die Aufmachung dauernd geändert wurde. Das zeigt auch, was da im Verlag für Amateure am Werk waren. Man kann kein Reihenprofil gewinnen, wenn man schon nach einem halben Jahr das Cover-Konzept ändert. Das suggeriert dem Markt Unsicherheit. Anhand von DuMont könnte man einen schönen Aufsatz schreiben: "Was man alles machen muß, um Erfolg zu verhindern."
Einerseits bin ich froh, daß ich da weg bin. Andererseits schmerzt mich der Reihenverlust. "DuMont Noir" war ja von A bis Z mein Baby, das durch Desinteresse oder Sadismus nicht mal zwei Jahre alt werden durfte. Darüber bin ich ziemlich wütend.
Aber über die Presse kann ich mich nicht beschweren; auch von seiten der meisten Spezialbuchhändler und Fans gab es immer Unterstützung - dafür will ich hier mal danken. Eigentlich hätte "Noir 2000" für einen bescheidenen Preis von DM 19,80 der Dank sein sollen. Aber das war natürlich beim besten Willen nicht so zu kalkulieren... Was hab ich da bloß getan! Arbeitsplätze gefährdet! Ich war doch ein böser Bub.
Der Lansdale-Roman "Schlechtes Chili" war nach drei Monaten ausverkauft; DuMont hat ihn bis heute nicht nachgedruckt. So kann man natürlich keinen Erfolg haben. Außerdem zog man mir - sowas habe ich noch nie erlebt - nach nicht einmal einem Jahr den Stecker raus, obwohl man mir vorher die tollsten Versprechungen gemacht hat. Jeder Branchendepp weiß, daß man mindestens zwei Jahre braucht, um eine Reihe am Markt zu etablieren.
Die mir bekannten Fans und Käufer mochten die Reihe ebenfalls. Natürlich gab und gibt es Vorlieben. Die Sallis-Fans standen nicht so auf Lovejoy usw. An Zufallskäufer bin ich allerdings kaum rangekommen; dazu war es noch zu früh, da hätte sich die Reihe erstmal etablieren müssen. Und jetzt bekommen die harten Fans erst recht von DuMont noch einen Tritt in den Arsch, indem der Verlag die ohnehin schon teuren Bücher verramscht. Manchmal glaube ich, die haben das alles von Anfang an so geplant, um ordentlich PR zu kriegen. Aber ich bin bekanntlich paranoid - wie sagte schon William S. Burroughs: "Paranoia zu haben, heißt alle Fakten zu kennen."

EVOLVER: Warum haben Sie die "DuMont Noir"-Reihe eigentlich mit einem Sekundärwerk - eben Raymonds "Verdeckten Dateien" eröffnet?
Compart:
Tja, DuMont erweckte eben den Eindruck, ich möge bloß keine Kompromisse bezüglich meines Qualitätsanspruchs machen. Das fand ich sehr richtig und habe mich der Vorgabe gerne gebeugt. Da dachte ich mir: Zeig´ gleich mal, wo es hier lang geht. Außerdem war ich mit Robin Cook (alias Derek Raymond, Anm. der Red.) gut befreundet und finde das Buch sehr schön - nicht nur den autobiographischen Aspekt, sondern auch die theoretischen Teile, in denen er wunderbar die Noir-Traditionen herausarbeitet. Wahrscheinlich wollte DuMont damals noch die elitäre Linie durchziehen. Durchgezogen haben sie ja dann überhaupt nichts...

EVOLVER: Warum sind so viele angloamerikanische und andere Krimiautoren - wie sie z. B. in "DuMont Noir" veröffentlicht wurden - im deutschen Sprachraum nach wie vor unentdeckt? Liegt das an der Verlagspolitik oder am Publikumsinteresse?
Compart:
Mir wird richtig schlecht, wenn ich die vielen Spitzenwerke angucke, die nicht übersetzt werden. Woran es liegt? Die Verlage haben große Schuld auf sich geladen, indem sie ähnlich wie das Fernsehen ihr Programm verflacht haben. Die Wirkung ist genau dieselbe: Die Quoten sind im Keller wie nie zuvor. Drei Millionen Zuschauer sind heute schon ein Erfolg - vor fünf Jahren hätten sie dich damit noch abgesetzt. Nur wenige Sendungen bringen richtig Quote, und denen dackeln dann alle hinterher, bis man das sogenannte "Format" ununterbrochen auf allen Sendern sieht - und bald die Schnauze voll hat.
Das läßt sich eins zu eins aufs Buchgeschäft übertragen. Ähnlich wie im Fernsehen - dort sind es etwa ARTE, 3SAT oder ein paar dritte Programme - gibt es bei den Verlagen Ausnahmen. Aber der Mittelbau, von dem die Verlage immer gelebt haben, bricht immer mehr weg, ist im Buchhandel kaum noch zu finden. Ein paar Bestseller müssen die Arbeitsplätze sichern. Das ist die Chance für Kleinverlage, die mit einem knallharten Konzept eine kleine, aber kalkulierbare Zielgruppe bedienen.



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Warum?
(easy, 25.09.2001 01:13)

Re: Warum?
(jon doe, 01.10.2001 19:20)

Re: Re: Warum?
(Martin Compart, 02.01.2002 19:09)

Re: Re: Re: Warum?
(Tschombe, 19.06.2003 18:58)

Never Too Late
(Armin Träger:TraegersCorner@gmx.de, 07.01.2006 21:17)