Print_Scott Smith - Dickicht

Unkraut im Blutrausch

Fleischfressende Pflanzen mit Hirn, naive Amis und Maya-Ausgrabungen: US-Autor Scott Smith mixt aus scheinbaren Trash-Zutaten einen Horrorthriller, der sich gewaschen hat - und den´s im EVOLVER zu gewinnen gibt.    09.07.2007

Zugegeben - eine kleine Abreibung würde man den Protagonisten des Thrillers "Dickicht" durchaus vergönnen. Der 1965 geborene Schriftsteller und Drehbuchautor Scott Smith (Drehbuch und Romanvorlage zum Sam Raimi-Film "A Simple Plan") hat sich jugendliche Amis der etwas naiveren Sorte als Hauptfiguren auserkoren. Daß es mit solcher Naivität gerade im feindlichen Ausland ein böses Ende nehmen kann, wissen wir ja nicht erst seit Eli Roths "Hostel".

Freilich verbringen die beiden Ami-Pärchen ihren Urlaub in diesem Fall nicht in einem als Nazi-Transilvanien geschilderten Tschechien, sondern in Mexiko. Und das bedeutet gemeinhin: Sonnenbrand, Meeresstrand und jede Menge Tequila.

So beginnt der Auslandsaufenthalt der vier Studenten also mit durchsoffenen Nächten und verkaterten Morgen, bis sich ein geschwätziger Grieche, der sich gern Pablo nennt, und der schweigsame Deutsche Mathias dazugesellen. Letzterer ist auf der Suche nach seinem Bruder Henrich, der auf dem Weg zu einer Maya-Ausgrabungsstätte im Dschungel verlorengegangen ist. Zu sechst machen sie sich auf, um ihn zu suchen. Für die vier vergnügungssüchtigen Amerikaner ist dies nicht mehr als das notwendige Abenteuer, das es braucht, um den Urlaub abzurunden. Schließlich will man daheim etwas zu erzählen haben. Henrich werden sie auch bald gefunden haben - oder zumindest das, was von ihm übrig ist.

Nach dem etwas zähen Beginn entwickelt der Roman spätestens hier ein Tempo und eine Konsequenz im an sich absurden Geschehen, die ihresgleichen suchen. Während sich das menschliche Inventar des Buches im Wesentlichen auf die sechs Urlauber - und einige Pfeil und Bogen schwingende Maya-Nachkommen - beschränkt, steht in Wahrheit eine Schlingpflanze im Mittelpunkt. Diese hat nicht nur den Menschen ganz oben auf ihrer Speisekarte, sondern scheint auch mit einer Intelligenz ausgestattet, die jener ihrer Hauptnahrung mindestens ebenbürtig ist.

Als Film wäre die von Scott Smith erdachte Fabel vermutlich gänzlich ungeeignet. Lebendiges Unkraut, das genußvoll Blut schlürft und für seine hundsgemeinen Psychotricks auch schon mal menschliche Stimmen nachahmt, würde bestenfalls für unfreiwillig komischen Trash taugen. Gerade das ist "Dickicht" aber ganz und gar nicht. Als Buch funktioniert die Geschichte besser, als dem Leser angesichts eines bitterbösen Endes lieb sein kann. Ausgesetzt auf einem kahlen, nur von einer blutgierigen Schlingpflanze bewachsenen Hügel zu hocken und auf den Tod zu warten, während ringsum halbirre Eingeborene wachen und die Fluchtwege abschneiden - ist das nicht ein schönes Bild für die conditio humana?

Aber wollen wir nicht zu viel hineinlesen. Wie gesagt, eine kleine Abreibung würden man den jugendlichen Figuren des Romans schon vergönnen, doch die Freude an der schrittweisen Dezimierung und Verstümmelung dieser "sechs kleinen Negerlein" (frei nach Agatha Christie) vergeht einem recht bald; zumal das Buch auch ein, zwei Passagen enthält, die man nicht unbedingt auf nüchternen Magen konsumieren sollte. Originell und kompromißlos - eine eindeutige Leseempfehlung.

Reinhard Ebner

Scott Smith - Dickicht

ØØØØ

(The Ruins)


Fischer (Frankfurt/Main, 2007)

Links:

Gewinnspiel


In Kooperation mit dem Fischer-Verlag verlost der EVOLVER den neuen Thriller von Scott Smith sowie weitere Goodies:

 

1. Preis: iPod shuffle + einmal "Dickicht" + zwei weitere Titel und eine Kaffeedose in der Umhängetasche

 

2. - 5. Preis: je einmal "Dickicht" + zwei weitere Titel + eine Kaffeedose in der Umhängetasche

Links:

Kommentare_

Alex - 27.08.2007 : 15.08
Das schlechteste Buch seit Jahren. Liest sich holprig wie ein Schulaufsatz, den man auf 350 Seiten aufgeblasen hat. Fühlt sich als Buch ca so an wie die trashigen Filme auf RTL II oder Kabel, die es nicht einmal in die Videothek geschafft haben.
Fade Charaktere, die nacheinander sterben, aber hinterher vermutlich niemandem abgehen...
ich schätze den Geschmack des Evolver sehr, aber diese Leseempfehlung kann ich nicht nachvollziehen.

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