Print_Olen Steinhauer - Die Kairo-Affäre

Kein schönes Spiel

Zum Wohl ihres Landes sollen die Geheimdienste arbeiten - aber in Wahrheit geht es nur ums eigene Wohl, wie der "John le Carré des 21. Jahrhunderts" einmal mehr aufzeigt.    20.06.2014

Mit ihrem Ehemann Emmet Kohl, einem amerikanischen Diplomaten, verbringt Sophie Kohl einen netten Abend in einem französischen Restaurant in Budapest. Doch was romantisch beginnt, endet in einem Fiasko: Erst läßt ihr Mann sie wissen, daß er über die Affäre Bescheid weiß, die sie vor einem Jahr in Kairo pflegte. Und dann steht ein Serbe vor ihrem Tisch und erschießt den Herrn Gatten.

Emmets Tod hat offenbar mit seiner Arbeit in Kairo zu tun, wo er bis vor einem Jahr an der US-Botschaft angestellt war. Er mußte sie verlassen, weil er sensible Informationen an serbische Agenten verkauft hatte. Aufgedeckt wurde der Landesverrat von Stan Bertolli, einem US-Agenten - und ausgerechnet Sophies Liebhaber. Bei ihm sucht sie jetzt, nach dem Tod ihres Mannes, Hilfe.

Doch was heißt Hilfe in einem Geschäft, in dem Lüge und Verrat die einzige Währung sind - dummerweise auch für Sophie, die es seit einem verhängnisvollen Tag vor 20 Jahren, inmitten der Wirren des Balkankriegs, selbst nicht mehr so genau nimmt mit der Wahrheit?

Die Kreise schließen sich, neue Kriege brechen aus, der Arabische Frühling bricht an. Und wie Sophie lügen sich auch die amerikanischen, serbischen, ägyptischen und libyschen Geheimdienste gegenseitig die Hucke voll - natürlich immer zum Wohl ihres Landes, wie sie vollmundig erklären, tatsächlich aber nur zum eigenen Besten. Am Ende ist einem der eigene Geldbeutel eben immer noch am nächsten. So einfach funktioniert die Welt.

Fürwahr, kein schönes Spiel. Aber eine komplexe, hochpolitische und trotzdem spannend inszenierte Geschichte, mit der Olen Steinhauer nahtlos an die Klasse seiner Milo Weaver-Trilogie (siehe hier und hier) anknüpft.

Großes Kino!

 

Marcel Feige

Olen Steinhauer - Die Kairo-Affäre

ØØØØ

(The Cairo Affair)

Leserbewertung: (bewerten)

Blessing Verlag (D 2014)

Links:

Kommentare_

Print
Michael Connelly - Götter der Schuld

Der schmale Grat

"Götter der Schuld" werden die zwölf Geschworenen genannt, die im Gerichtssaal über die Schuld eines Angeklagten entscheiden. Nur was, wenn der unschuldig ist, die Beweise dafür aber fehlen? Marcel Feige klärt auf.  

Print
Katja Bohnet - Messertanz

Kleine Welt

Das Romandebüt der deutschen Autorin ist vieles: ein Thriller, ein Familiendrama, eine Rachestory. Vor allem ist es jedoch unbedingt lesenswert, wie Marcel Feige findet.  

Print
Stephen King - Basar der bösen Träume

Königliches Gemenschel

Hat´s der Schöpfer von Klassikern wie "The Shining", "Carrie" oder "Misery" nach all den Jahrzehnten immer noch drauf? Marcel Feige hat sich in seine neue Kurzgeschichtensammlung vertieft.  

Print
Michael Robotham - Der Schlafmacher

Mut und Konsequenz

Mit einem Robotham kann man für gewöhnlich nichts falsch machen, findet Marcel Feige. Sein neuer Roman ist allerdings eine Ausnahme.  

Print
John Grisham - Anklage

Seifenblase

Das muß einem Autor erst einmal gelingen: einen Roman schreiben, in dem nichts passiert. John Grisham hat es geschafft.  

Print
Greg Iles - Natchez Burning

WTF?

Der Rassenwahn in den Südstaaten Amerikas ist ein Thema, das den US-Autor Greg Iles nicht zum ersten Mal beschäftigt - diesmal allerdings ambitioniert und (fast) ohne Kompromisse.