Heinrich Steinfest - Wo die Löwen weinen
Theiss 2011
Manchmal geht es gar nicht um Mord. In Heinrich Steinfests neuem Roman Wo die Löwen weinen zum Beispiel beginnt der "Fall" mit der öffentlichen Demütigung eines pubertierenden Buben. Trotzdem soll ein Mitarbeiter der Mordkommission sich der Geschichte annehmen - weil die Spur in dessen alte Heimat Stuttgart führt. Bald geht´s naturgemäß nur noch peripher um die Affäre, ebensowenig wie um eine konventionelle Krimihandlung. Aber die ist man von Steinfest eh nicht gewöhnt.
Der in Deutschland lebende Österreicher setzt stattdessen auf bewußt "unrealistische" Polizeiarbeit, auf Figuren und Ideen, die ebensogut einer Fabel oder einer SF-Erzählung entstammen könnten, auf Witz und Wortspiel. Und auf eine sehr klare politische Aussage, die sich um "S21" - das irrwitzig teure und größenwahnsinnige Stuttgarter Bahnhofsprojekt - dreht, das gestandene Kleinbürger zu bestens informierten Revoluzzern machte, die EU-deutsche Politik von ihrer widerlichsten Seite zeigt(e) und in einer absurd-brutalen Schlacht mit der Polizei ihren bisherigen Höhepunkt fand.
Aber auch das ist noch nicht alles: Als weitere Protagonisten finden wir einen "Wutbürger" auf Rachefeldzug, einen österreichischen Archäologen ("weil es für jede Geschichte einen Österreicher braucht"), eine hinreißende Leibwächterin, cineastisch und musikalisch gebildete türkische Gangster, Maschinengötter sowie einen Hund namens Kepler, der möglicherweise die Reinkarnation eines früheren Krimihundes ist. Aber das alles sollten Sie lieber selbst lesen.
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