Nora Miedler - Die Musenfalle
Ariadne/Argument Tb. 2010
ily Sommer ist faul. Sie trinkt zuviel, kifft zuviel, hat kaum echte Freunde, geht aber mit dem Erstbesten ins Bett, wenn ihr danach ist. Eine Schlampe, könnte man sagen. Aber Moment - sind das nicht genau die Eigenschaften, die wir Krimileser an unseren abgehalfterten Privatdetektiven und Noir-Helden so bewundernswert finden?
Die Österreicherin Nora Miedler spielt in ihrem zweiten Roman Die Musenfalle mit Erwartungen: Ihre Protagonistin Lily ist nicht einmal eine richtige Detektivin, sondern eine Möchtegern-Schauspielerin, die in einer WG haust und nach einem Job in der Geisterbahn endlich einen Zweijahresauftrag fürs Werbefernsehen in Aussicht hat. Natürlich schläft sie gleich mit dem Chef der Firma, für die sie werben soll; eh nichts Besonderes, aber ihr war halt grad danach. Und natürlich wird der kurz danach umgebracht (so wie sein guter Freund, ein prominenter Anwalt), und die Polizei steht vor Fräulein Sommers Tür. Jetzt liegt es an ihr, das Rätsel zu lösen, zusammen mit dem Sohn des Ermordeten und einem versoffenen Fast-Oscar-Preisträger, der in einer Detektei aushilft.
Die Musenfalle ist - trotz etwas zu häufiger Erzählerwechsel - noch besser als Miedlers Debüterfolg Warten auf Poirot, weil die Autorin stets überrascht: Die scheinbare Auflösung zielt auf ein aktuelles, zu oft verwendetes Krimiklischee, aber dann ist erfreulicherweise doch wieder alles anders. Ein Twist folgt dem anderen, ohne je zu nerven, unwahrscheinliche Konstellationen treffen auf radikale Lösungen, und der Schluß ist so finster, wie man sich das nur wünschen kann. Ein neuer Höhepunkt der deutschsprachigen Krimiszene.
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