Chuck Palahniuk - Die Kolonie
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(Haunted)
Manhattan (München 2006)
Gesellschaftsfeind Palahniuk treibt seine Stories diesmal auf die Spitze. Und dort oben, am Gipfel der Ironie, wartet er auf uns und hält uns beim Kotzen den Kopf. 27.09.2006
Chuck Palahniuk (gesprochen: Paula Nik) ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr, wenn es um Verschwörungstheorien, seltsame Stories und aggressive Sprache geht. Spätestens seit dem - mit Brad Pitt und Edward Norton verfilmten - Erfolgsroman "Fight Club" und der unappetitlichen Erzählung "Der Simulant" weiß die Anhängerschaft des 44jährigen Kultautors: Diese Romane garantieren für Spannung und Zynismus, wenngleich auch für eine gewisse Vorhersehbarkeit in Sachen "überraschendes Ende".
Dennoch läßt man sich immer wieder gerne auf seine obskuren Geschichten ein. Wie auch im Fall von "Die Kolonie": Mittels eines Inserats, das den Aufenthalt in einer Schriftstellerkolonie anpreist, werden 17 Menschen unterschiedlicher Herkunft in ein altes Theater gelockt. Dort sollen sie innerhalb von drei Monaten in völliger Abgeschiedenheit einen Bestseller schreiben, der ihnen zu endlosem Ruhm und Reichtum verhelfen soll.
Der Urheber der Idee ist ein alter, scheinbar kranker Mann im Rollstuhl. Dieser begleitet die 17 Möchtegern-Autoren in ihr Verlies, läßt die Eingänge versperren und wird zum Leibhaftigen in einer selbstgeschaffenen Hölle ausgebrannter Seelen.
Jede der Marionetten des Bösen erzählt auf der Bühne des alten Schauspielhauses ihre eigene kleine, kranke Geschichte. Und diese Geschichten sind palahniukesk in reinster Form - soll heißen: pervers, grotesk, unappetitlich. Einer der "Künstler" hat einen verkürzten Darm, weil er die Onanie perfektionieren wollte, eine trägt ein elektronisches Armband der Regierung wegen Marilyn Monroes Fehlgeburt, eine andere ist auf der Flucht, weil sie die Unversehrtheit einiger Gummipuppen allzu rabiat verteidigt hatte ...
"Die Kolonie" wäre nur eine Reihung von - wie vom Meister der Gesellschaftskritik gewohnt - auf die Spitze getriebenen Kuriositäten, wäre da nicht noch die Ursprungs-Story; die Geschichte in den Geschichten sozusagen, die von der rasant anwachsenden Verrohung aller Teilnehmer des Seminars erzählt. Dieser rote Faden des Romans ist durchtränkt von Blut und Eingeweiden.
Der ehemalige Truck-Mechaniker und Journalist Palahniuk recherchiert für seine Romane akribisch bis ins kleinste Detail. So durchforstete er beispielsweise für seinen Roman "Lullaby" eine Serienmörder–Enzyklopädie, um in dem 250-Seiter dann lediglich über zwei Seiten berüchtigte Killer zu analysieren (in diesem Part werden übrigens auch die "Lainz–Schwestern" erwähnt).
Genau bis ins ekelerregende Detail sind auch seine Beschreibungen in den Stories selbst. Wie es die Fama will, soll bei einer Lesung der Erzählung "Guts" ("Vorfall") eine Frau im Publikum ohnmächtig geworden sein. Das wird den europäischen Lesern nicht so schnell passieren - aber einen guten Magen sollte man dennoch haben.
"Die Kolonie" ist das Opus magnum, das Necronomicon, die Bibel Chuck Palahniuks. Wäre dies – statt "Fight Club" - sein Romandebüt gewesen, so müßte man sich fragen, ob nachfolgende Werke ebensoviel Beachtung gefunden hätten.
Chuck Palahniuk - Die Kolonie
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(Haunted)
Manhattan (München 2006)
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